Entwal­dungs­freie Lieferketten

Der Verlust von Waldflächen trägt auf vielfältige Weise zur globalen Klima­krise und zum Verlust an biolo­gi­scher Vielfalt bei. Das Ausmaß ist  erschre­ckend: Die Ernäh­rungs- und Landwirt­schafts­or­ga­ni­sation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass zwischen 1990 und 2020 weltweit 420 Millionen Hektar Wald (zum Vergleich: Die Gesamt­fläche Deutsch­lands beträgt 35,7 Millionen Hektar) verloren gegangen sind. Auch weiterhin gehen jedes Jahr weltweit etwa 10 Millionen Hektar Wald verloren, um insbe­sondere Anbau­flächen für Soja, Palmöl und Kautschuk zu schaffen. Es geht also um den Streit zwischen lokaler wirtschaft­licher Nutzbarkeit und dessen globalen Auswir­kungen. Gerade der Amazonas-Regenwald gilt als einer der wesent­lichen Kipppunkte, der – sofern weiter geschädigt – das Weltklima aus dem Gleich­ge­wicht bringen können.

Am 30.06.2023 trat die EU-Verordnung zu entwal­dungs­freien Liefer­ketten (Verordnung (EU) 2023/1115) in Kraft. Sie ist nach einer Übergangszeit von 18 Monaten ab dem 30. Dezember 2024 anzuwenden. Auch das Bundes­mi­nis­terium für Ernährung und Landwirt­schaft hat dies im Blick und vor kurzem einen aktuellen Artikel hierzu veröf­fent­licht. Als EU-Verordnung braucht es keiner Umsetzung in das nationale Recht. Aller­dings bedarf es noch einzelner Durch­füh­rungs­be­stim­mungen. Zuständige Behörde für die Durch­führung der Verordnung ist die Bundes­an­stalt für Landwirt­schaft und Ernährung (BLE).

Im Kern geht es um die Regulierung des Inver­kehr­bringens und Bereit­stellens auf dem Markt von relevanten Rohstoffen und relevanten Erzeug­nissen. Dies betrifft den Handel mit Soja, Ölpalme, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus herge­stellten, im Anhang I der Verordnung genannten Erzeug­nissen. Diese umfasst beispiels­weise Palmöl und seine Fraktionen, Luftreifen aus Kautschuk, Holzwaren vom Brennholz, über OSB- und Spanplatten bis zum Möbelholz.

Die Verordnung richtet sich an Markt­teil­nehmer und Händler und diffe­ren­ziert zwischen solchen, die KMU bzw. denje­nigen, die keine KMU sind. Rohstoffe und Erzeug­nisse dürfen nur dann in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereit­ge­stellt oder ausge­führt werden, wenn sie nachweislich entwal­dungs- und waldschä­di­gungsfrei sind. Das bedeutet, dass sie nicht auf Flächen produ­ziert worden sein dürfen, auf denen seit 31.12.2020 Entwaldung oder Waldschä­digung statt­ge­funden hat. Zudem müssen die Rohstoffe und Erzeug­nisse im Einklang stehen mit den Gesetzen des Ursprungs­lands und mit in der Verordnung spezi­fi­zierten, elemen­taren Menschen­rechten produ­ziert worden sein. Mit einer Sorgfalts­er­klärung, die der Markt­teil­nehmer an die zustän­digen Behörden übermitteln muss, bevor er die Rohstoffe oder Erzeug­nisse auf dem Unions­markt in den Verkehr bringt, sind die Erfüllung der Sorgfalts­pflicht und die Einhaltung der Verordnung zu bestä­tigen. Die Sorgfalts­pflicht umfasst die Sammlung von Infor­ma­tionen, Daten und Unter­lagen, die erfor­derlich sind, um die Infor­ma­ti­ons­an­for­de­rungen der Verordnung zu erfüllen. Sie umfasst auch das Ergreifen von Maßnahmen zur Risiko­be­wertung sowie Maßnahmen zur Risiko­min­derung. Bei der Risiko­be­wertung kommt es darauf an, ob sich anhand der zusam­men­ge­tra­genen Infor­ma­tionen die Gefahr besteht, dass die relevanten Erzeug­nisse, die in Verkehr gebracht oder ausge­führt werden sollen, nicht­konform mit der Verordnung sind.

Die Anfor­de­rungen an die Liefer­ket­ten­sorgfalt steigen durch die Verordnung deutlich. Jedes Unter­nehmen aus den einschlä­gigen Bereichen ist daher gefordert, zu ermitteln, ob und inwieweit eine Betrof­fenheit durch die Verordnung gegeben ist. Es ist ratsam, mit der Infor­ma­ti­ons­be­schaffung recht­zeitig zu beginnen. (Dirk Buchsteiner)