Landge­richt Düsseldorf verur­teilt gas.de zur Rückzahlung von Preis­an­pas­sungen an zwei Kunden

Das Landge­richt Düsseldorf hat gestern am 07.12.2023 den Energie­ver­sorger gas.de Versor­gungs­ge­sell­schaft mbH im Rahmen eines Versäum­nis­ur­teils (gericht­liches Akten­zeichen 37 O 18/23 [EnW] ) zur Rückzahlung von unberechtigt erhobenen Entgelten für Gaslie­fe­rungen verurteilt.

Geklagt hatte ein Rechts­dienst­leister aus abgetre­tenem Recht für zwei betroffene Kunden in den Tarifen „grüngas classic“ und „grüngas easy24“. Streitig waren Preis­an­pas­sungen vom 21.11.2018 im Tarif grüngas classic und vom 01.03.2019 und 01.11.2021 im Tarif grüngas easy24. Der Rechts­dienst­leister argumen­tierte, dass die von gas.de vorge­legten Preis­an­pas­sungs­mit­tei­lungen nach seiner Rechts­auf­fassung nicht den gesetz­lichen Anfor­de­rungen entsprachen, wie sie zuletzt vom BGH präzi­siert worden waren.

Zum Verhand­lungs­termin erschien der beklagte Versorger (und auch dessen Anwälte) nicht. Das Landge­richt Düsseldorf erlies daher ein Säumnis­urteil. Im Rahmen eines solchen Säumnis­ur­teils prüft das Gericht nur, ob der Vortrag der Kläger­seite schlüssig ist und die Forderung rechtfertigt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

(Christian Dümke)

2023-12-08T13:40:47+01:008. Dezember 2023|Rechtsprechung|

Die Zuteilung 2026 – 2030: Vorschlag der KOM

Lange erwartet, nun hat die Konsul­tation begonnen: Bis zum 2. Januar 2024 kann man sich auf der Seite der Kommission (KOM) zum Entwurf der neuen Zutei­lungs­regeln (FAR) und dem Annex zu dieser delegierten Verordnung äußern.

Die Grund­pfeiler der kommenden Zuteilung sind keine Überra­schung: Sie sind schon in der Novelle der Emissi­ons­han­dels­richt­linie enthalten. Auch nicht überra­schend ist, dass die Zutei­lungen sinken sollen: Das ist einer­seits Teil des Konzepts des Emissi­ons­handels generell, der auf eine Reduzierung von fossilen Emissionen abzielt. Anderer­seits meint die KOM, dass sie mit dem CBAM nun eine Antwort auf die drohende Abwan­derung energie­in­ten­siver Indus­trien gefunden hat und deswegen keine so hohe Zuteilung mehr braucht. Generell setzen die FAR aber auf Konti­nuität zu den bishe­rigen Regeln, indes gibt es doch einige Punkte, in denen die Zukunft der kosten­losen Zuteilung sich doch deutlich von der aktuellen Rechtslage unter­scheidet. Das sind die Markantesten :Fabrik, Schornstein, Industriell

# Bei Liefe­rungen zwischen ETS-Anlagen werden für die Emissionen der liefernden Anlage der belie­ferten an sich Zerti­fikate zugeteilt. Das fällt bei Siedlungs­abfall aus.

# Ganz neu und bisher komplett system­fremd: Bisher gab es keine Zutei­lungen, wenn Produkte mit Strom statt Vor-Ort-Feuerungen herge­stellt wurden. Das soll sich ändern, sogar für Wärme. Für die indirekten Emissionen, für die es Zerti­fikate gibt, gibt es aber keine Strom­kos­ten­kom­pen­sation mehr.

# Der Metho­denplan wird genehmigungsbedürftig.

# Zutei­lungen für Produkte, die dem CBAM unter­fallen, sinken in dem Maße, in dem der CBAM aufwächst.

# Wärme als Zusatz­produkt wird aufge­wertet. Die Regelungen für die Vermeidung der Doppel­zählung wirken kompli­ziert, aber manche Betreiber, die Zutei­lungen nach Brenn­stoff­benchmark und Prozes­se­mis­sionen erhalten, dürften profitieren.

# Die besten 10% der Anlagen werden nicht sektor­über­greifend gekürzt. Hier gibt es komplexe Ausnahme- und Rückaus­nah­me­regeln, generell ist es aber durchaus nicht unwahr­scheinlich, dass diese Regelung gar nicht zum Tragen kommt.

# Die Zuteilung für Prozes­se­mis­sionen sinkt von 97% auf 91% der histo­ri­schen Emissionen, aber erst ab 2028.

# Die Sonder­regeln für Strom­erzeuger werden aufge­hoben, die in der Vergan­genheit für Indus­trie­kraft­werke bisweilen unerwünschte Effekte hatten. Es gibt nach wie vor keine Zuteilung für Strom selbst, aber sie werden für ihre Wärme­er­zeugung behandelt wie andere Anlagen auch.

# In Zukunft werden Zutei­lungen gekürzt, wenn Empfeh­lungen in Energie­audits und zerti­fi­zierten Energie­ma­nage­ment­sys­temen nicht umgesetzt werden. Diese Kürzungen werden rückgängig gemacht, wenn die empfoh­lenen Maßnahmen umgesetzt wurden. Das wird jährlich überprüft.

# Viele Unter­nehmen haben sich schon gefragt, wie sie feststellen, ob sie einen Klima­neu­tral­tätsplan vorlegen müssen. Hier wird nun konkre­ti­siert: Es geht um die Jahre 2016 und 2017. Ausgangs­punkt sind die Bench­marks der DVO 2021/447. Weiter soll gelten: Klima­neu­tra­li­täts­pläne sind mit den Zutei­lungs­plänen und nicht zum 01.05.2024 vorzu­legen. Sie werden alle fünf Jahre überar­beitet und veröffentlicht.

# Die Kürzungen wegen Klima­neu­tra­li­täts­plänen und unzurei­chenden  Energie­ef­fi­zi­enz­maß­nahmen werden nicht kumulativ angewandt.

# Aus dem Annex ergeben sich eine ganze Reihe verän­derter Benchmarks.

Das Zutei­lungs­ver­fahren soll im nächsten Frühjahr statt­finden. Angesichts der Fülle neuer Anfor­de­rungen stellt das die Unter­nehmen vor erheb­liche Heraus­for­de­rungen. Entspre­chend ist es sinnvoll, sich nun schnell mit den voraus­sicht­lichen Regeln für die Jahre 2026 bis 2030 vertraut zu machen.(Miriam Vollmer)

2023-12-08T00:28:18+01:008. Dezember 2023|Emissionshandel|

Letzter Stopp vor der Aufhebung der gemein­samen Gebotszone?

Der Missstand ist bekannt: Die Syste­matik der Netzent­gelte belohnt die Regionen, die den Ausbau der Erneu­er­baren verweigern. Die Anreiz­wirkung ist fatal. Am 1.12.2023 hat die Bundes­netz­agentur (BNetzA) deswegen ein Eckpunk­te­papier zur besseren Verteilung von Ausbau­kosten für erneu­erbare Strom­erzeugung vorgelegt. Bis zum 31.1.2024 läuft nun eine öffent­liche Konsul­tation.

Die Mechanik des Problems: Wenn regional Windkraft- und PV-Freiflä­chen­an­lagen zugebaut werden, muss mehr Strom abtrans­por­tiert werden. Die Ausbau­kosten für die Kapazi­täts­er­wei­terung der Netze unterhalb der Höchst­span­nungs­ebene wachsen, auch die Aufwen­dungen für Digita­li­sierung nehmen zu. Die Erzeu­gungs­ka­pa­zi­täten besonders in Norddeutschland übersteigen die Entnah­melast und erfordern Rückspeisung bzw. Weiter­transport von Energie in andere Netzre­gionen. Die Netzent­gelte sind aber an die Entnah­me­stelle geknüpft (§ 17 StromNEV). Je weniger Nutzer den höheren Netzent­gelten gegen­über­stehen, desto spürbarer sind letztlich auch höhere Strom­kosten in den betrof­fenen Netzgebieten.

Um Abhilfe zu schaffen, will die BNetzA nun die – frisch am 10.11.2023 im Rahmen der EnWG-Novelle beschlossene –  Option aus § 21 Abs. 3 S. 4 Nr. 3 g) EnWG nutzen. Hiernach kann die BNetzA Regelungen zur Ermittlung beson­derer Kosten­be­las­tungen einzelner Netzbe­treiber oder einer Gruppe von Netzbe­treibern im Zusam­menhang mit dem Ausbau der Strom­erzeugung aus erneu­er­baren Energien festlegen.

Konkret schlägt die Behörde ein dreistu­figes Modell vor, das den Mecha­nismus der Umlage in § 19 StromNEV nutzt: Zuerst wird eine besondere Kosten­be­lastung des Netzbe­treibers ermittelt. Ob eine solche „besondere“ Belastung soll vorliegen, wenn ein bestimmter Schwel­lenwert überschritten wird – für diesen Abgleich will die BNetzA eine Kennzahl auf Grundlage der ans Netz angeschlos­senen, erneu­er­baren Erzeu­gungs­leistung bilden. Im zweiten Schritt könnte die so ermit­telte Mehrbe­lastung bundesweit verteilt werden – und in den betrof­fenen Regionen drittens die Netzent­gelte sinken. Die finan­zi­ellen Auswir­kungen wären beträchtlich. Aktuell wären 17 Netzbe­treiber (mit 10,5 Mio. versorgten Netznutzern) in Zustän­digkeit der BNetzA berechtigt, ihre Mehrkosten zu wälzen. Nach den – vorläu­figen und mit zahlreichen ifs and thens verse­henen – Berech­nungen der BNetzA könnten einzelne Player mit einem Rückgang der Entgelte um bis zu 25% rechnen. Überwiegend würde eine Anglei­chung an den aktuellen Bundes­durch­schnitt der Netzent­gelte erfolgen.

Festgelegt werden soll das neue Wälzungs­modell im dritten Quartal 2024. In Kraft treten könnte es zum 1.1.2025. Das könnte ein letzter Versuch sein, die gemeinsame Gebotszone in Deutschland aufrecht­zu­er­halten und nicht das Engpass­di­lemma zu wieder­holen, das 2019 zur Auflösung der gemein­samen Gebotszone mit Öster­reich geführt hatte (Dr. Miriam Vollmer/Friederike Pfeifer).

2023-12-06T21:50:23+01:006. Dezember 2023|BNetzA, Energiepolitik|