Wie nun, BMWK?

Okay, nach Lage der Dinge sieht es also bei Energie­preisen so aus: Die Netzent­gelte steigen, weil der Zuschuss von 5,5 Mrd. EUR für die Übertra­gungs­netz­ent­gelte aus dem KTF entfällt. Gleich­zeitig steigt die Umsatz­steuer wieder auf 19%. Und die Preis­bremsen laufen aus. Der Endkun­den­preis für Energie steigt also. Ganz genau weiß man zwar noch nicht, wohin die Reise geht. Aber seit der Einigung der Koalition von dieser Woche stehen zumindest diese Eckpfeiler fest.

Bis die Energie­ver­sorger Sicherheit haben, vergehen wohl noch mindestens einige Tage. Vom heutigen 15.12.2023 aus gerechnet bedeutet das, dass die Kunden erst Tage vor Eintritt der neuen Preise erfahren, was sie künftig zahlen. Doch § 41 Abs. 5 S. 2 Energie­wirt­schafts­gesetz (EnWG) ordnet an, das zwischen der Ankün­digung und dem Geltungs­zeitraum von Preisen zwei Wochen, bei Haushalts­kunden sogar ein Monat liegen muss. Denn hier heißt es:

Über Preis­än­de­rungen ist spätestens zwei Wochen, bei Haushalts­kunden spätestens einen Monat, vor Eintritt der beabsich­tigten Änderung zu unter­richten. Die Unter­richtung hat unmit­telbar zu erfolgen sowie auf verständ­liche und einfache Weise unter Hinweis auf Anlass, Voraus­set­zungen und Umfang der Preisänderungen“

Zwar gibt es eine Ausnahme für die Preis­bremsen in § 12 Abs. 2 StromPBG bzw. § 4 Abs. 3 EWPBG und für die Umsatz­steuer in § 41 Abs. 6 EnWG. Doch spätestens bei den Netzent­gelten gibt es Probleme: Entweder kann die Ankün­di­gungs­frist nicht einge­halten werden, oder Energie­ver­sorger müssen zweistufig vorgehen: Erst entfällt am 01.01.2024 die Preis­bremse und die Umsatz­steuer wird angepasst. Dann, einige Tage oder Wochen später, können die Netzent­gelte nachge­zogen werden. In der Zwischenzeit muss dann wohl der Versorger die Mehrkosten bei den Netzent­gelten tragen, was beim Ausweis in der Rechnung berück­sichtigt werden muss, außer der Gesetz­geber erbarmt sich noch einmal und erlaubt eine Ausnahme beim Jahres­wechsel nach 2024 (Miriam Vollmer).

2023-12-15T23:43:41+01:0015. Dezember 2023|Allgemein|

OLG Celle zur Nichtigkeit von Verträgen über online Coaching

Wollen auch sie reich und erfolg­reich werden? Ihr eigenes online Business von Zuhause starten? 10.000 EUR im Monat verdienen? Dann buchen Sie einfach ein „Erfolgs­coa­ching“ – So oder so ähnlich werben derzeit viele angeb­liche Coaches in den sozialen Medien, wie zum Beispiel Tiktok. Oft genug für dubiose Schnee­ball­systeme oder Aller­welt­s­ka­len­der­sprüche, für die der Kunde dann viel Geld bezahlen soll. Denn „Coach“ kann sich ja jeder nennen und dann online Schulungen anbieten oder?

Das OLG Celle sieht das anders. Es gibt in Deutschland nämlich ein Fernun­ter­richts­schutz­gesetz (FernUSG). Und das regelt in § 1 was alles als Fernun­ter­richt gilt:

Fernun­ter­richt im Sinne dieses Gesetzes ist die auf vertrag­licher Grundlage erfol­gende, entgelt­liche Vermittlung von Kennt­nissen und Fähig­keiten, bei der 1.der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und2.der Lehrende oder sein Beauf­tragter den Lernerfolg überwachen.

Diese Anfor­de­rungen sind bei online Coachings erfüllt, so das OLG Celle. Und ist man damit erst einmal im Anwen­dungs­be­reich des Fernun­ter­richts­schutz­ge­setzes gilt, dass solch ein entgelt­licher Fernun­ter­richt einer Zulassung bedarf (§ 12 FernUSG) und wenn der Anbieter eine solche Zulassung nicht besitzt, der entspre­chende Vertrag nichtig ist (§ 7 FernUSG). Die Folge: Der Kunde kann sein Geld zurück verlangen.

Ob das Auswir­kungen auf diesen obskuren Markt haben wird, und geprellte Kunden ihr Geld zurück verlangen, bleibt abzuwarten. Keiner Zulassung bedürfen übrigens Fernlehr­gänge, die nach Inhalt und Ziel ausschließlich der Freizeit­ge­staltung oder der Unter­haltung dienen

(Christian Dümke)

2023-12-15T21:02:06+01:0015. Dezember 2023|Allgemein|

Klima­schutz im Verkehr – mit oder ohne StVO

Die StVO-Reform, mit der Klima­schutz stärker verankert werden sollte, ist vom Bundesrat abgelehnt worden. Das Bundes­mi­nis­terium für Digitales und Verkehr hat daraufhin auch die Anrufung des Vermitt­lungs­aus­schusses abgelehnt. Offenbar gibt es zu starke politische Behar­rungs­kräfte,  um das Verkehrs­recht zu moder­ni­sieren und an aktuelle Anfor­de­rungen, Klima­schutz und leben­werte Städte, anzupassen. Die Kommunen sind mit ihrem Gestal­tungs­willen vom Verkehrs­ressort und einem Teil der Länder ausge­bremst worden. Die Chancen für eine Einigung sind akuell leider eher gering.

Dies ist trotzdem kein Grund für Kommunen, die Hände in den Schoß zu legen. Denn weiterhin gibt es auch Möglich­keiten, Mobilität klima­freundlich zu gestalten. Dafür gibt es folgende Ansatzpunkte:

  • Integierte Stadt- und Verkehrs­planung: Hier gibt es bereits jetzt Möglich­keiten und Instru­mente, wie die Erstellung eines Verkehrs­ent­wick­lungs­plans, eines städte­bau­lichen Mobili­täts­kon­zepts, die Planung eines Vorrang­netzes für den Radverkehr oder die Erstellung eines Master­plans Nahmo­bi­lität. Auf der Grundlage eines städte­bau­lichen Konzepts sind straßen­ver­kehrs­recht­liche und straßen­recht­liche Maßnahmen leichter zu begründen. In Baden-Württemberg gibt es bereits Klimamobilitätspläne.
  • Förderung des Fuß- und Radver­kehrs sowie des ÖPNV: Gute Möglich­keiten gibt es zum Beispiel durch Einrichtung von Fahrrad­straßen, Fahrrad- oder Fußgän­ger­zonen. Die Einrichtung von Busspuren trägt zur Förderung des ÖPNV bei, auch wenn hier noch relativ hohe Anfor­de­rungen an die Begründung bestehen. 
  • Förderung von Carsharing: Dies ist bereits jetzt auf Grundlage des Carsharing-Gesetzes möglich.
  • Ausbau der Ladesäu­len­in­fra­struktur: § 3 Abs. 4 Elektro­mo­bi­li­täts­gesetz bietet verschiedene Anreize zur Förderung der Elektromobilität.
  • Nachhal­tiger Güter­verkehr: Schie­nen­gü­ter­verkehr und die dazu gehörige Infra­struktur sollte weiterhin ein wichtiges Element der kommu­nalen Verkehrs­planung sein. Weiterhin nutzen immer mehr Kommunen Möglich­keiten, für die „letzte Meile“ auf klima­freund­liche Verkehrs­mittel zu setzen, z.B. durch spezielle Umschlag­plätze (Multi­modal Mobility Hubs).

Was die Reform von StVG und StVO angeht, gibt es immer wieder die Sorge, dass Klima­schutz im Verkehrs­recht zu einer Art „Trumpf­karte“ würde. Diese Besorgnis ist jedoch unbegründet.

Denn im Rahmen der Anordnung einer Maßnahme ist immer auch eine Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung erfor­derlich. Darin wird geprüft, zunächst geprüft ob eine Maßnahme überhaupt geeignet ist. Hier stellt sich die Frage, ob der Klima­schutz durch die Maßnahme wirklich befördert wird. Weiterhin muss geprüft werden, ob sie erfor­derlich ist oder ob es andere gleich geeignete und weniger eingrei­fende Mittel gäbe. Schließlich wird der Klima­schutz auch mit anderen Schutz­gütern des Straßen­ver­kehrs­rechts abgewogen.

Wie diese Frage der Verhält­nis­mä­ßigkeit und Abwägung struk­tu­riert ist und welche Bring­schuld kommunale Behörden dabei haben, würde in der Ausge­staltung der StVO und der dazu gehörigen Verwal­tungs­vor­schrift noch näher ausbuch­sta­biert. Das liegt im Wesent­lichen in der Hand des Verkehrs­res­sorts. Es wäre insofern kaum zu befürchten, dass die StVG-Änderung dazu führt, das Klima­schutz als relevanter Belang zu exzes­siven Verboten führt. (Olaf Dilling)

2023-12-15T13:52:00+01:0015. Dezember 2023|Kommentar, Verkehr|