Einer der ehernen GrundÂsätze des deutschen VerkehrsÂrechts ist die Präferenz- und PriviÂleÂgiÂenÂfeindÂlichkeit. Das heißt, dass alle VerkehrsÂteilÂnehmer bei erlaubter VerkehrsÂteilÂnahme grundÂsätzlich gleichÂrangig zu behandeln sind.
Dass in vielen Köpfen die Auffassung, dass der motoriÂsierte IndiviÂduÂalÂverkehr grundÂsätzlich Vorrang haben sollte, dennoch tief verankert ist, ist kein Geheimnis. Selten tritt das aber so offen zutage wie in der Klage einer AutofahÂrerin, die beim Einbiegen von einem Feldweg auf eine Landstraße einen FahrradÂfahrer auf dem benutÂzungsÂpflichÂtigen Radweg nicht beachtet hatte. Der FahrradÂfahrer war mit dem Kfz zusamÂmenÂgeÂstoßen und hatte es dabei beschädigt.
Daraufhin klagte die AutofahÂrerin vor dem LandgeÂricht Frankenthal u.a. mit der Begründung, dass es sich bei dem Fahrradweg um einen von der Landstraße getrennten Weg handeln würde. Die ZugehöÂrigkeit des Radweges zu der Landstraße sei durch dessen BeschafÂfenheit und Verlauf nicht erkennbar gewesen. Tatsächlich ist der Weg durch eine schmale bewachsene Fläche von der Straße getrennt. Das Gericht entschied, dass der Fahrradweg am VorfahrtsÂrecht der Landstraße teilhabe. Denn er würde parallel zur Landstraße verlaufen und gehöre als „fahrbahnÂbeÂgleiÂtender“ Radweg zur Straße dazu.
Im Kern ist das eine rechtlich eher triviale Entscheidung. Für die Planung von Radwegen gibt es jedoch einen interÂesÂsanten Aspekt: Das Gericht weist darauf hin, dass auch die Tatsache, dass ein Radweg anderenorts von der vorfahrtsÂbeÂrechÂtigten Straße weggeÂleitet wird, keine andere Einschätzung rechtÂferÂtigen könne. Entscheidend sei, wie der Bezug des Fahrradwegs zur Landstraße am Unfallort sei. Daraus ergibt sich im UmkehrÂschluss, dass durchaus KonstelÂlaÂtionen denkbar sind, bei denen die räumlich Zuordnung eines Radwegs zur Straße unklar wird. Dass die GetrenntÂführung von Straße und Radweg rechtÂliche KonseÂquenzen nicht nur für das VorfahrtsÂrecht, sondern auch die BenutÂzungsÂpflicht des Fahrradwegs haben kann, sollte bei der Planung von Radwegen bedacht werden. (Olaf Dilling)
Danke für den schönen Kommentar – aber das Urteil stammt vom LG FrankenTHAL und nicht ‑BERG :-).
VerwalÂtungsÂrechtlich in dieselbe Richtung geht das Urteil des VG München aus 2015: https://openjur.de/u/2288985.html (ab Randnr. 51).
Danke für den Hinweis auf die falsche Verortung des Gerichts und die weitere, interÂesÂsante Entscheidung.