Dieser Tage wird der Gesetzesentwurf zur Verfahrensbeschleunigung aus dem Hause Buschmann (FDP) im Deutschen Bundestag diskutiert. Dabei geht es um eine Reform der verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Planung und zum Bau von Infrastrukturvorhaben. Von Bundesminister der Justiz Marco Buschmann wurde die Parole ausgegeben, dass sich die Verfahrensdauer von Infrastrukturvorhaben in Zukunft an der Geschwindigkeit orientieren sollten, mit denen die neuen LNG-Terminals geplant und gebaut werden. Von den im Bundestag vertretenen Parteien gab es dazu mehrheitlich Zustimmung, aber auch Kritik und Modifikationswünsche.
Unter anderem kam im Rechtsausschuss von der SPD die Kritik an der mangelnden Priorisierung durch die FDP. Wenn unterschiedslos alles beschleunigt werden solle, von Energiewendeprojekten über den Autobahnbau bis hin zur Genehmigung von Braunkohletagebau, führe das unter Umständen zu einer Art ‚Stau auf der Überholspur‘.
Nun wäre an einer rechtlichen Ermöglichung schnellerer Verfahren in dieser Hinsicht gar nichts auszusetzen. Jedenfalls solange niemand gezwungen wird, sich dem Zugzwang auszusetzen. Die Kritik ist jedoch insofern berechtigt, als oft nicht primär einzuhaltende Verfahrensfristen oder gerichtliche Verfahren das Nadelöhr sind, sondern schlicht die Ressourcenausstattung der öffentlichen Verwaltung inklusive der Gerichtsbarkeit. Wenn aber nicht genug Ressourcen für die Prüfung der materiellen Voraussetzungen vorhanden sind, kann das bedeuten, dass schnellere Verfahren auf Kosten der Qualität von Entscheidungen gehen. Schlimmstenfalls führt das zu Verfahrensfehlern, die ihrerseits wieder für Verzögerungen sorgen.
Diese Bedenken wurden zumindest von einem Teil der geladenen Sachverständigen geteilt. Beispiele sind gemäß § 87c Abs. 2 VWGO-Entwurf bei bestimmten Verfahren zwingend vorgesehener erster Erörterungstermin zwei Monate nach Klageerwiderung, der nach Auffassung von Richtern zu viele Ressourcen binden würde. Weiterhin zeigt sich das Problem bei Einführung einer in gesetzlich vorgeschriebenen Klageerwiderungsfrist: Im Umweltrechtsbehelfsgesetz soll demnach in einem neuen § 6 eine zwingende Erwiderungsfrist durch die Beklagte von 10 Wochen eingeführt werden. Später vorgebrachte Erklärungen oder Beweismittel sind grundsätzlich ausgeschlossen. Zu Recht wies ein Richter an Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht darauf hin, dass gerade daraus Verzögerungen resultieren könnten. Schnelle Gerichtsverfahren führen nämlich nicht immer zur schnellen Umsetzungen von Infrastrukturprojekten. Es kommt schließlich auch darauf an, wer vor Gericht Erfolg hat. (Olaf Dilling)
Mit jedem vereinfachten/beschleunigten Verfahren kommt ja ein neuer Verfahrensschritt, in dem man prüfen muss, ob das Regelverfahren Anwendung finden soll oder nicht. Und um zu vermeiden, dass man nach einer Klage nochmal ins Regelverfahren einsteigen muss, gibt es gute Gründe, auf das vereinfachte Verfahren zu verzichten.
Was mögen die Befürworter der Beschneidung von Betroffenenrechten wohl sagen, wenn sie irgendwann selber betroffen sind, wenn also z. B. im Namen des beschleunigten Infrastrukturausbaus das eigene Häuschen innert eines halben Jahres einer Baustelle für eine Autobahn oder Bahnstrecke weichen muss oder Klagen gegen das Windrad auf dem Nachbargrundstück ausgeschlossen sind?