Nach der Vertiefung ist vor der Vertiefung
Die meisten deutschen Seehäfen sind eigentlich Flusshäfen. Die einzige Ausnahme ist der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven und auch das ist eigentlich fast ein Flusshafen, da entlang der Kaje das Wasser aus dem Jadebusen zweimal am Tag kräftig in Meer strömt – auch wenn es sich angesichts der relativ geringen Größe des namensgebenden Flüsschens Jade praktisch um Salz- und nicht Brackwasser handelt.
Nun gibt es fast regelmäßig bis in die letzte gerichtliche Instanz Stress, wenn die Flüsse, also insbesondere Weser oder Elbe, für die Seeschifffahrt angepasst werden sollen. Dies ist aus Sicht der Reedereien und Häfenverwaltungen nötig, damit die großen Containerschiffe, die vornehmlich aus China große Mengen Güter nach Deutschland transportieren, weiter in deutsche Häfen einlaufen können. Da diese Schiffe immer größer und breiter werden, müssen die Fahrrinnen entsprechend mitwachsen.
Bei der Elbvertiefung hatte das Bundesverwaltungsgericht im Juni 2020 grünes Licht gegeben: Die Elbvertiefung ist daher eigentlich seit Anfang diesen Jahres formell abgeschlossen. Jetzt hat die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes für 01.12.2022 angeordnet, dass die Elbe bis zum Hamburger Hafen nur noch eingeschränkt nutzbar ist: Um einen Meter wird die bisher angepeilte Tiefe nicht erreicht. Grund dafür ist, dass es immer wieder zu Erosion der Böschungen kommt und in der Elbe aufgrund der veränderten Tidendynamik mehr Sand und Schlick als zuvor sedimentiert.
Die Probleme, die daraus entstehen, resultieren nicht nur in verstärkten Aktivitäten beim Ausbaggern, sondern auch bei der Entsorgung des erheblich mit Schadstoffen belasteten Schicks. Nach dem Willen Hamburgs soll dieser vor der politisch zu Hamburg gehörenden, aber vom Niedersächischen Wattenmeer umgebenen Vogelschutzinsel Scharhörn gelagert werden. In einem „Schlickgipfel“ soll zwischen Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und dem Bund geklärt werden, wie mit der Verschlickung des Elbfahrwassers und anderen Infrastrukturproblemen rund um den Hafen ungegangen werden soll. Auch Umweltschutzverbände beanspruchen bei den Gesprächen dabei zu sein. Vielleicht eine gute Idee, wenn es hilft, langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden. (Olaf Dilling)