Ruhestörung durch nächtliches Feiern
Während unter dem Corona-Virus ganz offensichtlich viele Ältere und Kranke Leute zu leiden hatte, haben die Maßnahmen oft auch die Jungen betroffen. Nicht nur, weil sie in der Schule und beim Studium viel verpasst haben, auch weil ihr Sozialleben über Monate sehr eingeschränkt war. Auch Feiern gehört offenbar zum Erwachsenwerden dazu. Viel davon hat sich bei geschlossenen Clubs auf die Straße verlagert. Akkubetriebene Musikboxen machen es möglich, fast überall in den Städten, in Parks und auf Plätzen, Parties zu veranstalten, oft zum Ärger von Anwohnern.
In der Dresdner Neustadt gibt es einen solchen Platz, der – je nach Perspektive – berühmt oder berüchtigt für seine spontanen Parties ist, genannt die „schiefe Ecke“ oder auch „Assi-Eck“. Dort ist das sogenannte „Straßenbahn-Streicheln“ zum neuen Trendsport ausgerufen worden, also das mehr oder weniger zärtliche Berühren fahrender Straßenbahnen mit voraussehbaren Risiken für die zumeist alkoholisierten Jugendlichen. Hunderte von Jugendlichen treffen sich dort abends um Alkoholkonsum und zum Feiern, an manchen Tagen sogar mehrere 1.000. Die Anwohner leiden unter den Folgen, insbesonderen nächtlichem Lärm. Daher haben sie vor dem Verwaltungsgericht Dresden Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt, der sich darauf richtete, geeignete Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms zu ergreifen.
Das Verwaltungsgericht hatte ihnen zunächst im vollen Umfang recht gegeben. Aufgrund des Grundrechts auf Gesundheit in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und der Generalklausel in § 12 des Sächsischen Polizeibehördengesetz ergebe sich ein entsprechender Anspruch. Dabei sei die Ermessensausübung aufgrund des Schutzpflicht des Staates soweit reduziert, dass eingeschritten werden müsse. Nach Berufung der Stadt Dresden zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat dieses die Verpflichtung der Stadt verneint und nur noch einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Antrags der Anwohner angenommen. Unter anderem deswegen, weil unklar war, ob der Hintergrundlärm durch Straßenbahn, Autoverkehr und Gaststättenbetriebe nicht ohnehin schon zu erheblichen Lärmbelastungen führt, so dass das Vorgehen gegen die Ruhestörung alleine nicht zu der erwünschten Reduktion unter die Grenzwerte für Wohngebiete geführt hätte. Alles in Allem zeigt die Entscheidung jedoch, dass bei allem Verständnis für nachholende Parties von Jugendlichen auch Anwohnerbelange ernst genommen werden müssen und bei erheblichen Nachteilen zumindest eine umfassende Abwägung erfolgen muss (Olaf Dilling).