Über das Energiesicherungsgesetz im Allgemeinen und das darin enthaltene „Superpreisanpassungsrecht“ hatten wir bereits mehrfach berichtet. Heute wenden wir uns noch einmal einer weiteren besonderen Vorschrift dieses Gesetzes zu, die Aufmerksamkeit verdient – den § 27 EnSiG (lesen Sie dazu auch hier)
Der Wortlaut der Norm lautet:
§ 27 Beschränkung von Leistungsverweigerungsrechten aufgrund des Ausfalls kontrahierter Liefermengen
(1) Die Ausübung eines gesetzlichen oder vertraglichen Leistungsverweigerungsrechtes durch ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 3 Nummer 18 des Energiewirtschaftsgesetzes aus einem Vertrag über die Lieferung von Erdgas setzt, soweit es mit dem Ausfall oder der Reduzierung von Gaslieferungen unter von dem Energieversorgungsunternehmen abgeschlossenen Lieferverträgen begründet wird, die Genehmigung der Bundesnetzagentur voraus. Das Erfordernis der Genehmigung durch die Bundesnetzagentur gilt nicht, wenn das Energieversorgungsunternehmen gegenüber der Bundesnetzagentur nachweist, dass eine Ersatzbeschaffung, unabhängig von den Kosten, unmöglich ist oder der Handel mit Gas für das deutsche Marktgebiet an der European Energy Exchange ausgesetzt ist. Sonstige Leistungsverweigerungsrechte bleiben unberührt.
(2) Die Bundesnetzagentur entscheidet auf Antrag über die Genehmigung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Marktes. Sie teilt ihre Entscheidung dem antragstellenden Energieversorgungsunternehmen mit. § 29 sowie Teil 8 des Energiewirtschaftsgesetzes sind entsprechend anzuwenden.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind nur anzuwenden, solange die Alarmstufe oder die Notfallstufe nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1938 in Verbindung mit dem Notfallplan Gas des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom September 2019, der auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz veröffentlicht ist, besteht.
Während der Alarmstufe oder der Notfallstufe des Gasnotfallplans sollen Energieversorger demnach Leistungsverweigerungsrechte nur ausüben dürfen, wenn dies zuvor durch die Bundesnetzagentur genehmigt wurde. Die Genehmigung soll nicht erforderlich sein in Fällen der Unmöglichkeit – diese muss allerdings wiederum gegenüber der Behörde „nachgewiesen“ werden.
Die Regelung wirft einige Fragen auf: Was ist Prüfungsmaßstab der genehmigenden Behörde? Die Vorgabe „nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Marktes“ ist hier wenig erhellend. Unklar auch, ob die Behörde in diesem Zusammenhang auch zivilrechtlich prüft, ob rechtlich überhaupt ein Leistungsverweigerungsrecht besteht oder sich die Prüfung allein auf die Folgen der Ausübung für den Markt beschränkt.
Aus Sicht des Adressaten einer (genehmigten) Leistungsverweigerung stellt sich die Frage, ob man im Fall einer genehmigten aber gleichwohl unberechtigten Leistungsverweigerung zunächst die Genehmigung als Verwaltungsakt angreift oder zivilgerichtlich direkt auf Erbringung der Leistung klagen sollte. Möglich erscheint beides um die Leistungsverweigerung erfolgreich anzugreifen.
(Christian Dümke)
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