Was noch gebraucht wird oder weg kann, ist nicht nur in der Kunst eine notorische Frage. Auch rund um Kraft­fahr­zeuge gibt es Zweifel: Ist ein Auto schon (oder noch) Abfall – oder z.B. ein wertvoller Oldtimer? Und wie ist es mit Autoreifen, die sich beispiels­weise noch in der Landwirt­schaft zum Beschweren der Folien für die Silage verwenden lassen? Immerhin soll ja die Weiter­ver­wendung und Vermeidung von Abfall allen anderen Verwer­tungs- und Entsor­gungs­formen vor gehen.
Müllplatz mit Container und Autoreifen

Vor dem Verwal­tungs­ge­richt (VG) Kassel wurde letzten Sommer über einen Fall entschieden, in dem jemand erfolg­reich ein Gewerbe für „Kfz-Aufbe­reitung, Kfz-Handel, Reifen­handel (Einzel­handel)“ beantragt hatte.

Die Polizei musste jedoch irgendwann feststellen, dass auf dem Gelände unter anderem 20.000 Altreifen und über 50 Altautos, andere Kraft­fahr­zeuge und Kraft­fahr­zeug­teile lagerten. Der Gewer­be­trei­bende gab bei einer Anhörung an, einen Gebraucht­rei­fen­handel zu betreiben und eine Oldti­mer­sammlung zu pflegen. Zum Teil handele es sich um Raritäten, zum Teil sollten die Fahrzeuge als Ersatz­teil­lager dienen. Zu weiteren auf dem gepach­teten Gelände liegenden Gegen­ständen gab er an, dass es sich um für Baupro­jekte benötigte Dinge handeln würde. Die Behörde ist der Auffassung, dass es sich zum größten Teil um Abfall handele und er als Besitzer der Abfälle keine Geneh­migung zu ihrer Lagerung habe. Nachdem der Gewer­be­trei­bende zwischen­zeitlich weitere Altreifen und Altfahr­zeuge auf das Gelände verbracht hatte, ordnete die Behörde nach einer weiteren Anhörung unter Ausschluss der aufschie­benden Wirkung die Still­legung der Anlage und Entsorgung der Abfälle an.

Der Gewer­be­trei­bende erhob daraufhin Klage und stellte zudem beim Verwal­tungs­ge­richt einen Antrag auf Wieder­her­stellung der aufschie­benden Wirkung. Das Verwal­tungs­ge­richt lehnte den Antrag in einem Beschluss vom Sommer letzten Jahres ab (VG Kassel, Beschluss vom 09.07.2021 – 4 L 940/21.KS). Unter anderem wiesen die Verwal­tungs­richter minutiös für einen Großteil der über 60 auf dem Grund­stück lagernden Positionen nach, warum es sich um gemäß § 3 Abs. 1 KrWG Abfall handelt und warum die Abfall­ei­gen­schaft auch noch nicht nach § 5 Abs. 1 KrWG verloren gegangen ist. Zudem sei das Betreiben der Anlage geneh­mi­gungs­be­dürftig, so dass die Still­le­gungs­an­ordnung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG gerecht­fertigt sei

Wegen der nicht korro­si­ons­ge­schützten Lagerung der Kfz und der Brand­gefahr angesichts der Lagerung einer großen Menge von Altreifen, sei die Entsorgung und Still­legung im Übrigen auch eilbe­dürftig gewesen. Alles in allem ist es ein Fall aus dem Alltag der Verwal­tungs­ge­richte, der keine großen recht­lichen Heraus­for­de­rungen oder Überra­schungen bietet. Trotzdem ist die Lektüre unter Umständen lohnenswert. Schon wegen der sorgfäl­tigen Subsumtion des Abfall­be­griffs auf eine Vielzahl unter­schied­licher Gegen­stände, bezüglich derer der Antrag­steller zudem teilweise recht kreative Gründe liefert, warum sie kein Abfall darstellen sollen (Olaf Dilling).