Rund um den neugeschaffenen § 24 Energiesicherungsgesetz (EnSiG) ergeben sich immer neue praktische Fragen. Klar ist jedenfalls, dass im Falle einer Einstellung der Gaslieferungen aus Russland die Bundesnetzagentur außerordentliche Preisanpassungen erlauben kann, und zwar entlang der Lieferkette vom Importeur bis zum Versorger des Letztverbrauchers. Dies soll verhindern, dass ein steiler Preisanstieg nach dem Stopp der russischen Gasimporte zu unkontrollierbaren Verwerfungen führt. Statt dessen sollen alle Akteure die Preise in dem Maße erhöhen wie es maximal notwendig ist, um Ersatz zu beschaffen.
Doch auf viele Fragen hat die neue Norm keine Antwort. Klar dürfte noch sein, dass das Preisanpassungsrecht nicht für Verträge gilt, für die nicht die deutsche Rechtsordnung anwendbar ist. Das betrifft im Handel mit Gas aber nicht wenige Unternehmen. Hier besteht also die reale Gefahr, dass Preise steigen, aber nicht weitergegeben werden können. Relevant sind dann die vertraglichen Klauseln, bevor geprüft wird, ob § 313 BGB im Einzelfall greifen könnte.
Auch dort, wo Unternehmen ihren Gaspreis im vollen beidseitigen Bewusstsein der Weltlage und ihrer möglichen Auswirkungen auf die deutsche Energieversorgung fest vereinbart bzw. abgesichert haben, stellen sich Fragen. Muss nicht in diesen besonderen Einzelfällen, wo genau dieser Fall unter Kaufleuten geregelt wurde, die vertragliche Klausel dem gesetzlichen „Normalfall“ vorgehen? Schließlich ergibt sich aus dem Vertrag klar, dass eben diese Risikoverteilung – für die ja auch Geld geflossen ist – dem ausdrücklichen Willen der Parteien entspricht. Und wenn dies nicht der Fall ist: Was wird aus der Vergütung? Die Norm selbst regelt dies nicht.
Vermutlich werden am Ende Gerichte entscheiden. Doch für viele Unternehmen sowohl als Käufer als auch als Verkäufer stellen die offenen Fragen an § 24 EnSiG weitere Unsicherheitsfaktoren in einem ohnehin unsicheren Umfeld dar (Miriam Vollmer).
Hinterlasse einen Kommentar