Sharing-Angebote als Sondernutzung?
Eine Entscheidung des OVG Münster, die wir 2020 hier auf dem Blog besprochen hatten, hat nachhaltig für Irritation im Bereich neuer Mobilitätsangebote gesorgt. Denn diese Entscheidung stellte den Grundsatz in Frage, dass Straßen für jegliche Fahrzeuge grundsätzlich unbeschränkt als Parkraum genutzt werden können, egal ob sie zu privaten oder gewerblichen Zwecken genutzt werden. Nach der Entscheidung des Gerichts sollte nunmehr bei bestimmten gewerblichen Angeboten eine genehmigungsbedürftige Sondernutzung angenommen werden. Im entschiedenen Fall ging es um Fahrräder, die zur Vermietung aufgestellt worden waren.
Vor allem sogenannte Sharing-Angebote könnten von dieser Rechtsprechung betroffen sein. Also neben Fahrrädern typischerweise auch E‑Roller, Scooter oder auch Autos, die ohne feste Station und oft ohne Rahmenvertrag per Handy-App für einzelne Fahrten gemietet werden können. Dabei ermöglichen diese Angebote an sich eine sehr flexible und effiziente Nutzung von Fahrzeugen, die nicht mehr im Privateigentum ihrer Nutzer stehen. Aus dieser Flexibilität resultieren eine Menge Vorteile für ihre Nutzer und im Prinzip auch für die Allgemeinheit. Denn durch intensiv von vielen Einzelnen genutzte Fahrzeuge verringert sich der Bedarf an Parkplätzen.
Nun stehen Sharing-Angebote bisher nicht im Ruf, Platz auf den Straßen zu schaffen. Vielmehr werden zu Recht Klagen laut, dass vor allem die Gehwege der großen Städte immer stärker zugestellt werden. Dies hat tatsächlich zum Teil schwerwiegende Folgen für die Barrierefreiheit bis hin zu schlimmen Unfällen von blinden Menschen, die in den letzten Jahren über E‑Roller gestolpert sind.
Letztlich ist dies jedoch weniger eine Frage der Menge an Fahrzeugen, sondern eine Frage, wo für sie Platz geschaffen wird. Denn es ist keineswegs zwingend, dass sie auf Gehwegen aufgestellt werden, sondern eine Entscheidung des Verordnungsgebers, der in § 11 Abs. 5 der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung diese E‑Roller den Fahrrädern bezüglich des Parkens gleichgestellt hat. Alternativ ist es möglich, E‑Roller am Fahrbahnrand abzustellen. Für Scooter und selbstverständlich auch für E‑Autos ist es sogar so vorgeschrieben.
Um zurück zu kommen zur anfänglichen Frage der Sondernutzung: Konsequent weitergedacht, stellt diese Entscheidung zahlreiche bisher unter den Gemeingebrauch fallende Nutzungen in Frage. Denn auch Carsharing und letztlich auch das Parken von Taxis dürfte dann letztlich als Sondernutzung gelten: Auch hier liegt insofern ein gewerblicher Zweck vor, als das Fahrzeug zur entgeltlichen Nutzung angeboten wird. Letztlich kann dies jedoch nicht für die Einstufung als Sondernutzung maßgeblich sein. Denn weiterhin wird das Fahrzeug eben auch als Verkehrsmittel benutzt, darin liegt gerade der spezifische Nutzen, der vom gewerblichen Aufsteller angeboten und von den Nutzern realisiert wird. Statt die Sharing-Angebote zu regulieren, sollte daher eher am Straßenrand für neue Formen der Mobilität Platz geschaffen werden, indem das ineffiziente Parken von privaten Pkw zurückgedrängt wird (Olaf Dilling).