Letzte Woche hat das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) zu einer Verfas­sungs­be­schwerde gegen eine geplante Eisen­bahn­trasse Stellung genommen. Es geht um eine wichtige Ausbau­strecke für den Güter- und Perso­nen­verkehr, die Wilhelms­haven und den Jade-Weser-Port als einzigen Tiefwas­ser­hafen Deutsch­lands besser ans Bahnnetz anbinden soll. Die Strecke führt jedoch auch durch Wohnge­biete. Die Kläger haben daher zunächst vor der Verwal­tungs­ge­richts­barkeit und schließlich vor dem Verfas­sungs­ge­richt geltend gemacht, dass sie aufgrund der zu erwar­tenden Lärmbe­läs­tigung in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 2 GG verletzt seien. Dabei wollten sie vom BVerfG insbe­sondere prüfen lassen, ob es verfas­sungs­konform ist, dass bei der Bewertung der Lärmemis­sionen nach der Verkehrs­lärm­schutz­ver­ordnung auf einen errech­neten Mitte­lungs­pegel und nicht auf Spitzen­werte abgestellt wird.

Güterbahnhof mit Sonnenuntergang

Zuvor hatte bereits das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt über den Fall befunden. Das hatte die Klage abgewiesen, sich dabei die Erkennt­nisse der Lärmwir­kungs­for­schung und eine langjährige Recht­spre­chung berufen. Den Erkennt­nissen der Lärmwir­kungs­for­schung folgend akzep­tiere die Recht­spre­chung seit langem, dass die Verkehrs­lärm­schutz­ver­ordnung ausschließlich auf Mitte­lungs­pegel abstelle und Maximal­pegel nicht gesondert zur Bewertung der Belastung heran­ziehe. Das normative Ermessen erlaube dem Verord­nungs­geber bei der Erstellung einer Lärmschutz­kon­zeption, gegen­läufige öffent­liche und private Inter­essen und Aspekte der Prakti­ka­bi­lität mit zu berück­sich­tigen. Also Aspekte wie Einfachheit der Verfahren, einheit­liche Anwend­barkeit und inter­na­tionale Vergleich­barkeit, soweit die Korre­lation mit Lärmwir­kungen gewahrt bleibe. Die verfas­sungs­recht­liche Zumut­barkeit bleibe dabei gewahrt. Der Gesetz–  und Verord­nungs­geber halte Mitte­lungs­pegel auch weiterhin für geeignet, wie sich an neueren Standards zeige. In den Beurtei­lungs­pegel für Schie­nenlärm flössen Häufigkeit, Dauer und Stärke der einzelnen Schie­nen­lärm­schall­ereig­nisse ein.

Das Verfas­sungs­ge­richt hat in seinem Beschluss zu dieser inhaltlich spannenden Frage keine Stellung genommen. Denn die Verfas­sungs­be­schwerde scheitere schon an der Subsi­dia­rität des Rechts­schutzes vor dem Verfas­sungs­ge­richt. In der Fachge­richts­barkeit, also vor den Verwal­tungs­ge­richten sei diese Fragen von den Klägern nicht ausrei­chend thema­ti­siert worden. Jeden­falls seien zum wissen­schaft­lichen Erkennt­nis­stand keine aktuellen Forschungs­studien mit konkreten wissen­schaft­lichen Erkennt­nissen präsen­tiert worden. Im verfas­sungs­ge­richt­lichen Verfahren ließe sich dieser Mangel nicht mehr durch Vorlage neuer Studien beheben.

Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass es vor Gericht oft nicht reicht, recht zu haben. Vielmehr müssen die Argumente auch zur rechten Zeit vorge­bracht werden (Olaf Dilling).