Das UBA-Gutachten zum BEHG
Was das Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) angeht, jenes Gesetz also, auf dem der CO2-Preis für Brenn- und Treibstoffe beruht, sind die allermeisten Juristen skeptisch. Nur einzelne Stimmen halten das neue Klimaschutzinstrument für verfassungskonform.
Entweder hat die Vielzahl der Autoren, die am BEHG zweifeln, die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) verunsichert. Oder die Behörde fürchtet, Dritte – also zum Beispiel Verwaltungsgerichte – könnten am nationalen Emissionshandel zweifeln. Wie auch immer: Die DEHSt – bzw. das Umweltbundesamt – hat selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben. Verfasser ist die Kanzlei Lindenpartners (Sie finden es hier). Diese kommt nun zu dem Ergebnis, mit dem BEHG sei alles in Ordnung. Wir sind also neugierig: Wo biegen die Gutachter der Behörde anders ab als die meisten anderen Juristen?
Im ersten Schritt ist man sich noch einig: Dass es sich bei dem Preis der Zertifikate, die beim Inverkehrbringer anfallen, um eine „Vorteilsabschöpfungsabgabe“ handelt, ist noch einigermaßen konsensual. Das ist insofern nicht überraschend, als dass das BVerfG sich so zum EU-Emissionshandel geäußert hat.
Etwas verblüffend ist, dass im Anschluss an diese Feststellung nicht die Verfasungskonformität des BEHG in der aktuellen Festpreisphase geprüft wird, sondern die Versteigerungsphase thematisiert wird, die erst in einigen Jahren startet. Erst dann thematisiert das Gutachten die Einführungsphase.
Die Prüfung der Einführungsphase ist auch etwas überraschend aufgebaut: Normalerweise prüfen Juristen, ob eine Maßnahme den rechtlichen Anforderungen standhält und thematisieren dabei auch die Argumente, die Kritiker vorbringen. Dieses Gutachten dagegen erklärt auf schlanke zwei Seiten das BEHG auch in der Einführungsphase für verfassungskonform, weil – was andere Autoren verneinen – die für eine zulässige Vorteilsabschöpfung erforderliche Knappheitssituation vorliegen würde. Diese würde sich bereits aus der Existenz eines CO2-Restbudgets ergeben. Erst im nächsten Kapitel beschäftigt sich das Gutachten dann mit den Argumenten der Kritiker, die vor allem zwei Punkte als schwierig ansehen: Zum einen besteht in der Festpreisphase keine Knappheit an Zertifikaten, denn diese sind nicht endlich: Ist das Budget erschöpft, kauft der Bund in der EU anderen Ländern Emissionsrechte oder spart an anderer Stelle (aber wo?). Die Deutschen schöpfen also für einige Jahre aus einem juristisch nie versiegenden Brunnen. Damit ist die Einordnung als zulässige Vorteilsabschöpfungsabgabe mindestens schwierig. Zum anderen hat das BVerfG in seiner Entscheidung zur Kernbrennstoffsteuer (2 BvL 6/13) dem Gesetzgeber ein Steuererfindungsrecht abgesprochen, so dass der Gesetzgeber auch nicht einfach argumentieren kann, er hätte einen neuen Typus der Vorteilsabschöpfungsabgabe erfunden, der ohne eine auf Knappheit beruhende Bewirtschaftsordnung auskäme.
Dies indes hält das Gutachten für unbedenklich. Es erklärt erst die Flexibilitätsmechanismen des EU-Klimaschutzrechts. Dann handelt es die Frage nach der unzureichenden Knappheit kurz ab: Das Bundesverfassungsrecht habe dies nicht so gemeint, wie die Kritiker glauben. Zum einen handele es sich bei der Entscheidung des BVerfG nur um eine Kammerentscheidung. Zum anderen komme es nicht darauf an, ob die Knappheit der Ressource „CO2-Budget“ spürbar wäre.
Das Steuererfindungsrecht betrachtet das Gutachten deswegen gar nicht weiter, denn die Gutachter halten ja schon die Voraussetzungen einer Vorteilsabschöpfungsabgabe für gegeben. Es problematisiert die Entscheidung zur Kernbrennstoffsteuer allerdings auch in Hilfserwägungen nicht weiter, stattdessen prüfen die Gutachter teilweise völlig unproblematische und auch nie hinterfragte Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen.
Uns überzeugt das Gutachten damit nicht. Es ist schlicht kein Argument, ob eine ja nun nicht vom Himmel gefallene Einordnung des BVerfG in einer Kammer- oder Senatsentscheidung steht. Und kann eine Ware, die juristisch unbegrenzt vorhanden ist, schon semantisch jemals „knapp“ sein? Das Gutachten, dessen tragende Erwägungen auf vielleicht zwei Seiten passen, mag zu dem Ergebnis kommen, dass der Bund sich gewünscht hat. Aber nicht überall, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg (Miriam Vollmer).