Erst kürzlich hatten wir über Staatshaftung bei Fahrradunfällen wegen Defiziten bei der Infrastruktur berichtet. Bzw darüber, dass nach Auffassung der Rechtsprechung in der Mehrheit der Fälle Verkehrsteilnehmer mit den Widrigkeiten der Verkehrsinfrastruktur klarkommen müssen. Jedenfalls ist dies dann der Fall, wenn die Risiken vorhersehbar sind, wie etwas bei Schienen in der Fahrbahn, in die Fahrradfahrer geraten oder auf denen sie ausrutschen können.
Zwischenzeitlich ist ein Fall vor den Bundesgerichtshof (BGH) geraten, der zugunsten des klagenden Fahrradfahrers ausgegangen ist. Verursacht worden war der Unfall durch einen in Höhe von 60 und 90 cm quer waagrecht über einen Feldweg gespannten Stacheldrähten, an denen nur zwei Holzleisten und ein Verkehrsschild befestigt waren. Eine weitere Markierung war nicht vorhanden, so dass der Fahrradfahrer den Zaun erst ca. 8 m vor dem Hindernis sehen konnte. Durch eine entsprechend starke Bremsung stürzte er über den Lenker und ist seitdem querschnittsgelähmt.
Nachdem das Landgericht Lübeck die Klage zunächst abgewiesen und das Berufungsgericht dem Kläger wegen Mitverschuldens nur einen Teil zugesprochen hatte, kam der Fall vor den BGH. Der hat bestätigt, dass die Gemeinde gegen die Verkehrssicherungspflicht verstoßen hätte, da der Weg für Fahrräder zugelassen sei und mit einem solchen Hindernis ohne auffällige Kennzeichnung nicht zu rechnen sei. Ein Mitverschulden falle nicht erheblich ins Gewicht. Insbesondere sei nämlich nicht gegen das Sichtfahrgebot verstoßen worden. Das Hindernis sei schlicht nicht aus größerer Entfernung erkennbar gewesen, so dass der Fahrradfahrer sich nicht darauf einstellen musste (Olaf Dilling).
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