Zum Kern des Europarechts gehört das in Art. 107 AEUV geregelte Beihilfenverbot: Beihilfen sind danach nur erlaubt, wenn sie ausnahmsweise mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Wann dies der Fall ist, ergibt sich aus den Aufzählungen in Art. 107 Abs. 2 und 3 AEUV. Über die Einhaltung diesr strikten Regelungen wacht die mit dem Notifizierungsverfahren betraute Europäische Kommission.
Die sehr abstrakten Beschreibungen, wann nach Ansicht der Kommission eine ausnamsweise erlaubte Beihilfe vorliegt, werden durch Beihilfeleitlinien konkretisiert. Für Beihilfen im Energiebereich gelten bisher die (verlängerten) Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien 2014–2020.
Seit einigen Wochen liegt der Entwurf einer Nachfolgeleitlinie vor: Die Kommission hat ihren Entwurf der überarbeiteten Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen am 7. Juni 2021 veröffentlicht. Bis zum 2. August 2021 kann die Öffentlichkeit hierzu Stellung nehmen. Die Neuregelung soll noch 2021 im Rahmen des Green Deal verabschiedet werden. Ziel ist u. a. eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf saubere Mobilität, Energieeffizienz von Gebäuden, Kreislaufwirtschaft und Biodiversität. Die Kommission will, dass staatliche Mittel einerseits flexibler, andererseits effezienter eingesetzt werden.
Von den umfangreichen geplanten Neuerungen ist die besondere Ausgleichsregelung des EEG besonders betroffen (hierzu mehr hier). Viele Unternehmen, die heute Privilegierungen bei der EEG-Umlage beanspruchen können, sind danach künftig nicht mehr berechtigt: Heute sind die in Anlage 4 zum EEG aufgeführten Branchen erfasst, der die in den Anlagen 3 und 5 der aktuellen Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen genannten Sektoren aufführt. Künftig soll diese Liste deutlich kürzer werden. Der Anhang 1 zum Entwurf enthält von den heute in Anlage 3 genannten Sektoren eine ganze Reihe energieintensiver Branchen nicht mehr. Von den Sektoren in Anlage 5 sollen sogar nur noch 4 weiter privilegiert bleiben.
Doch auch in Hinblick auf die Höhe der Begrenzung will die Kommission die Regeln verschärfen. Statt heute grundsätzlich 15% auf den Stromverbrauch oberhalb von 1 GWh soll künftig mindestens 25% gezahlt werden. Die Super-Cap-Begrenzung von 0,5% soll auf 1,5% steigen.
Auch in Hinblick auf die Transformationsverpflichtungen der erfassten Unternehmen will die Kommission die Anforderungen verschärfen: Künftig soll es nicht mehr reichen, dass ein Unternehmen ein Umweltmanagementsystem unterhält. Statt dessen sollen Unternehmen Effizienzmaßnahmen, die ihnen im Audit empfohlen werden, umsetzen, wenn sie sich in maximal drei Jahren amortisieren, oder das Unternehmen muss 30% EE-Strom beziehen, oder 50% der Fördersumme müssen in Emissionsminderungsprojekte fließen.
Was bedeutet das für die Praxis? Es lohnt sich als betroffenes Unternehmen in jedem Fall, sich – gut begründet – hier zu Wort zu melden. Auch sollten Unternehmen durchspielen, wie sich die neuen Beihilfeleitlinien konkret auswirken würden. Dass die KOM von der grundsätzlichen Marschrichtung abweicht, ist sehr unwahrscheinlich, aber gerade in den oft entscheidenden Details bestehen sicher noch Spielräume (Miriam Vollmer)
Hinterlasse einen Kommentar