An vielen Gerichten in Deutschland herrscht Notbetrieb. Das heißt, dass momentan oft nur noch Eilverfahren betrieben werden. Außerdem müssen Verhandlungen abgesagt oder verschoben werden und es gibt strenge Zugangskontrollen an den Gerichten. Teilweise werden auch eingehende Klagen erst mit Verzögerung registriert. Am Verwaltungsgericht in Berlin ist jeweils nur ein Richter jeder Kammer vor Ort. Alle anderen sind im Homeoffice. Das Kammergericht (KG) hat derzeit einen Not-Geschäftsverteilungsplan, der beinhaltet, dass von sonst 22 Kammern nur noch zwei vor Ort sind, um Eilverfahren zu bearbeiten. Der Gerichtsbetrieb ist dementsprechend eingeschränkt. Letztlich hängt es, wegen der Unabhängigkeit der Justiz, wie immer sehr stark vom einzelnen Richter ab, wie laufende Verfahren betrieben werden.
Auf Dauer kommt auch auf das Rechtssystem eine Belastungsprobe zu. Denn während viele laufende Verfahren nicht abgearbeitet werden können, kommen mit einer gewissen Verzögerung nun eine Menge neuer Streitigkeiten auf die Gerichte zu. Betroffen ist nicht nur das Verwaltungsrecht durch die aktuellen Eilverfahren gegen Ausgangsbeschränkungen und andere Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion. Demnächst wird es auch um Entschädigungen für Betroffene von Quarantänemaßnahmen oder Betriebsschließungen gehen. Ganz zu schweigen von der ordentlichen Gerichtsbarkeit, wo sich Streitigkeiten über Mietzahlungen und über Strom- und Gasrechnungen häufen dürften.
Insofern beginnt nicht nur an Schulen und in Kitas, sondern auch an Gerichten die Diskussion darüber, wann der Notbetrieb wieder durch den normalen Gerichtsbetrieb abgelöst werden kann. Außerdem wird Richtern empfohlen, sich nun im Homeoffice um liegen gebliebene Verfahren und organisatorische Dinge zu kümmern, die ohnehin erledigt werden müssen, bevor die zu erwartenden Klagewelle über die Gerichte hereinbricht. Ein Gutes hat die Corona-Krise möglicherweise im Rechtswesen: Die Gerichte sind nun auch aufgrund des Homeoffice gezwungen, sich verschärft über Digitalisierung der Aktenberge und sogar Verhandlungen im virtuellen Gerichtssaal Gedanken zu machen. Am Ende resultiert daraus möglicherweise sogar noch ein Effizienzgewinn (Olaf Dilling).
Hinterlasse einen Kommentar