Genehmigungsverfahren nehmen viel Zeit in Anspruch. Neidvoll schauen Vorhabenträger, aber auch die Politik, deswegen immer wieder auf Staaten, in denen Umweltverbände Vorhaben nicht vereiteln oder mindestens stark verzögern können, indem sie über mehrere Jahre und Instanzen Gerichte anrufen können. Hier liege, so meinen viele, ein ernsthaftes Investitionshindernis.
Dieses Hindernis will die CDU nun abbauen. Auf ihrem Leipziger Parteitag am 22./23. November 2019 hat die CDU einen Antrag verabschiedet, der die Genehmigungsverfahren deutlich beschleunigen soll: Mit dem – verabschiedeten – Antrag Nr. A 128 soll zum einen ein Parlamentsgenehmigungsrecht eingeführt werden, also eine Genehmigung national bedeutsamer Infrastrukturprojekte nicht durch die Verwaltung, sondern direkt durch den Gesetzgeber. Zum anderen soll das Verbandsklagerecht auf direkte Betroffenheit eingeschränkt werden, der Instanzenzug verkürzt und Genehmigungsfiktionen eingeführt werden.
Vorhabenträger hätten danach Grund zur Freude. Aber sind die Pläne des Gesetzgebers überhaupt rechtlich zulässig? In Hinblick auf die Genehmigung besonders wichtiger Vorhaben durch den Bundestag gibt es ernsthafte verfassungsrechtliche und europarechtliche Zweifel.
Doch auch die Forderung, das Verbandsklagerecht einzuschränken, hat seine Tücken. Denn das im Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) hinterlegte Recht von Umweltverbänden, als Sachwalter von Umweltinteressen vor Gericht zu ziehen, beruht auf europäischem Recht, nämlich auf der Art. 15a der Richtlinie 2003/35/EG, der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie.
Gemeinschaftsrecht muss von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Das heisst: Deutschland hat keine rechtliche Möglichkeit, hinter dem Stand der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie zurückzubleiben und Umweltverbände generell auszusperren.
Einen Ausschluss plant natürlich auch die CDU nicht. Sie will die Verbände aber auf die gerichtliche Durchsetzung von Rechten beschränken, in denen sie selbst betroffen sind. Nun sind Verbände ihrer Natur nach nicht selbst betroffen, wenn irgendwo in Deutschland eine Autobahn oder ein Zementwerk gebaut wird. Insofern stellt sich die Frage, was die CDU hier meint. Festzuhalten ist aber: Eine Einschränkung gegenüber dem heutigen Status Quo wird schwierig, denn Art. 15a der Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie ordnet an, dass das generelle Rechtsdurchsetzungsinteresse von NGO per definitionem ausreicht, um vor Gericht zu ziehen.
Insofern nichts als heiße Luft? Vielleicht. Vielleicht hat der Parteitagsbeschluss aber auch erhebliches Schadenspotential. Denn wenn die CDU ihre Pläne umsetzt, Genehmigungen ergehen, Umweltverbände ihre zuvor eingeschränkten prozessualen Rechte erst vorm EuGH durchkämpfen müssen und dann die eigentliche Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens stattfindet, dürfte das die betroffenen Genehmigungsverfahren und ‑klagen noch einmal deutlich gegenüber dem Status Quo verlängern. Und das will nun wirklich niemand.
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