Vertriebsleiter Valk ist wirklich mit allen Wassern gewaschen. Aber selbst ihm fällt es nicht leicht, den Grundversorgungstarif der Stadtwerke Oberaltheim GmbH (SWO) anzupreisen. Er ist schließlich deutlich teurer als der Grundversorgungstarif in anderen Gemeinden. Und viel, viel teurer als alle anderen Tarife der SWO ist er auch. Warum Valk trotzdem versucht, ihn anzupreisen: Er ist extrem profitabel.
Zwar kann die SWO sich die Kunden in der Grundversorgung nicht aussuchen. Aber immerhin sind diese Kunden nicht so preisbewusst wie andere. Sie, die noch nie gewechselt haben, sind die treuesten Kunden und machen bis heute rund 40 % der Stromerlöse der SWO aus.
Allerdings kann man den Tarif ja schlecht genau so anpreisen. Für den günstigen Online-Tarif mit zwei Jahre Laufzeit, Bankeinzug und Rechnung per E‑Mail hat Valk sich den schönen Namen „Sparschwein-Tarif“ einfallen lassen. Der Tarif mit zweijähriger Mindestvertragslaufzeit in Kombination mit 42 km Fahrt mit einem der beiden Car-Sharing-Elektromobile der SWO heißt der Marathon-Tarif. „Sicherheit auf langen Wegen“ lautet der Slogan. Aber wie zum Teufel soll der Grundversorgungstarif nur heißen?
Schließlich kommt Valk die rettende Idee. Der „Abenteurer-Tarif“ soll die Grundversorgung künftig betitelt werden. Zwar ist der durchschnittliche Grundversorgungskunde Rentner und alles andere als abenteuerlich veranlagt. Aber ein bisschen abenteuerlich ist die Grundversorgung schon, findet Valk. Denn niemand ist ja so spontan wie der Grundversorgungskunde: Alle anderen Tarife der SEO laufen nämlich mindestens zwei Jahre. Nur diesen Tarif kann der Kunde – das ist gesetzlich so vorgeschrieben – kurzfristig kündigen.
„Spontan wie keiner“ schreibt Valk kurz entschlossen. Dann schickt er den Flyer mit seinen drei Tarifen in die Druckerei und lässt die Flyer verteilen. Doch nur wenige Tage später flattert erneut eine Abmahnung ins Haus. § 3 Abs. 3 UWG in Verbindung mit Nummer zehn des Anhangs zum UWG sei verletzt, behaupten die Stadtwerke Unteraltheim GmbH, die SWU. Hier ist nämlich verboten, den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, gesetzlich bestehende Rechte würden eine Besonderheit des Angebots darstellen.
Valk jedoch denkt nicht daran, sich zu unterwerfen. Natürlich, so diktiert er der Justitiarin Frau Berlach in die Feder, sei das Recht zur kurzfristigen Kündigung eine Besonderheit des Grundversorgungstarifs. Aber doch nicht gegenüber der SWU, die ebenfalls einen Grundversorgungstarif anbieten muss, da sie in Unteraltheim – aber eben nicht in Oberaltheim – die Grundversorgerfunktion erfüllt. Nein, lediglich gegenüber den anderen Tarifen, die die SWO selbst anbietet, sei die kurzfristige Kündigungsmöglichkeit etwas Besonderes.
Valk hätte es auch diesmal auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen lassen. Doch Geschäftsführerin Göker reicht es diesmal. Sie greift zum Hörer. Die SWU verzichtet auf alle Rechte aus der Abmahnung. Die SWO bezahlt der SWU dafür eine Anzeige für ihren Stromvertrieb im „Altheimer Tageblatt“ der 30 km entfernten Kreisstadt.
„Machen Sie sich nichts daraus, da haben wir doch eh kaum Kunden.“, tröstet Frau Göker Herrn Valk. Und dass die Abonnenten des „Altheimer Tageblatts“ den Flyer der SWO am Folgetag als Beilage erhalten: Das wird in Unteraltheim vermutlich nie jemand erfahren.
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