Als Studenten fanden wir das toll: Sonntag­morgens in ein beliebtes Café an der Ecke. Den Tisch direkt an der Theke. Während noch das Brunch­buffet aufgebaut wurde, den ersten Teller füllen. Wir aßen von neun bis vier, mit langen Pausen natürlich, und selbst sehr zierliche Freun­dinnen schafften teilweise mehr als drei Teller mit einer wüsten Mischung aus Eiern, Salaten, Brot mit Wurst und ziemlich billigen Nudel­auf­läufen. Das Flatrate­früh­stück verführte uns also zu hemmungs­loser Völlerei.

Ähnliche Bedenken gelten in Bezug auf Strom­f­la­te­ra­te­tarife: Wer unbegrenzt für einen Pauschal­preis Strom ziehen kann, wird vielleicht die Klima­anlage bei offenem Fenster hemmungslos laufen lassen, hätte keinerlei Anreiz, moderne Elektro­geräte anzuschaffen und würde seine Wasch­ma­schine künftig auch für zwei Paar Socken anschalten. Unwahr­scheinlich ist das nicht. Angesichts der vielfäl­tigen negativen Umwelt­aus­wir­kungen der Strom­erzeugung ist es auch in jedem Fall ökolo­gisch nicht wünschenswert. Aber ist es auch illegal?

§ 40 Abs. 5 Energie­wirt­schafts­gesetz (EnWG) missbilligt solche Tarife jeden­falls. Hier ist nämlich angeordnet, dass, soweit technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar, für Letzt­ver­braucher von Elektri­zität ein Tarif anzubieten ist, der einen Anreiz zu Energie­ein­sparung oder Steuerung des Energie­ver­brauchs setzt. Das ist natürlich nicht der Fall, wenn unbegrenzt bezogen wird. Aber wenn ein Unter­nehmen neben der Flatrate einen solchen Tarif anbietet, formu­liert § 40 Abs. 5 EnWG jeden­falls kein absolutes Verbot. Und selbst wenn dem nicht so sein sollte, besteht die Möglichkeit, durch Prämi­en­mo­delle Einspar­an­reize zu setzen.

Doch leidet bei solchen Tarifen nicht zwangs­läufig die Trans­parenz? Ein Kunde muss doch wissen, was er für Energie am Ende bezahlt. Ansonsten kann es sein, dass er im Glauben, ein gutes Geschäft zu machen, über den Tisch gezogen wird. Dieses Gebot, die echten Kosten trans­parent auszu­weisen, ist u. a. für Strom und Gas in § 3 der Preis­an­ga­ben­ver­ordnung (PAngV) verankert, dessen Satz 1 lautet:

Wer Verbrau­chern gewerbs- oder geschäfts­mäßig oder wer ihnen regel­mäßig in sonstiger Weise Elektri­zität, Gas, Fernwärme oder Wasser leitungs­ge­bunden anbietet oder als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrau­chern unter Angabe von Preisen wirbt, hat den verbrauchs­ab­hän­gigen Preis je Mengen­einheit einschließlich der Umsatz­steuer und aller spezi­fi­schen Verbrauchs­steuern (Arbeits- oder Mengen­preis) gemäß Satz 2 im Angebot oder in der Werbung anzugeben.“

Wie soll das aussehen, wenn nicht nach kWh, sondern nur pro Zeitraum abgerechnet wird? Ein Modell, das ungefähr so funktio­niert wie das All you can eat Brunch­buffet wird dem jeden­falls nicht voll gerecht. Wer ins Blaue einen Strom­tarif für 80 EUR/Monat abschließen würde, wüsste nie, was die kWh kostet.

Doch das bedeutet nicht das Ende der Flatrate für Strom. Auch abseits beson­derer Prosumer­mo­delle (hierzu mehr demnächst) sind durchaus sehr unter­schied­liche Flatrate­mo­delle denkbar, die Preise pro Mengen­einheit ausweisen können, wie es die existie­renden Modelle auch durchweg tun. Zwar existiert bisher noch keine veröf­fent­lichte Recht­spre­chung zur Verein­barkeit von Energie­flat­rates mit der Preis­an­ga­ben­ver­ordnung. Es spricht aber Einiges dafür, dass der Zweck der Regelung, dem Verbraucher einen trans­pa­renten Preis­ver­gleich zu ermög­lichen, auch dann gewähr­leistet werden kann, wenn als verbrauchs­ab­hän­giger Preis zB ein echter Durch­schnitts­preis ausge­wiesen wird, der innerhalb einer vorde­fi­nierten und realis­ti­schen Spanne liegt. Auch ein fester Preis kombi­niert mit einem mengen­be­dingten Nachfor­de­rungs­ver­zicht ist grund­sätzlich nicht undenkbar. Ob ein solches Modell dann wirklich eine Flatrate darstellt, oder nicht doch einen fast „normalen“ Tarif ohne Grund­preis, aber dafür mit einer gewissen Verbrauchs­to­leranz, ist Defini­ti­ons­sache. Schließlich existiert für „Flatrate“ keine verbind­liche Definition.

Doch ob der Verbraucher mit solchen Flatrates wirklich ein so gutes Geschäft macht wie wir als Studenten beim Brunch­buffet? Viel spricht dafür, dass die Unsicher­heiten eines solchen Modells am Ende vom Verbraucher bezahlt werden. Schließlich hat der Versorger angesichts der ohnehin heute niedrigen Margen nichts zu verschenken. Der Markt scheint dies ähnlich zu sehen, denn die wenigen existie­renden Modelle sind nach Angaben der Anbieter mäßig nachge­fragt. Aber vielleicht ist das auch noch nicht aller Tage Abend.