Schadensersatz nach Fahrverbot
Nun wissen wir: Als allerletztes Mittel bei Überschreitung von Luftqualitätszielen sind auch Fahrverbote ausnahmsweise zulässig. Für die Fahrer der betroffenen Kraftfahrzeuge ist das natürlich ein herber Einschnitt. Schnell wurden vor diesem Hintergrund Stimmen laut, die von Enteignung sprachen. Doch liegt hier wirklich eine gezielte Entziehung der Eigentumsposition vor? Wohl kaum, denn schließlich behalten die Halter der Kraftfahrzeuge ihren Wagen. Sie können ihn „nur“ nicht mehr so uneingeschränkt nutzen wie zuvor. Entsprechend spricht man hier rechtstechnisch nicht von einer Enteignung, sondern von einer Inhalts– und Schrankenbestimmung. Diese Unterscheidung hat weitreichende Bedeutung. Denn Enteignungen sind regelmäßig entschädigungspflichtig. Der frühere Eigentümer der enteigneten Sache hält also Geld vom Staat. Bei einer Inhalts-und Schrankenbestimmung sieht es indes anders aus. Wenn der geprellte Autofahrer nicht durch den Hersteller oder Verkäufer seines Kraftfahrzeugs einen Ausgleich erfährt, geht er leer aus. Ob und unter welchen Bedingungen Ansprüche gegen die Automobilindustrie und den Handel bestehen, ist derzeit Gegenstand einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten. Insbesondere stehen hier Ansprüche aus Sachmangelgewährleistung aus dem Kaufvertrag und arglistiger Täuschung im Raum. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich hierzu bisher noch nicht geäußert, allerdings ist dies wohl lediglich eine Frage der Zeit.
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine mündliche Verhandlung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm am 11. 01.2018. In dieser mündlichen Verhandlung wurde seitens des erkennenden Senats geäußert, dass sich die klagenden Autofahrer in Hinblick auf den vom Senat bejahten Sachmangel wohl auch nicht auf einen Nachbesserungsversuch per Software Update einlassen müssen. Dies sei ihnen nicht zumutbar, da das entsprechende Vertrauen in die Hersteller der Kraftfahrzeuge nicht mehr bestehe. Ein Urteil liegt noch nicht vor. Man darf gespannt sein.
Allerdings bedeutet auch ein positives Urteil in dieser Sache nicht, dass automatisch alle Betroffenen Anspruch auf Schadensersatz hätten. Wie immer gilt: der Einzelfall zählt.