EU-Emissi­ons­handel: Die vorläufige NIMs-Liste ist da!

In der letzten Handel­s­pe­riode kamen die Zutei­lungs­be­scheide erst im Februar 2014, als die Abgabe für das Jahr 2013 schon vor der Tür stand und die dritte Handel­s­pe­riode schon über ein Jahr lief. Diesmal sieht es viel besser aus: Die Handel­s­pe­riode läuft seit Januar 2021. Und schon gibt es nicht nur einen Beschluss über den CSCF, sondern auch eine Liste der vorläu­figen Zutei­lungen. Diese finden Sie hier.

Wie die für die Zuteilung zuständige Behörde mitteilt, fehlen hier noch die Abzüge für die lineare Kürzung der Strom­erzeuger um jährlich 2,2%. Es bleibt also nicht bei den hier verzeich­neten Mengen. Doch schon der erste Blick verdeut­licht, dass mit erheb­lichen Verrin­ge­rungen gegenüber der letzten Handel­s­pe­riode zu rechnen ist, insbe­sondere bei der Wärme­er­zeugung, aber auch bei vielen anderen Produkten. Dies beruht auf den drastisch gesun­kenen Bench­marks, auf denen die Zutei­lungen fußen.

Wie geht es nun weiter? Im Juli sollen die Zutei­lungs­be­scheide kommen. Wer Grund hat, mit seinem Bescheid unzufrieden zu sein, kann gegen diese Bescheide per Wider­spruch vorgehen. Aber Achtung! Es gilt die Monats­frist für die Erhebung des Wider­spruchs ab Eingang der Bescheide in der VPS, nicht die Kennt­nis­nahme. Anlagen­be­treiber, denen nicht alle beantragten Zutei­lungs­be­scheide bzw. Mengen anerkannt wurden, müssen also den ganzen Sommer sorgfältig auf ihre virtuelle Poststelle aufpassen.

Fabrik, Schornstein, Meer, Bucht, See, Rauch, Industrie

Eine Wider­spruchs­ein­legung vorab dürfte kaum denkbar sein. Denn sie stellt keinen anfecht­baren Verwal­tungsakt dar. Sofern ein Realakt vorliegt, wäre an eine Allge­meine Leistungs­klage zu denken, aber diese ist wohl nicht zulässig, da es schon an der Klage­be­fugnis fehlen dürfte. Auch § 9 Abs. 3 S. 3 TEHG macht deutlich, dass das ganze Procedere „hinter den Kulissen“ noch nicht gerichtlich angreifbar ist. Die Betreiber müssen auf die Zuteilung warten und können diese dann anfechten.

Unsere Prognose: Auch, weil es keinen CSCF gibt, wird es viel weniger Wider­sprüche geben als in der Vergan­genheit. Auch die Verein­fa­chung der Berech­nungen für Neuan­lagen und Kapazi­täts­er­wei­te­rungen und ‑verrin­ge­rungen führen zu drastisch weniger Streit. Doch die relativ wenigen, hoch indivi­du­ellen Ausein­an­der­set­zungen, in denen die Vorstel­lungen von Behörde und Unter­nehmen ausein­an­der­liegen, haben es rechtlich wie wirtschaftlich dafür um so mehr in sich (Miriam Vollmer).

Sie wollen mehr über den aktuellen Stand im Emissi­ons­handel wissen? Wir schulen:

Am 6. September 2021 von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr per Zoom „Update EUETS

Am 6. Oktober 2021 von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr bei uns in Berlin „Grund­la­gen­se­minar EU-Emissionshandel“

2021-06-15T23:48:35+02:0015. Juni 2021|Emissionshandel, Industrie, Strom, Umwelt, Verwaltungsrecht, Wärme|

4. Handel­s­pe­riode: Der CSCF beträgt künftig null!

Die 4. Handel­s­pe­riode des EU-Emissi­ons­handels läuft nunmehr seit Januar. Aber mit den Zutei­lungen lassen die Behörden sich Zeit. Zwar haben die Betreiber schon im Juni 2019 ihre Zutei­lungs­an­träge gestellt. Doch noch immer gibt es keine Zutei­lungs­be­scheide und erst recht keine Ausschüt­tungen von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen. Verant­wortlich für diese Verzö­gerung ist aber nicht die Deutsche Emissi­ons­han­dels­stelle (DEHSt) in Berlin, die die Bescheide erlässt. Sondern die Europäische Kommission, die in einem ersten Schritt mit Beschluss vom 12. März 2021 die Bench­marks erlassen hat (Sie finden Sie hier), die sich aus den Meldungen der Anlagen­be­treiber ergeben haben sollen.

Nun hat die Kommission wieder von sich hören lassen. Mit Beschluss vom 31. Mai 2021 hat sie den CSCF, die sektor­über­grei­fende anteilige Kürzung bei Überschreitung der maximalen Gesamt­summe der zuzutei­lenden Zerti­fikate um mehr als die Reserve von 3%, auf „null“ festge­setzt. Anders als in bisher allen Handel­s­pe­rioden bleibt es also bei der Kürzung, die aus dem Zusam­men­spiel von Bench­marks auf Basis best verfüg­barer Techniken und der generellen Verrin­gerung des Budgets um 2,2% pro Jahr resul­tiert. Für die Anlagen, die weder als abwan­de­rungs­be­droht gelten, noch Fernwärme erzeugen, soll es ab 2026 ein Phase Out bei der kosten­losen Zuteilung geben.

Mit dieser Entscheidung entfällt ein in der Vergan­genheit stetiger Quell recht­licher Unsicherheit: In allen drei bishe­rigen Handel­s­pe­rioden war die anteilige Kürzung zur Budget­si­cherung der Höhe und teilweise auch dem Grunde nach umstritten. Diese Schlachten rund um die Frage, welche Zutei­lungen eigentlich in welcher Höhe einge­flossen sind. Ob die berech­nende Behörde sich nicht schon rein arith­me­tisch verrechnet hat und ob sie ihren Berech­nungsgang nicht vollständig hätte offen legen müssen. Welche Privi­le­gie­rungen („Early Action“ – erinnern Sie sich noch?) aus sozusagen grauer Vorzeit auf welche späteren Kürzungen noch anwendbar sind. Und ob Anlagen überhaupt in die richtige Kategorie einsor­tiert wurden oder vielleicht Kürzungen gar nicht unterfallen.

Belgien, Brüssel, Europäische Kommission, Architektur

Damit dürften nun die inhalt­lichen Voraus­set­zungen für die Zuteilung vorliegen. Nun muss „nur“ noch vollzogen werden. Wir sind also gespannt, wann die Bescheide bei den Betreibern eingehen. Da die Urlaubszeit vor der Tür steht, sollten Unter­nehmen darauf achten, dass auch in den Sommer­ferien in jedem Fall schnell analy­siert werden kann, ob Wider­spruch eingelegt werden muss, da hierfür eine Monats­frist nach § 70 Abs. 1 VwGO gilt.

Immerhin: Mit der antei­ligen Kürzung, dem ungeliebten CSCF, erübrigt sich für viele Unter­nehmen der Gang ins Wider­spruchs­ver­fahren. Doch dort, wo indivi­duelle Zutei­lungs­vor­aus­set­zungen im Streit stehen, wird der Emissi­ons­handel auch künftig die Gerichte beschäf­tigen (Miriam Vollmer).

 

 

2021-06-04T16:59:04+02:004. Juni 2021|Emissionshandel, Industrie, Strom, Umwelt, Verwaltungsrecht, Wärme|

Emissi­ons­handel: Zeitplan für die Zuteilung

Wenn ein Anlagen­be­treiber zu spät die Zuteilung von Emissi­ons­be­rech­ti­gungen beantragt, erlischt sein Zutei­lungs­an­spruch. Doch wenn die Europäische Kommission (KOM) sich drastisch verspätet, sind keine Konse­quenzen vorge­sehen. Zwar hat die KOM nun bekannt gegeben, dass es vor Beginn der 4. Handel­s­pe­riode keine Zuteilung geben wird. Irgend­welche weiteren Folgen sind damit aber, scheint’s, nicht verbunden:

Anders als in den bishe­rigen Handel­s­pe­rioden stehen die Bench­marks, auf denen die Zuteilung fußt, diesmal nicht von vornherein fest. Die KOM wird sie auf Basis der Antrags­daten berechnen, die die Anlagen­be­treiber im Sommer 2019 mitge­teilt haben. Dies ist bisher aber nicht geschehen, sondern soll nun erst im Februar 2021 statt­finden. Wie hoch die Abschläge von den bisher geltenden Bench­marks sein werden, ist damit immer noch offen. Der Korridor, den die Emissi­ons­han­dels­richt­linie formu­liert, ist mit minimal minus 0,2% pro Jahr bis maximal minus 1,6% pro Jahr so groß, dass selbst eine grobe Abschätzung der Zutei­lungshöhe aktuell kaum möglich ist. Dies belastet die Finanz­planung von Unter­nehmen erheblich.

Zwar soll in der nächsten Handel­s­pe­riode ein sektor­über­grei­fender Korrek­tur­faktor – also eine Kürzung, damit das Budget nicht überschritten wird – vermieden werden. Hierfür sind extra 3% Sicher­heits­re­serve im Budget vorge­sehen. Doch wenn das nicht reicht, wird es auch künftig eine solche Kürzung geben. Ob dies der Fall ist und wie hoch diese ausfällt, wird die KOM im 2. Quartal, also im nächsten Frühling, berechnen.

Wie hoch die Zutei­lungen sind, kann erst nach Abschluss dieser beiden offenbar sehr zeitin­ten­siven Zwischen­schritte berechnet werden. Wenn die Kürzung damit im späten Frühjahr fest steht, können die Mitglied­staaten also nicht vor dem Sommer aktiv werden. Selbst wenn sie die Zutei­lungen ansonsten „versand­fertig“ vorbe­reitet haben, ist mit Bescheiden nicht vor Juli, vielleicht August zu rechnen. Viele Anlagen­be­treiber würden die Bescheide dann also im Hochsommer erhalten und müssen dafür Sorge tragen, dass sie trotz Ferienzeit die VPS abrufen, um für den Fall der Fälle die Wider­spruchs­frist nicht zu versäumen (Miriam Vollmer)

2020-12-07T12:55:50+01:001. Dezember 2020|Emissionshandel|