Klima­wandel, Moorre­natu­rierung und Wasser­recht (II)

Graben in Norddeutschland

Graben in der Bremer Wümme­nie­derung (Foto: Olaf Dilling)

Vor kurzem hatten wir schon einmal über Klima­wandel und Moorschutz geschrieben. Dabei war von den recht­lichen Regeln des Wasser­ma­nage­ments in der Fläche die Rede. Im Folgenden werden wir kurz eine der zentralen Stell­schrauben für die Renatu­rierung von Mooren im Wasser­recht erläutern.

Bisher ist es so, dass Entwäs­serung durch Landwirt­schaft gegenüber Anstauen und Wieder­vernässen in gewisser Weise privi­le­giert ist. Zwar handelt es sich bei beiden Maßnahmen in der Regel um Benut­zungen von Gewässern, die nach § 8 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) geneh­mi­gungs­pflichtig sind. Denn nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 5 WHG sind beide Tätig­keiten als Benutzung definiert.

Aller­dings gibt es nach § 46 WHG auch erlaub­nis­freie Benut­zungen. Und nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 gibt es eine Ausnahme bei Ablei­tungen „für Zwecke der gewöhn­lichen Boden­ent­wäs­serung landwirt­schaftlich, forst­wirt­schaftlich oder gärtne­risch genutzter Grund­stücke“. Eine Erlaubnis oder Bewil­ligung ist nicht erfor­derlich, „soweit keine signi­fi­kanten nachtei­ligen Auswir­kungen auf den Wasser­haushalt zu besorgen sind“. Anders sieht es beim Stauen von Gräben oder anderen Fließ­ge­wässern aus. Hier ist immer eine Geneh­migung erfor­derlich: Insofern besteht ein Ungleichgewicht.

Aller­dings wird in einer Entscheidung des VG Magdeburg von 2018 überzeugend begründet, dass bei der Entwäs­serung von Moorböden solche „signi­fi­kanten nachtei­ligen Auswir­kungen auf den Wasser­haushalt“ in der Regel anzunehmen sind. Daher wäre auch hier grund­sätzlich eine Geneh­migung erfor­derlich. Dies nicht so sehr – wie in dem Fall von der Behörde argumen­tiert – weil Schad­stoffe direkter und damit durch das Torfsub­strat weniger gefiltert in den Vorfluter gelangen. Sondern, so das Gericht, weil sich der Moorboden durch die Entwäs­serung und den Kontakt mit Sauer­stoff zersetzt.

Das hat drei Folgen: Erstens wird die organische Substanz durch Mikro­or­ga­nismen „veratmet“, was zu den bekannten erheb­lichen CO2-Emissionen führt. Zweitens hat dies zur Folge, dass über Jahrtau­sende gespei­cherte Nährstoffe freiwerden, so dass auch die umlie­genden Gewässer stärker belastet werden. Und drittens kann der Boden sich über die Jahre erheblich absenken und an Speicher­fä­higkeit verlieren, was langfristig wiederum ungünstige Auswir­kungen auf den Wasser­haushalt haben kann. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung besonders auf die Freisetzung von Nährstoffen abgestellt. Daher war eine Geneh­migung der Drainage erfor­derlich. Außerdem war die Verpflichtung zum regel­mä­ßigen Messen von Schad­stoffen zumindest im Grundsatz gerechtfertigt.

Wir vermuten, dass die Erkenntnis der Geneh­mi­gungs­be­dür­figkeit der Dränage und Entwäs­serung von Moorböden in der Fläche bisher noch nicht so richtig angekommen ist. Dafür ist die Notwen­digkeit dieser Praxis einfach zu tief in der norddeut­schen Seele verwurzelt. Grade vor dem Hinter­grund von Klima­wandel und Trockenheit muss jedoch beachtet werden, dass die Entwäs­serung von Böden keine Selbst­ver­ständ­lichkeit ist. Auch sie bedarf rechtlich geregelter Rahmen­be­din­gungen, die auf ein umfas­sen­deres Wasser­ma­nagement abzielen, das ein Absenken des Grund­was­ser­spiegels verhindert (Olaf Dilling).

 

2021-06-23T17:07:32+02:0023. Juni 2021|Naturschutz, Umwelt, Verwaltungsrecht, Wasser|

Klima­an­passung: Was tun bei Wasserstress?

Auf längere Sicht betrachtet, hat sich das Verhältnis von Wasserd­ar­gebot, also der Menge verfüg­baren Trink­wassers, zur Wasser­nutzung in Deutschland positiv entwi­ckelt. Denn seit den 1990er Jahren ist die Wasser­nutzung durch Einspa­rungen stark zurück­ge­gangen. Die letzten Sommer haben aber gezeigt, dass sich dieser Trend keineswegs fortsetzen muss. Im Gegenteil gilt als einer der entschei­denden Punkte bei der Klima­an­passung auch der Umgang mit Wasser. Denn längere Perioden von Trockenheit oder Hitze im Sommer lassen die Wasser­vorräte relativ schnell schwinden: Einer­seits gibt es dann typischer­weise wenig Nieder­schlag. Anderer­seits steigt der Verbrauch, um die mangelnden Nieder­schläge durch Bewäs­serung oder Befüllung von Schwimm­bädern zu kompensieren.

Zumindest regional kann es dann zu Engpässen kommen, dem sogenannten Wasser­stress. Ein paar Beispiele gab es in den letzten Sommern dafür schon. So wurde 2018 etwa die Nutzung von Fluss­wasser zur Kühlung von Kraft­werken einge­schränkt. Mancherorts, etwa im Landkreis Stade, gab es auch schon Ausfälle der Trink­was­ser­ver­sorgung, auf die mit Nutzungs­ver­boten für bestimmte Zwecke, etwa das Bewässern von Rasen­flächen oder das Befüllen von Swimming Pools reagiert wurde.

Da stellt sich die Frage: Kann die Nutzung von Wasser so ohne Weiteres verboten werden? Wie immer kommt es auch bei dieser Rechts­frage darauf an:

#Wenn das Wasser vom lokalen Versorger über die Trink­was­ser­leitung bezogen wird, richtet sich das Verbot nach der Verordnung über Allge­meine Bedin­gungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV). Darin heißt es in § 22 Abs. 2 Satz 2, dass die Verwendung zur Sicher­stellung der allge­meinen Wasser­ver­sorgung für bestimmte Zwecke beschränkt werden kann.

#Bei der Nutzung von Kühlwasser für Kraft­werke ist oft bereits in der Geneh­migung als Auflage geregelt, dass das Wasser nicht höher erhitzt werden darf, als eine bestimmte vorge­gebene Tempe­ratur (z.B. 30°C). Daher müssen Kohle- oder Atomkraft­werke in Hitze­sommern oft herun­ter­ge­fahren werden.

#Wenn es um die direkte Nutzung von Wasser aus Oberflä­chen­ge­wässern geht, fällt sie unter Umständen unter den Gemein­ge­brauch, der nach § 25 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) durch den Landes­ge­setz­geber definiert wird. In der Regel fällt darunter nur das Schöpfen von Wasser mit Handge­fäßen, so etwa nach § 32 Nieder­sä­chi­sches Wasser­gesetz (NWG). Insofern hat die Wasser­nutzung aufgrund von Gemein­ge­brauch eher histo­rische Bedeutung. Einschrän­kungen aufgrund von Wasser­knappheit spielen heute eine geringe Rolle.

#Aktuell gibt es Überle­gungen, in Hitze­pe­rioden die Bewäs­serung von urbanen Grünflächen effizi­enter zu handhaben. Dafür soll gesam­meltes Regen­wasser oder bereits für andere Zwecke gebrauchtes, gering verschmutztes Wasser genutzt werden. An sich eine gute Idee. Aller­dings muss dabei sicher­ge­stellt werden, dass das Wasser keine Schad­stoffe oder Keime enthält. Das heißt, wie so oft steckt die Tücke im Detail (Olaf Dilling).

2020-09-30T20:42:46+02:0030. September 2020|Umwelt, Wasser|

Wasser­recht: Die übergangene Richtlinie

Dass bei der Planung von Bundes­au­to­bahnen auch wasser­recht­liche Fragen eine Rolle spielen, dürfte nachvoll­ziehbar sein. Denn immerhin ist mit dem Bau ein starker Eingriff in das Grund­wasser und zahlreiche Oberflä­chen­ge­wässer verbunden. Zudem wird eine erheb­liche Fläche Boden versiegelt, so dass sich bei Regen Nieder­schlags­wasser sammelt, das nach § 54 Wasser­haus­halts­gesetz (WHG) auch als Abwasser zu werten und zu behandeln ist.

Dass aller­dings auch die europäi­schen Vorgaben des Wasser­rechts zu beachten sind, ist noch nicht so klar. Insbe­sondere die Wasser­rah­men­richt­linie (WRRL) macht insofern strengen Vorgaben bezüglich der Verschlech­terung des Gewäs­ser­zu­stands. Aus einer Entscheidung des Europäi­schen Gerichtshofs (EuGH) zur Weser­ver­tiefung von 2015 ergibt sich nämlich das Erfor­dernis: Vor der Geneh­migung von belie­bigen Projekten, die sich auf einzelne Wasser­körper auswirken, muss eine Überprüfung anhand bestimmter europa­rechtlich vorge­ge­benen Kriterien stattfinden.

In Bezug auf den Bau der Autobahn A 49 in Hessen hat das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) nun aber entschieden, dass die Anfor­de­rungen doch nicht so hoch sind: In dem entschie­denen Fall wurden die Anfor­de­rungen der WRRL im Planfest­stel­lungs­be­schluss  noch nicht berück­sichtigt. Dennoch hat das Gericht die Klage dagegen abgewiesen. Denn die „flexiblen Regeln des deutschen Wasser­haus­halts­ge­setzes“ würden hinrei­chend Möglichkeit bieten, um die wasser­recht­lichen Vorgaben des Unions­recht letzt­endlich einzu­halten (Olaf Dilling).

2020-06-30T18:27:16+02:0030. Juni 2020|Umwelt, Verkehr, Wasser|