Vertrieb: Referentenentwurf „Faire Verbraucherverträge“
Das Bundesjustiziministerium (BMJV) hat am vergangenen Freitag einen Entwurf für ein „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ vorgelegt, der sich auch auf den Energievertrieb auswirken soll. Zwar ist der Referentenentwurf noch nicht innerhalb der Bundesregierung abgestimmt, und natürlich kann sich auch im Gesetzgebungsverfahren noch viel ändern, doch der Entwurf zeigt schon recht deutlich, wohin die Reise geht.
Zwei neue Absätze im § 312c sollen Verbraucher im telefonischen Direktmarketing mit Gas oder Strom vor den schwarzen Schafen der Branche schützen. Hier gibt es derzeit immer wieder Fälle, in denen im Nachhinein behauptet wird, der Kunde hätte am Telefon den Stromversorger gewechselt, dabei wollte er nur Informationsmaterial. Oder der Kunde wurde schlicht überrumpelt und manchmal mit irreführenden Behauptungen zur Bestellung verleitet. Von der Behauptung, der Anrufer sei vom Stadtwerk und es ginge nur um einen Wechsel des Tarifs, über die Lüge, das Stadtwerk sei insolvent bis hin zu völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen über das Sparpotential eines Versorgerwechsels ist uns hier schon alles begegnet.
Zwar gibt es schon heute die Möglichkeit, bei Fernabsatzverträgen nachträglich zu widerrufen. Allerdings ist das bei vielen Verbrauchern nicht bekannt und natürlich auch mit Aufwand verbunden. Oft hängt der Verbraucher dann für mehrere Jahre bei einem unter Umständen gar nicht so günstigen Energiedirektvermarkter fest. Wir kennen sogar Fälle, in denen ein grundversorgter Kunde nach dem Wechsel im Ergebnis teurer versorgt wurde als zuvor. Dem soll die neue Regelung in § 312c Abs. 3 und 4 BGB begegnen. Hiernach ist ein Strom – oder Gasliefervertrag nur dann wirksam wenn der Verbraucher den Vertrag in Textform genehmigt, nachdem ihm der Unternehmer den Inhalt des Vertrages auf einem „dauerhaften Datenträger“ übermittelt hat. Zu deutsch: Nach dem Telefonat bekommt der neue Kunde den Vertrag zugeschickt. Wenn der Verbraucher ihn dann nicht genehmigt, sich etwa gar nicht mehr meldet, findet kein Versorgerwechsel statt.
Für den Direktvertrieb am Telefon interessant ist auch ein neuer § 7a UWG, der neu eingefügt werden soll. Hier soll geregelt werden, dass die vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung in angemessener Form dokumentiert und die Dokumentation für fünf Jahre aufzubewahren ist. Dies wird viele Wettbewerbsprozesse deutlich abkürzen, denn oft steht heute Aussage gegen Aussage, wer hier wem in was eingewilligt hat.
Der Entwurf dürfte nicht nur von Verbraucherschutzverbänden begrüßt werden. Auch die örtlichen Energieversorger dürften davon profitieren, dass ihnen nicht die oft aggressiven Direktvermarkter immer wieder mit teilweise hanebüchenen Behauptungen Kunden per Telefon abspenstig machen. Wer selbst mit seriösen Direktvermarktern seine Reichweite vergrößern möchte, sollte sich mit den Änderungen natürlich ebenfalls vertraut machen, um nicht versehentlich durch überholte Prozesse die Wirksamkeit von Versorgerwechseln zu gefährden oder Aufbewahrungspflichten zu verletzen (Miriam Vollmer).