Es ist bekanntlich verboten, Verbraucher ohne deren vorherige ausdrück­liche Einwil­ligung anzurufen, um ihnen etwas zu verkaufen. Das steht in § 7 Abs. 2 Nummer 2 des Gesetzes gegen den unlau­teren Wettbewerb (UWG).

Das UWG sieht in solchen Fällen zwei denkbare Konse­quenzen vor. Zum einen können Wettbe­werber abmahnen und, wird keine Unter­las­sungs­er­klärung abgegeben, eine gericht­liche Unter­las­sungs­ver­fügung herbei­führen. Wenn der Misse­täter noch einmal unerlaubt zum Hörer greift, kann dann ein Ordnungsgeld beantragt werden. Doch auch die öffent­liche Hand muss nicht tatenlos zusehen. § 20 Abs. 1 Nummer 1 UWG erklärt solche Verstöße zu Ordnungs­wid­rig­keiten. Abs. 2 sieht eine Geldbuße von bis zu 300.000 € vor.

Jetzt hat die für die Verhängung der Bußgelder zuständige Bundes­netz­agentur (BNetzA) erstmals den Bußgeld­rahmen voll ausge­schöpft. Zuvor hatten sich mehr als 6000 Verbraucher über die ENERGYs­parks GmbH beschwert. Das Unter­nehmen hatte telefo­nisch für einen Wechsel des Strom-und Gasver­sorger geworden. Die Anrufer wurden auch uns gegenüber als selbst für dieses robuste Gewerbe ausge­sprochen aggressiv geschildert: Offenbar wurden viele Verbraucher immer wieder angerufen, sie wurden teilweise beleidigt, bedroht, und die von der ENERGYs­parks GmbH gekauften Adress­daten waren wohl auch nicht hinrei­chend mit Einwil­li­gungen unterlegt.

Wie nun bekannt wurde, will das Unter­nehmen Einspruch einlegen. Der Rechts­anwalt des Direkt­ver­markters teilt mit, Wettbe­werber des Unter­nehmens hätten die Telefonate im Namen des Unter­nehmens durch­ge­führt. Doch ist so etwas wirklich wahrscheinlich? Es ist bekannt, dass die meisten Verbraucher sich auch nach ausge­sprochen ärger­lichen Telefo­naten zwar aufregen, aber es muss eine Menge passieren, damit der Verbraucher sich an die BNetzA wendet. Allein die Kosten, so viele Verbraucher anzurufen, um für die ENERGYs­parks GmbH zu werben, dabei absichtlich belei­digend und bedrohend aufzu­treten, bis 6.000 Beschwerden einge­gangen sind, dürften horrend sein. Man hat, wie der Volksmund sagt, schon Pferde vor der Apotheke kotzen sehen, aber ein solches Pferd und eine solche Apotheke können wir uns kaum vorstellen.

Der Anwalt der ENERGYs­parks GmbH meint weiter, das Unter­nehmen hätte sich gar keine Kontakt­daten von unseriösen Adress­händlern beschafft, sondern eine „zentral angelegte Adress­da­tenbank“ genutzt. Uns ist eine solche Einrichtung ja nicht bekannt. Was er wohl meint? Offenbar ist ihm nicht klar, wie anspruchsvoll die Anfor­de­rungen an eine wirksame Einwil­ligung sind. Es gibt schon deswegen keine zentral angelegten Adress­da­ten­banken, bei denen sich jeder, der für irgendein Produkt werben will, frei bedienen kann. Einwil­li­gungs­er­klä­rungen müssen klar erkennen lassen, welche Produkte oder Dienst­leis­tungen welcher Unter­nehmen konkret erfasst sind. Dies hat der BGH am 14.3.2017 (VI ZR 721/15) für E‑Mail-Werbung unter­strichen, und es spricht alles dafür, dass das natürlich auch für Telefon­anrufe gilt. Schon deswegen ist es schwer vorstellbar, dass sich das Unter­nehmen mit seiner Rechts­an­sicht durchsetzt.

Was passiert also nun? Der Einspruch wird bei der BNetzA eingelegt. Wenn diese den Bußgeld­be­scheid aufrecht erhält, wird über die Staats­an­walt­schaft das Amtsge­richt Bonn aktiv. Dieses kann entweder durch Beschluss ohne oder mit Urteil nach einer Haupt­ver­handlung entscheiden, ob es bei dem außer­or­dentlich hohen Bußgeld bleibt. Gegen Urteil und Beschluss in dieser Sache ist schon wegen der Höhe des Bußgeld die Rechts­be­schwerde zum Oberlan­des­ge­richt eröffnet.