CO2-Steuer mit Köpfchen
Bundesumweltministerin Svenja Schulze brachte vor ein paar Tagen die CO2-Steuer ins Gespräch. Wolfgang Schäuble hat sich ebenfalls verhalten zustimmend geäußert. Viele seiner Parteigenossen setzen dagegen eher auf eine Ausweitung des Emissionshandels. Sie verweisen damit auf die EU, die dafür dann ja zuständig wäre und vermutlich ein paar Jahre brauchen würde, jedenfalls bis zur nächsten Legislaturperiode. Demnächst soll das neu berufene Klimakabinett tagen und will vermutlich bald Ergebnisse präsentieren, auch zu dieser Frage. Es könnte also spannend werden.
Inzwischen gab es ein Gastbeitrag von Sigmar Gabriel im Tagesspiegel zum Thema CO2-Steuer. Die Überlegungen von Gabriel stellen die Kernfrage, wie sich nämlich ökologischer Fortschritt mit sozialem Ausgleich verträgt. Durch die Erhebung auf fossile Brennstoffe sei die Steuer relativ einfach und unbürokratisch zu erheben. Die derzeit vom Umweltministerium ins Spiel gebrachten 20 Euro pro Tonne CO2 seien auf Dauer aber nicht genug, um das Klimaziel 2030 zu erreichen. Gabriel spricht etwas süffisant von einem „niedrigschwelligen Einstiegsangebot“, das kontinuierlich bis auf 200 Euro ansteigen müsse.
Tatsächlich sind 20 Euro pro Tonne CO2 zunächst einmal ein fast symbolischer Betrag, wenn es um den Verkehrssektor geht. Der Benzinpreis einer Autofahrt in einem 6‑l-Wagen von Berlin nach München, derzeit bei etwas über 40 Euro, würde sich laut Agora Verkehrswende um ca. 1,70 Euro verteuern. Ein Betrag, der als Trinkgeld in besseren Restaurants fast eine Beleidigung wäre. Angesichts der üblichen Ölpreisschwankungen würde er kaum auffallen. Anders sähe es natürlich aus, wenn die Steuer tatsächlich auf 200 Euro pro Tonne CO2 ansteigen würde. Das wäre für viele Bürger dann sehr schmerzhaft.
Hier kommen Gabriels Überlegungen zum Tragen: Er schlägt vor, die CO2-Steuer durch Rückzahlungen sozial abzufedern. Das ist grundsätzlich nichts Neues, dennoch enthält der Vorschlag einige interessante Details. Das gesamte Steueraufkommen soll in seinem Modell als gleichmäßig verteilte „Kopfprämie“ an jeden erwachsenen oder minderjährigen Bürger gezahlt werden. Idealerweise wird es nicht zurückgezahlt, sondern vorgestreckt, bevor die Steuer erhoben wird. Dies würde in mehrfacher Hinsicht für Umverteilung und erhöhte Binnennachfrage sorgen. Zum einen, weil Liquidität erhöht, nicht verringert wird. Zweitens, weil kinderreiche Familien durch die Kopfprämie begünstigt würden. Und nicht zuletzt, weil wohlhabende Leute häufig mehr CO2 ausstoßen als Leute, die ohnehin sparen müssen.
Allerdings gibt Gabriel zu, dass von der Steuer auch Berufspendler, Mieter in schlecht gedämmten Häusern und die Landbevölkerung stark betroffen wären. Also häufig nicht gerade die Reichsten. Hier sollen ÖPNV, Energiesparmaßnahmen, verbrauchsarme Autos und Wärmedämmung gefördert werden. Allerdings warnt er davor, das über die Steuer eingenommene Geld auch noch dafür zu verwenden: Darunter würde die eindeutige Botschaft leiden, dass der Staat es diesmal ernst meint mit der Verbindung von Klimapolitik und gerechter Verteilung. Sonst ist es wie so oft, dass mit steigendem Steueraufkommen, das „mit der Gießkanne“ verteilt wird, auch die Staatsaufgaben gleichmäßig wachsen.