Bewoh­ner­parken: Keine Ausnahme für Anwalt

Die Einrichtung von Bewoh­ner­park­ge­bieten soll nach der bishe­rigen Logik der StVO Bewohnern das Parken erleichtern. Insofern ist es konse­quent, die Ausnahmen für andere Anlieger, etwa in dem Gebiet tätige Gewer­be­trei­bende und Freibe­rufler restriktiv zu handhaben. Dies wird in einer jüngeren Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts (VG) Hamburg deutlich.

Ein Anwalt mit Kanzlei im Bewoh­ner­park­gebiet hatte eine Ausnah­me­ge­neh­migung beantragt, um weiter kostenfrei in dem Gebiet in Alsternähe parken zu können. Nachdem ihm die Geneh­migung versagt wurde, klagte er mit dem Ziel, dass die Behörde über seinen Antrag erneut entscheidet. Aus den Sachverhalt geht hervor, dass der Anwalt inzwi­schen Einspruch gegen die stolze Anzahl von 300 Bussgeld­be­scheiden eingelegt hat und dass das tägliche Lösen eines 10 Euro teuren Parkti­ckets für ihn nicht in Frage kommt. Er machte weiterhin geltend, dass die Einrichtung des Bewoh­ner­park­ge­biets aus seiner Sicht rechts­widrig sei, da die Parksi­tuation entspannt sei und die Zone eigentlich aus rechtlich unzuläs­sigen Umwelt­schutz­gründen einge­führt worden sei.

Das Gericht wies die Klage ab. Das VG befasst sich vorab mit dem Rechts­schutz­be­dürfnis des Klägers: Da er als hartnä­ckiger Parksünder beständig gegen die Parkvor­schriften verstoße, stehe seine Eignung zum Führen von Kraft­fahr­zeugen in Frage. Solange er die Fahrerlaubnis innehabe, könne der Anwalt aber auch noch klagen.

Was die inhalt­liche Begrün­detheit angeht, stellt das Gericht klar, dass die Beantragung einer Ausnah­me­ge­neh­migung ein Verbot geradezu voraus­setzt, denn ohne dieses wäre die Ausnahme nicht erfor­derlich. Daher geht die Argumen­tation des Anwalts ins Leere, dass die Einrichtung der Bewoh­ner­park­re­gelung ohnehin nicht rechtens sei. 

Die Rechts­grundlage für die Erteilung einer straßen­ver­kehrs­recht­lichen Ausnahme gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO enthält keine klar definierten tatbe­stand­lichen Voraus­set­zungen. Dadurch hat die Straßen­ver­kehrs­be­hörde einen weiten Ermes­sens­spielraum, muss aber in Abgrenzung von durch­schnitt­lichen Nutzungen des Parkraums soll beson­deren Ausnah­me­si­tua­tionen Rechnung getragen werden, die eine unbillige Härte zur Folge hätten. Hier sei nicht ersichtlich, dass die Behörde den Ermes­sens­spielraum überschritten hätte. Das Ziel der Parkraum­be­wirt­schaf­tungs­maß­nahme sei nur zu erreichen, wenn Freibe­rufler und Gewer­be­trei­bende nur zurück­haltend in die Parkbe­vor­rech­tigung einbe­zogen würden. Anderen­falls gehe dies so sehr zu Lasten der Bewohner, dass der Zweck vereitelt wird. Da die Parkraum­be­wirt­schaftung auch keinen objektiv berufs­re­gelnden Charakter hat, kann sich der Anwalt auch nicht auf die Berufs­freiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG berufen.

Die Entscheidung zeigt, dass die Behörden bei der Erteilung von Ausnah­me­ge­neh­mi­gungen nach § 46 StVO einen weiten Beurtei­lungs- und Ermes­sens­spielraum haben. (Olaf Dilling)

2023-12-22T11:49:48+01:0022. Dezember 2023|Verkehr, Verwaltungsrecht|

Parken in Einbahn­straßen mit Radgegenverkehr

In vielen inner­städ­ti­schen Tempo-30-Zonen ist in den Einbahn­straßen der Radverkehr in Gegen­richtung freige­geben. Seit einer Novelle der StVO im Jahr 1999 ist es sogar so, dass die Freigabe in Straßen mit wenig Verkehr angeordnet werden soll.

Was oft nicht bekannt ist: Die weitere Voraus­setzung dafür ist nach der Verwal­tungs­vor­schrift, dass genug Platz für den Begeg­nungs­verkehr vorhanden ist. Laut Verwal­tungs­vor­schrift sollen das, wenn in der Straße mit Buslinien- oder stärkerem Lkw-Verkehr zu rechnen ist, mindestens 3,50 m sein.

Einbahnstraßenschild

Die ausrei­chende Begeg­nungs­breite ist vor allem dann häufig nicht gegeben, wenn die Fahrbahn durch parkende Kraft­fahr­zeuge verengt ist. Dann verbleibt in vielen Straßen nämlich nur die Mindest­breite von gut 3 m, die nötig ist, damit eine Fahrbahn auch gefahrlos von Einsatz­fahr­zeugen der Feuerwehr passiert werden kann. Je nach örtlichen Gegeben­heiten ist ein gefahr­loses Passieren dann nicht mehr möglich. Da es oft zwischen Fahrrad­fahrern und parkenden Kfz zu Kolli­sionen kommt, weil Fahrer oder Beifahrer die Türen unver­mittelt öffnen, muss ein Sicher­heitsraum zwischen parkenden Fahrzeugen und Fahrrad­fahrern einge­plant werden, der von den gut drei Metern noch abgeht. Zumindest müssen an solchen Straßen dann in regel­mä­ßigen Abständen ausrei­chend große Begeg­nungs­stellen einrichtet werden, in die Fahrzeuge ausweichen können.

Zudem ist die Anordnung von Parkplätzen oder die Duldung von parkenden Fahrzeugen nicht recht­mäßig, soweit dadurch die notwendige Begeg­nungs­breite einge­schränkt wird. In einem Urteil des Verwal­tungs­ge­richts (VG) Freiburg von 2021 wird dies näher begründet. In dem zu entschei­denden Fall ging es darum, dass ein Anwohner vor seiner Garagen­ein­fahrt aber außerhalb der eigens markierten Parkplätze aufge­setzt geparkt hatte. In diesem Bereich war durch die Unter­bre­chung der Parkmar­kie­rungen eine Ausweich­fläche geschaffen worden.

Der Kläger hatte dort seit Jahren geparkt, bis er mehrmals Verwar­nungs­gelder zahlen musste. Daraufhin stellte er einen Antrag auf Ausnah­me­ge­neh­migung gemäß § 46 StVO. Dieser wurde ihm von der zustän­digen Straßen­ver­kehrs­be­hörde zunächst mit der Begründung verweigert, dass das Parken auf Zufahrten gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO auch für die Berech­tigten verboten sei. Das VG hat dies zwar verneint: Die Vorschrift schütze allein den Berech­tigten. Die Anordnung der Freigabe der Einbahn­straße für den Fahrrad­verkehr würde jedoch bedingen, dass nunmehr „für den Fahrverkehr auf der Fahrbahn eine Breite von in der Regel 3,5 m, mindestens jedoch 3 m mit ausrei­chenden Ausweich­mög­lich­keiten, vorhanden“ sei. Deshalb sei es nicht möglich, dem Kläger das Parken auf (und vor) seiner Zufahrt zu erlauben. (Olaf Dilling)

2023-06-30T14:19:33+02:0029. Juni 2023|Allgemein, Rechtsprechung, Verkehr, Verwaltungsrecht|

Freiburger Parkge­büh­ren­satzung

Die Stadt Freiburg hat vergan­genes Jahr eine Parkge­büh­ren­satzung erlassen, die Eigen­tümer großer Fahrzeuge überpro­por­tional höher finan­ziell belasten sollte. Diese Maßnahme ist nun vom Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt (BVerwG) kassiert worden, nachdem der Normen­kon­troll­antrag des Bewohners einer Freiburger Bewoh­ner­parkzone vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof zunächst erfolglos geblieben war.

SUV in Nahansicht

Dass das BVerwG nun anders entschieden hat, hat zum einen formelle Gründe, denn nach Auffassung des BVerwG ermächtige § 6a Abs. 5a StVG ausschließlich zum Erlass einer Rechts­ver­ordnung (im Wortlaut des Gesetzes „Gebüh­ren­ordnung“). Zudem hat aber auch die innovative Freiburger Regelung das BVerwG nicht überzeugt, nach der Abhängig von der Länge der Kfz erheblich höhere Gebühren gezahlt werden müssen. So zahlen Bewohner je nach Länge des Fahrzeugs 240 € (bis 4,20 m), 360 € (von 4,21 bis 4,70 m) oder 480 € (ab 4,71 m), so dass für längere Fahrzeuge überpro­por­tional mehr gezahlt werden muss.

Dieser Stufen­tarif verletze den allge­meinen Gleich­heitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da die erheb­lichen Gebüh­ren­sprünge den unter­schied­lichen Vorteil je nach Fahrzeug­länge nicht mehr angemessen abbil­deten. Für eine Ermäßigung den Erlass der Gebühren aus sozialen Gründen fehle es darüber hinaus an einer Rechts­grundlage, denn nach der aktuellen Geset­zes­grundlage § 6a Abs. 5a StVG dürften nur Kosten­de­ckung und Vorteils­aus­gleich berück­sichtigt werden.

Unbestandet blieb indes die Höhe der Regel­gebühr, die 360 Euro beträgt. Ingesamt zeigt die Entscheidung, dass die Spiel­räume der Kommunen, über Parkge­bühren lenkend auf die Größe und Zahl der Kfz einzu­wirken, bislang begrenzt sind. Denn eine rein an Kosten­de­ckung und Vorteils­aus­gleich orien­tierten Regelung dürfte entweder dazu führen, dass einkom­mens­schwache und auf das Kfz angewiesene Menschen sich die Gebühr nicht leisten können oder dass bei einkom­mens­starken Menschen mit einem Faible für protzige SUVs die Anreiz­wirkung nicht greift. (Olaf Dilling)

2023-06-14T21:41:05+02:0014. Juni 2023|Verkehr|