Ein neuer Anlauf für mehr Mieterstrom

Ist eigentlich irgendwer mit dem Klima­paket zufrieden? Wenn die Reaktionen der Verbands­land­schaft die der Wirtschaft einiger­maßen 1:1 abbilden, ist quasi jede Branche  enttäuscht von dem Paket, das die Bundes­re­gierung geschnürt hat. Und im ZDF-Polit­ba­ro­meter geben nur 20% an, das Paket sei genau richtig. Alle anderen finden es zu weitgehend (13%) oder nicht weitgehend genug (53%).

Die Unzufrie­denheit betrifft nicht nur das große Thema CO2-Preis. Sondern auch die vielen kleinen, aber am Ende vielleicht entschei­denden einzelnen Instru­mente. Unter anderem haben sich viele – wir auch – konkrete Verbes­se­rungen beim Thema Mieter­strom gewünscht. Die Belie­ferung von Mietern mit Solar­strom vom Dach ihres Wohnhauses ist nämlich bisher alles andere als ein Erfolg. Dabei ist die Grundidee überzeugend: Der Mieter zahlt maximal 90% des Grund­ver­sor­ger­preises, und weil der Strom vor Ort bleibt und nicht das Stromnetz belastet, fallen keine Netzent­gelte an, und damit entfallen auch einige netzseitige Umlagen. Zusätzlich zu diesen Vorteilen gibt es noch einen flexiblen Zuschlag für die Anlagen, die maximal 100 kW aufweisen dürfen und nach dem 24. Juli 2017 in Betrieb gegangen sein müssen (ausführ­licher haben wir den Mieter­strom­zu­schlag hier beschrieben).

Trotz dieser gute Idee wurde bisher kaum ein Mieter­strom­projekt umgesetzt. Warum? Zu viel Bürokratie und Behin­de­rungen bei Quartier­strom­mo­dellen, die über das einzelne Haus hinaus­gehen. Die Kürzung der Vergütung für Solar­an­lagen auf Dächern hat den Zuschlag zudem so weit reduziert, dass Anlagen sich meistens nicht mehr rechnen.  Bisherige Versuche, das Modell zu refor­mieren, blieben erfolglos.

Sieben Verbände – darunter der bne und die DUH, aber auch Verbände der Wohnungs­wirt­schaft –  haben sich nun zusam­men­getan, um dies zu ändern. Sie fordern eine Reihe von Reformen, um den Mieter­strom endlich auf die Spur zu setzen:

Zunächst soll für Mieter­strom keine EEG-Umlage mehr anfallen. Weiter soll wohl gesetzlich festgelegt werden, dass ein erheb­licher Teil der Erspar­nisse tatsächlich die Mieter erreicht, auch die, die nicht Mieter­strom beziehen. Hier ist nicht ganz klar, wie dies praktisch aussehen soll. Gefordert wird weiter eine Ausweitung auf Quartiers­mo­delle, also Nachbar­schaften. Dies ist ausge­sprochen sinnvoll, weil die heute geltenden Beschrän­kungen Mieter­strom­mo­delle praktisch nur dort zulassen, wo sie kaum wirtschaftlich betrieben werden können. Mehr Modelle ermög­lichen soll auch eine weitere Definition des gesetzlich gefor­derten „unmit­tel­baren räumliche Zusam­men­hangs“, der heute viele an sich attraktive Modelle verhindert.

Gefordert wird weiter eine Reform der gewer­be­steu­er­lichen Regelungen, die sich prohi­bitiv auswirken. Die Geneh­migung soll in zwei Monaten ergehen, und Dritte sollen als Contractor auftreten können.

Insgesamt ein rundes Paket. Viel spricht dafür, dass seine Umsetzung tatsächlich dazu führen würde, dass das Aufdach­po­tential bei vermie­teten Wohnge­bäuden besser genutzt werden könnte. Hier ist nun die Bundes­re­gierung am Zug, bei ihrer Umsetzung des Klima­pakets die Vorschläge, die so ähnlich auch schon andere Verbände wie der VKU geäußert haben, aufzugreifen.

2019-09-27T13:20:05+02:0027. September 2019|Erneuerbare Energien, Strom|

Warten auf den BGH: Was wird aus Mieterstrommodellen?

Nach wie vor sieht es danach aus, als ob 2019 nicht das Jahr der Mieter­strom­mo­delle würde, also dezen­traler Versor­gungs­mo­delle, bei denen Gebäude mit vor Ort erzeugter grüner Energie versorgt werden.

Eine maßgeb­liche Ursache für den schlep­penden Fortschritt ist die allzu enge Auslegung des Begriffs der Kunden­anlage in § 3 Nr. 24a EnWG. Mieter­strom wird nämlich nur über Kunden­an­lagen, nicht über „richtige“ Netze geliefert. In der zitierten Norm ist die Kunden­anlage deswegen recht detail­liert, aber ohne zahlen­mäßige Grenze definiert. Chroni­scher Stein des Anstoßes: Nur wettbe­werblich unbedeu­tende Struk­turen können danach Kunden­an­lagen sein. Aber wann ist das der Fall?

Nach Ansicht des OLG Frankfurt liegen – wir berich­teten – schon bei 100 Anschlüssen keine Kunden­anlage mehr vor. Das energie­rechtlich bekanntlich besonders wichtige OLG Düsseldorf hat zumindest bei rund 500 Wohnungen eine Kunden­anlage verneint. Diese Diffe­ren­zierung ist alles andere als rein akade­misch: Wenn Versor­gungs­lei­tungen nämlich nicht als Kunden­an­lagen einge­ordnet werden, müssen auf den innerhalb der Struktur gelie­ferten Strom Netzent­gelte und einige netzseitige Umlage gezahlt werden. Dann sind Mieter­strom­mo­delle regel­mäßig nicht mehr wirtschaftlich.

Nun will eine Bürger­en­er­gie­ge­sell­schaft noch einmal das OLG Düsseldorf bemühen und notfalls den BGH anrufen. Sie geht gegen einen Beschluss der Bundes­netz­agentur vor, die ein Projekt mit nur 143 Wohnein­heiten nicht mehr als Kunden­anlage betrachtet hat. Parallel versuchen die in zweiten Instanzen unter­le­genen Unter­nehmen, die die Einordnung als Kunden­anlage verfolgen, schon jetzt vom Bundes­ge­richtshof (BGH) doch noch eine günstigere Auskunft zu erhalten. Doch der BGH urteilt selten schnell. Damit steht zu befürchten, dass aus dem erhofften Beitrag von Mieter­strom­mo­dellen für die Energie­wende zumindest in näherer Zukunft nichts wird. Dies ist nicht nur für die Unter­nehmen bedau­erlich, die ein inter­es­santes Geschäftsfeld nicht ausbauen können. Die Entlastung der vorge­la­gerten Netze und die ortsnahe, dezen­trale Versorgung mit grüner Energie sollte ein wichtiger Baustein der Energie­wende werden, aktuell kann sich das aber keiner leisten. 

Aktuell heißt es also: Warten auf den BGH

2019-05-10T12:04:14+02:0010. Mai 2019|Strom, Umwelt|

Schade, schade: Das Energie­sam­mel­gesetz und der Mieterstrom

Schön wär’s gewesen: Wegen allzu viel Bürokratie und Hemmnissen bei Versor­gungs­mo­dellen im Quartier gibt es bisher weniger Mieter­strom­mo­delle, als erhofft. Dabei wollte der Gesetz­geber des Mieter­strom­ge­setzes gleich zwei Fliegen mit einer Klappe erwischen. Zum einen sollte endlich auch einmal der Mieter von Solar-Aufdach­an­lagen profi­tieren, indem er verbilligt Strom bezieht und einige Umlagen und die Netzent­gelte spart. Zum anderen sollten die erheb­lichen Ausbau­po­ten­tiale für Photo­voltaik auf Dächern endlich erschlossen werden. Einen Mieter­strom­zu­schlag sieht das Gesetz auch vor.

Leider erwies sich das Modell nicht als erfolg­reich. Zu bürokra­tisch, wurde bemängelt. Zudem urteilten Gerichte, dass die wirtschaftlich und technisch besonders reizvollen größeren Quartiers­lö­sungen „zu groß“ seien, um als Mieter­strom­mo­delle zu gelten. Viele poten­tielle Vorha­ben­träger wurden so abgeschreckt.

Die Hoffnungen ruhten auf dem Gesetz­geber. Dieser sollte das Gesetz verein­fachen und den Boden für mehr und bessere Modelle bereiten. Angesichts dieser Erwar­tungen war die Enttäu­schung um so größer, als der Kabinetts­entwurf des Energie­sam­mel­ge­setzes nicht nur keine der Kritik­punkte anging. Sondern vielmehr die Bedin­gungen für Mieter­strom­mo­delle deutlich verschlech­terte. Insbe­sondere die Kürzung der Vergütung für größere Photo­voltaik-Dachan­lagen von 40 bis 750 kWp ab Januar um 20 Prozent von den bishe­rigen 10,36 Cent auf 8,33 Cent je Kilowatt­stunde wurde intensiv kriti­siert, da sich die Höhe der EEG-Vergütung direkt auf den Mieter­strom­zu­schlag auswirkt.

Im Gesetz­ge­bungs­prozess bleibt es nun leider bei einer Verschlech­terung, nur nicht so schnell und nicht so intensiv. Der pauschale Abzug vom Mieter­strom­zu­schlag soll mit nur 8 ct. geringer ausfallen. Die EEG-Vergütung für diese Größen­klasse soll nicht um 20%, sondern „nur“ um 15% gekürzt und zeitlich gestreckt werden: Die Vergütung für diese Anlagen wird ab Februar 2019 auf zunächst 9,87 Cent, ab März 2019 auf 9,39 und ab April auf 8,90 Cent abgesenkt werden.

Mehr Mieter­strom­mo­delle wird es damit wohl eher nicht geben.

2018-11-30T08:24:53+01:0030. November 2018|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom|