Verspätete Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen 2017/1442
Der Mechanismus der Industrieemissionsrichtlinie (IED) 2010/75/EU ist eigentlich klar: Alle acht Jahre werden die geltenden Grenzwerte für große Feuerungsanlagen mit 50 MW Feuerungswärmeleistung (FWL) und mehr in jeweils neuen BVT-Schlussfolgerungen dem technischen Fortschritt angepasst. Vier Jahre später müssen alle vom Anwendungsbereich erfassten Anlagen diese Grenzwerte einhalten. Eine solche Anpassung hat die europäische Kommission am 31.07.2017 in Form des Beschlusses 2017/1442/EU erlassen (hierzu mehr). Für Kraftwerke und andere große Industrieanlagen sind dort insbesondere schärfere Emissionsgrenzwerte für Schwefeldioxid, Stickoxide, Quecksilber und Feinstaub vorgesehen.
Einige betroffene Unternehmen und Verbände, aber auch einige osteuropäische Länder und der Freistaat Sachsen als Unterstützer wenden sich gegen diesen Beschluss vor Gericht. Doch diese Klagen haben keine aufschiebende Wirkung: 2021 müssen alle betroffenen Anlagen wohl oder übel die Grenzwerte einhalten. Und auch für den Gesetzgeber gelten Fristen. Gemäß § 7 Abs. 1a Nr. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) muss die Bundesregierung innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen eine Überprüfung und Anpassung der betreffenden Rechtsverordnungen vollziehen. In diesem Fall sind das vor allem die 13. und die 17. BImSchV.
Da die Schlussfolgerung Ende Juli 2017 vorgelegt wurde, müsste also eigentlich eine Änderung bereits vorgenommen worden sein. Bis jetzt ist das aber, gleichwohl bereits September 2018, nicht der Fall. Dabei scheint es sich auch nicht um ein Versehen zu handeln. Denn auf eine Kleine Anfrage der Grünen hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) am 31.08.2018 geantwortet, dass über die Art und Weise der Umsetzung der Schlussfolgerungen erst im Zusammenhang mit der Kohlekommission entschieden würde.
Die Bundesrepublik ist also aktuell schon im Verzug. Für die betroffenen Anlagenbetreiber ist das zumindest ärgerlich. Denn die Umsetzung ist kein reines Abschreiben der europäischen Vorgaben; es existieren durchaus Spielräume für den Verordnungsgeber. Da das Zögern der Bundesregierung keinen Einfluss darauf hat, dass 2021 die Grenzwerte scharf geschaltet werden, sollte die Bundesregierung spätestens dann Entwürfe vorlegen, wenn sich herausstellt, dass die Kohlekommission weiterhin so schleppend diskutiert, wie es sich derzeit abzeichnet. Ansonsten geschieht etwas, was wohl auch innerhalb der Bundesregierung niemand will: Auch die vielen Anlagenbetreiber, die von der Kohlekommission und ihrer Arbeit gar nicht betroffen sind, weil sie andere Brennstoffe nutzen, werden länger als nötig im Ungewissen gelassen.