Neu: Das Regionalnachweisregister

Nun ist es da: Das Regio­nal­nach­weis­re­gister (RNR) für Strom, das der Gesetz­geber 2014 mit dem damals neuge­schaf­fenen § 79a EEG 2017 einführte. Die Details regelt eine Verordnung mit dem schönen Kürzel „HkRNDV“, die das Klein­ge­druckte rund um Herkunfts- und Regio­nal­nach­weise regelt.

Das RNR soll es Verbrau­chern ermög­lichen, gezielt erneu­erbar erzeugten Strom aus der Region zu kaufen. Dies soll zum einen mehr Trans­parenz schaffen und es gerade regio­nalen Versorgern wie Stadt­werken ermög­lichen, durch spezi­fisch regionale EE-Strom­pro­dukte einem besonders heimat­ver­bun­denen Publikum ein spezi­elles Produkt anzubieten. Zum anderen soll die Akzeptanz der Strom­erzeugung aus erneu­er­baren Quellen erhöhen, die zuletzt gerade in Bezug auf die Windkraft stark gelitten hat. Nicht wenige Bürger empfinden Windkraft­an­lagen nämlich als empfind­liche Störung des Landschafts­bildes. Dies wird sich, hoffen Befür­worter des weiteren Ausbaus, zumindest teilweise ändern, wenn der Bürger auch als Strom­kunde sieht, das ihm die Anlagen auch ganz direkt zugute kommen.

Das RNR wird vom Umwelt­bun­desamt (UBA) als elektro­nische Datenbank geführt. Hier können Erzeuger, Versorger und Händler Konten eröffnen. Das RNR funktio­niert ähnlich wie das bekannte Herkunfts­nach­weis­re­gister, erfasst aber nicht den direkt vermark­teten, sondern den mit Markt­prämie gefördert erzeugten Strom. Das UBA stellt also auf Antrag Nachweise für die regionale Herkunft aus Anlagen aus, die im RNR regis­triert wurden. Regional ist Strom nach der HkRNDV dann, wenn er in einem PLZ-Bereich von 50 km um den Ort erzeugt wird, in dem er verbraucht werden soll. Entspre­chende jährlich neu veröf­fent­lichte Tabellen hält das UBA vor.

Nun kommt es darauf an, wie der Markt das neue RNR annimmt. Werden Versorger entspre­chende Produkte kreieren? Will der mit Infor­ma­tionen übersät­tigte Kunde überhaupt solche Produkte und sind sie ihm mögli­cher­weise sogar höhere Preise wert? Die lebhafte öffent­liche Anteil­nahme an Rekom­mu­na­li­sie­rungen in den letzten Jahren hat gezeigt, dass es den Bürgern vor Ort keineswegs egal ist, ob sie von einem regional veran­kerten Unter­nehmen versorgt werden. Es spricht damit viel dafür, dass das nicht nur für die Eigentums- und Betriebs­ver­hält­nisse an Netzen und Stadt­werken gilt. Sondern auch für das Strom­produkt selbst.

2019-01-03T10:35:53+01:003. Januar 2019|Erneuerbare Energien, Strom|

Frankfurt oder Luxemburg: Zuläs­sig­keits­fragen rund um die BesAR

Es gibt Unter­nehmen, die so viel Strom brauchen, dass sie ohne einen Rabatt morgen die Tore zusperren könnten. Für diese besonders energie­in­ten­siven Prozesse hatte der deutsche Gesetz­geber schon vor Jahren deswegen eine Sonder­re­gelung in Hinblick auf die EEG-Umlage vorge­sehen, die besondere Ausgleichs­re­gelung (BesAR) nach den §§ 40, 41 des Erneu­er­baren-Energien-Gesetzes 2012 (EEG 2012). Sie zahlten (und zahlen, heute in den §§ 63ff. EEG 2017) also weniger als andere Letzt­ver­braucher, wenn das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle (BAFA) nach Prüfung der Voraus­set­zungen einen entspre­chenden Begren­zungs­be­scheid erließ.

Diese Sonder­re­gelung im EEG stieß der Europäi­schen Kommission 2013 übel auf. Sie hielt sie für eine Beihilfe, und nationale Beihilfen sind gemein­schafts­rechtlich unzulässig, es sei denn, sie entsprechen europäi­schem Gemein­schafts­recht und werden von der Europäi­schen Kommission nach entspre­chender Prüfung genehmigt. Eine solche Prüfung und Geneh­migung hatte es im Falle der Privi­le­gierung bei der EEG-Umlage aber nie gegeben. Denn man nahm damals allgemein an, dass die Befreiung keine Umlage sein konnte, weil schließlich nicht der Staat den energie­in­ten­siven Unter­nehmen Vorteile zukommen ließ.

Die Kommission sah das anders. Sie erließ deswegen am 25.11.2014 den Beschluss 2015/1585, der diese Ausnah­me­re­gelung für eine – aller­dings zum größten Teil zulässige – Beihilfe erklärte. Die Bundes­re­publik (die zunächst erfolglos klagte, ein Rechts­mittel ist anhängig) musste deswegen die Regelung überar­beiten und die Begren­zungs­be­scheide teilweise zurück­nehmen. Die betrof­fenen Unter­nehmen mussten daraufhin erheb­liche Summen, wenn auch nicht so viel wie ursprünglich befürchtet, nachzahlen.

Abseits der Frage, wie die Recht­mä­ßigkeit der damaligen deutschen EEG-Härte­fall­re­gelung bzw. des Kommis­si­ons­be­schlusses 2015/1585 zu beurteilen ist, warf die damalige Situation eine prozessual heikle Frage auf: Wie sollten Unter­nehmen vorgehen, die sich gegen die unver­hoffte Änderung der Lage wehren wollten?

Zum einen waren Begren­zungs­be­scheide in der Welt, die ohne Anfechtung beim BAFA nach einem Monat in sog. Bestands­kraft erwachsen, also auch dann befolgt werden müssen, wenn sie sich nachträglich als rechts­widrig erweisen. Diese mussten also mit Wider­spruch angefochten werden.

Zum anderen existierte mit dem erwähnten Beschluss 2015/1585 der Kommission ein Rechtsakt, der seiner­seits angefochten werden konnte, nämlich mit einer sogenannten Nichtig­keits­klage am Europäi­schen Gericht. Nichtig­keits­klagen von nicht privi­le­gierten Klägern, wie hier einem Unter­nehmen, setzen aller­dings nach Art. 263 Abs. 4 AEUV einen Rechtsakt voraus, der dies unmit­telbar und ohne Duchfüh­rungs­maß­nahme betrifft. Eines Durch­füh­rungs­aktes – nämlich der Teilrück­nahme durch das BAFA – bedurfte es hier durchaus. Aller­dings existiert eine gefes­tigte Recht­spre­chung des Europäi­schen Gerichtshofs (EuGH), nach der die Nichtig­keits­klage in Fällen, in denen der Durch­füh­rungs­rechtsakt nur noch eine Formsache ist, bereits zulässig ist.

Europäi­sches Gericht (EuG) oder Verwal­tungs­ge­richt (VG) Frankfurt aM? Die Georgs­ma­ri­en­hütte GmBH u. a. entschieden sich für eine Klage vorm VG und ging nicht zum EuG. Das VG Frankfurt aM legte die Frage nach der Wirksamkeit des Kommis­si­ons­be­schlusses 2015/1585 dem EuGH vor. In diesem Verfahren hat nun am 27.02.2018 der General­anwalt seinen Schluss­antrag gehalten. Er hält die Klage für unzulässig. Die Unter­nehmen hätten – so der General­anwalt – direkt Nichtig­keits­klage einlegen müssen. Dabei beruft er sich auf eine Recht­spre­chung „Textil­werke Deggendorf“, nach der derjenige, der keine Nichtig­keits­klage gegen einen Rechtsakt der EU eingelegt hat, sich nicht später vor den natio­nalen Gerichten auf die Gemein­schafts­rechts­wid­rigkeit berufen und die Vorlage beim EuGH verlangen kann.

Nun ist noch offen, ob der EuGH hier – wie meistens – dem General­anwalt folgt. Doch viele Praktiker werden (spätestens) aus diesem Schluss­plä­doyer die Schluss­fol­gerung ableiten, dass in der Ausein­an­der­setzung um EU-Rechtsakte im Zweifel immer auch die Nichtig­keits­klage auf die Gefahr der Unzuläs­sigkeit mangels Klage­be­fugnis eingelegt werden sollte. Zur Vermeidung des Eintritts der Bestands­kraft muss parallel aber auch das Wider­spruchs­ver­fahren in Deutschland betrieben werden. Ein zeitlich gestuftes und damit aufwands­spa­rendes Vorgehen verbietet sich wegen der sowohl in Hinblick auf das Wider­spruchs­ver­fahren, als auch für die Nichtig­keits­klage geltenden Fristen von einem bzw. zwei Monaten ab Erlass des jeweils anzufech­tenden Rechtsakts.

2018-02-28T17:59:55+01:0028. Februar 2018|Erneuerbare Energien, Industrie, Strom|

Grundkurs Energie: EEG und Strompreis

Wenn Sie in der Energie­wirt­schaft arbeiten, können Sie für heute die Seite wieder schließen: Unter „Grundkurs Energie“ werde ich in lockerer Reihe auf Fragen eingehen, die zum größten Teil von meinen Studenten an der Uni Bielefeld stammen, wo ich als Lehrbe­auf­tragte Jurastu­denten im Wahlschwer­punkt Umwelt­recht eine „Einführung in das Energie­recht“ vermittele. Es geht also um Basics. 

Strom wäre zu teuer, behaupten nicht nur Kommen­ta­toren im Internet und machen den Ausbau der Erneu­er­baren Energien für den hohen Strom­preis verant­wortlich. Selbst manche Politiker setzen sich vor diesem Hinter­grund dafür ein, das Erneu­erbare-Energien-Gesetz (EEG) ersatzlos abzuschaffen. Auch meine Biele­felder Studenten waren mehrheitlich der Ansicht, dass es das EEG sein müsste, das den Strom verteuert.

Damit verbunden ist oft die Vorstellung, der Strom­ver­braucher würde nach einer Abschaffung des EEG die Umlage in Höhe von derzeit 6,792 Cent/kWh Strom, die der Verbraucher auf seiner Strom­rechnung findet, einfach nicht mehr zahlen müssen, während ansonsten alles beim Alten bliebe. Bei einem Jahres­ver­brauch von ungefähr 4.000 kWh für eine vierköpfige Familie kämen bei einem ersatz­losen Wegfall der EEG-Umlage so schnell dreistellige Beträge zusammen. Doch die Realität sieht anders aus.

Tatsächlich bildet sich der Strom­preis anhand der sogenannten Merit-Order-Kurve. Unter diesem Begriff versteckt sich ein deutlich kompli­zier­teres Preis­modell als bei anderen Waren, die mit den Beson­der­heiten des Produkts Strom und seiner Erzeugung zu tun haben. Während es bei anderen Produkten auf regio­nalen Märkten eine Vielzahl von Anbietern und Abnehmern für meist ganz unter­schied­liche Produkte gibt, läuft die Preis­bildung für Strom über die Börse. Es bildet sich damit ein einheit­licher Preis.

Dieser Preis entsteht dadurch, dass die zu jedem Zeitpunkt bestehende Nachfrage durch Strom aus Kraft­werken gedeckt wird, die zu unter­schiedlich hohen Kosten produ­zieren. Das liegt zum einen an unter­schiedlich hohen Brenn­stoff­kosten. Zum anderen sind abgeschriebene Kraft­werke günstiger als neue, deren Betreiber noch Finan­zie­rungs­kosten tragen. Es ist deswegen ökono­misch nur logisch, dass die Nachfrage nach Strom zunächst durch das Kraftwerk gedeckt wird, das am günstigsten produziert.

Nach und nach werden so immer weitere Kraft­werke angefahren, bis die Nachfrage nach Strom gedeckt ist. Natürlich wird dabei immer auf das jeweils nächst­günstige Kraftwerk zurück­ge­griffen. Wegen der unter­schied­lichen Kosten­struk­turen fahren so erst Kernkraft­werke an, dann Kraft­werke, die Braun­kohle verstromen, dann Stein­ko­hel­kraft­werke, sodann kommt Erdgas zum Einsatz. Das Schluss­licht bildet Heizöl. Irgendwann ist die Nachfrage gedeckt. Das zuletzt aufge­rufene Kraftwerk setzt dann den einheit­lichen Preis. 

Doch was hat dies nun mit dem EEG zu tun? Tatsächlich verändert der EEG-Strom die Merit-Order-Kurve. Denn für Strom aus Erneu­er­baren Energien gilt der sogenannte Einspei­se­vorrang nach § 11 Abs. 1 EEG 2017. Dieser Strom muss also grund­sätzlich immer erst abgenommen werden. Er steht damit außerhalb des für Strom ansonsten geltenden Preis­bil­dungs­mo­dells. Mit anderen Worten: Bevor das günstigste Kraftwerk angefahren wird, ist der EEG-Strom schon da. Die Merit-Order-Kurve bleibt also gleich, verschiebt sich aber deutlich nach rechts, da die Nachfrage nach Strom durch die Menge an Erneu­er­baren Energien schließlich nicht verändert wird. Es ist nunmehr nur ein anderes, günsti­geres Kraftwerk preis­bildend. Mit andere Worten: Die letzte gekaufte kWh stammt nun aus einem Kraftwerk, das ohne das EEG keineswegs das letzte, aufge­rufene Kraftwerk wäre. Der Großhan­dels­preis für Strom wird also durch das EEG günstiger. Viel EEG-Strom im Netz – etwa bei Wind und Sonnen­schein – führt also erst einmal zu einer Senkung des Strompreises.

Doch natürlich wird auch EEG-Strom vergütet. Hier gilt teilweise eine Festver­gütung durch den abnah­me­ver­pflich­teten Netzbe­treiber, teilweise wird der Strom direkt­ver­marktet und über Markt­prämien gefördert. Diese Kosten werden über die EEG-Umlage gedeckt. Diese trägt die Differenz zwischen dem Markt­preis und dem, was für EEG-Strom fließt. Daraus ergibt sich: Ist viel EEG-Strom im Netz, sinkt der Großhan­dels­preis. Dadurch steigt die Differenz zur EEG-Vergütung, die über die Umlage finan­ziert wird. Im Ergebnis sieht der Verbraucher einen geringen Preis für Strom auf seiner Rechnung und eine hohe EEG-Umlage. Was er nicht sieht: Strom­preis und Umlage bedingen einander. Das aber bedeutet, dass bei Wegfall des EEG, Wegfall des Einspei­se­vor­rangs und damit auch dem Wegfall der Umlage­fi­nan­zierung der Verbraucher eben nicht den Preis zahlen würde, der heute als eigent­licher Strom­preis ohne Umlagen auf seiner Rechnung steht. Sondern mehr. Über genaue Zahlen streiten die Gelehrten. Eine Unter­su­chung von Dillig/Jung/Karl aus 2016 bezogen auf die Jahre 2011 bis 2013 spricht ausgehend vom Jahr 2013 davon, dass einer EEG-Umlage von 20,4 Mrd. EUR börsliche Preis­sen­kungen von 31,6 Mrd EUR gegenüber gestanden hätten.

Sie haben auch eine Frage nach Grund­lagen des Energie­rechts, auf die ich in dieser Reihe eingehen könnte? Dann schreiben Sie mir

2018-02-19T07:00:29+01:0018. Februar 2018|Erneuerbare Energien, Grundkurs Energie, Strom|