Gilt die neue Umsatz­steu­er­be­freiung auch beim Contracting von Solaranlagen?

Wir hatten bereits schon einmal darüber berichtet, dass der Gesetz­geber die Umsatz­steuer auf Solar­an­lagen auf Null reduziert hat. Gem. der neu einge­führten Regelung in § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG ermäßigt sich die Umsatz­steuer auf 0 Prozent für die die Liefe­rungen von Solar­mo­dulen an den Betreiber einer Photo­vol­ta­ik­anlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photo­vol­ta­ik­anlage wesent­lichen Kompo­nenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solar­mo­dulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Photo­vol­ta­ik­anlage auf oder in der Nähe von Privat­woh­nungen, Wohnungen sowie öffent­lichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätig­keiten genutzt werden, instal­liert wird.

Die Voraus­set­zungen gelten als erfüllt, wenn die instal­lierte Brutto­leistung der Photo­vol­ta­ik­anlage laut Markt­stamm­da­ten­re­gister nicht mehr als 30 Kilowatt (peak) beträgt oder betragen wird.

In der Praxis stellt sich nun die Frage, ob diese Reduzierung der Umsatz­steuer auch für Fälle des Anlagen­con­tracting gilt, bei dem die Anlage nicht verkauft sondern an den Anlagen­be­treiber vermietet oder verpachtet wird.

Hier ist zu beachten, dass das maßgeb­liche Kriterium für die Umsatz­steu­er­re­du­zierung die „Lieferung“ der Anlage ist. Während diese beim Verkauf einer solchen Anlage unpro­ble­ma­tisch ist, hängt die Beurteilung von Pacht- und Leasing­mo­dellen vom Einzelfall ab. Verträge, die nur eine Überlassung der Anlage zur Nutzung vorsehen, sind grund­sätzlich von der Umsatz­steu­er­be­freiung nicht erfasst. Eine umsatz­steu­er­recht­liche Leistung liegt bei Leasing­mo­dellen o.Ä. gem. Ziffer 3.5 Abs. 5 Umsatz­steuer-Anwen­dungs­erlass (UStAE) nur dann vor, wenn der Vertrag ausdrücklich eine Klausel zum Übergang des Eigentums an diesem Gegen­stand vom Leasing­geber auf den Leasing­nehmer enthält und aus den – zum Zeitpunkt der Vertrags­un­ter­zeichnung und objektiv zu beurtei­lenden – Vertrags­be­din­gun­gen­deutlich hervorgeht, dass das Eigentum am Gegen­stand automa­tisch auf den Leasing­nehmer übergehen soll, wenn der Vertrag bis zum Vertrags­ablauf planmäßig ausge­führt wird.

Die Umsatz­steu­er­be­freiung im Solar­an­la­gen­con­tracting hängt damit maßgeblich davon ab, ob die überlassene Anlage zumindest am Vertragsende aufgrund der vertrag­lichen Regelungen in das Eigentum des Kunden übergehen soll. Bei einer im Vertrag enthal­tenen unver­bind­lichen Kaufoption soll die Voraus­setzung auch erfüllt sein, wenn angesichts der finan­zi­ellen Vertrags­be­din­gungen die Options­aus­übung zum gegebenen Zeitpunkt in Wirklichkeit als einzig wirtschaftlich rationale Möglichkeit für den Leasing­nehmer erscheint. Der Vertrag darf dem Leasing­nehmer keine echte wirtschaft­liche Alter­native in dem Sinne bieten, dass er zu dem Zeitpunkt, an dem er eine Wahl zu treffen hat, je nach Inter­es­senlage den Gegen­stand erwerben, zurück­geben oder weiter mieten kann.

(Christian Dümke)

2023-02-03T13:40:48+01:003. Februar 2023|Erneuerbare Energien|

Strom­preis­bremse rasiert Erneu­erbare Energien

Ab dem 1. Januar 2023 soll entlastet werden, so der Kabinetts­entwurf für die Strom­preis­bremse von heute. Finan­ziert werden sollen die Entlas­tungen v. a. durch die Abschöpfung sog. „Überschuss­erlöse“, also von Erlösen, die nur deswegen so stattlich ausfallen, weil die oft preis­bil­dende Strom­pro­duktion aus Erdgas sich drastisch verteuert hat. Dass diese abgeschöpft werden sollen, ist eine EU-Vorgabe und ergibt sich aus der Verordnung (EU) 2022/1854 vom 6. Oktober 2022. Hier heißt es nämlich in Art. 6 Abs. 1:

Die Markt­erlöse, die Erzeuger für die Strom­erzeugung aus den in Artikel 7 Absatz 1 genannten Quellen erzielen, werden auf höchstens 180 EUR je MWh erzeugter Elektri­zität begrenzt.

Abgeschöpft werden soll laut EU bei Erneu­er­baren, Atomkraft­werken, Braun­kohle und Heizöl. Ob die Mitglied­staaten auch bei Stein­kohle abschöpfen wollen, steht ihnen frei, Art. 8 Abs. 1 d. Wie genau die Mitglied­staaten die Abschöpfung vornehmen, lässt die Verordnung ansonsten weitgehend offen. Klar ist nach Art. 8 Abs. 2 aber, dass die Abschöp­fung­ver­hält­nis­mäßig und diskri­mi­nie­rungsfrei sein soll, Inves­ti­ti­ons­si­gnale nicht gefährden und die Inves­ti­tions- und Betriebs­kosten decken soll.

Klingt gut, finden Sie? Nun, der aktuelle Kabinetts­entwurf sieht ganz anders aus. Für die Erneu­er­baren Energien, die doch an sich mit dem ehrgei­zigen EEG 2023 gefördert werden sollen, um als Bundes­re­publik 2045 netto null zu emittieren, sieht es danach nicht gut aus.

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Zunächst ist von den europäi­schen 180 EUR/MWh im deutschen Entwurf nicht die Rede. § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Entwurfs kappt die Erlöse nicht etwa oberhalb von diesen 18 Cent/kWh, sondern erklärt den „anzule­genden Wert“ plus eines Sicher­heits­zu­schlags schlan­kerhand zur Obergrenze dessen, was ein  Anlagen­be­treiber erlösen darf. Dieser Mecha­nismus führt aber dazu, dass die meisten betrof­fenen Anlagen eine viel, viel niedrigere Obergrenze für den Erlös haben, als in der EU-Verordnung vorge­sehen. Denn der anzule­gende Wert ist keineswegs der „richtige“ Strom­preis für EEG-Anlagen. Es handelt sich vielmehr um eine Art Unter­grenze für die Vergütung von EEG-Strom im gesetz­lichen Regelfall der sog. „geför­derten Direktvermarktung“:

Was ist der „anzule­gende Wert“?

Die Bundes­netz­agentur schreibt gesetzlich bestimmte Mengen an EEG-Strom aus. Unter­nehmen, die EEG-Anlagen bauen wollen, bieten einen bestimmten anzule­genden Wert. Den Zuschlag bekommen die Gebote mit dem niedrigsten anzule­genden Wert in aufstei­gender Reihen­folge. Dieser Zuschlag garan­tiert den Unter­nehmen, dass sie für ihren Strom auf jeden Fall über 20 Jahre diesen anzule­genden Wert erhalten. Es handelt sich also um einen Mindestwert. Faktisch kalku­lieren Unter­nehmen aber mit deutlich höheren Erlösen für ihre Produktion am Markt. Sinn ergibt der anzule­gende Wert aber trotzdem, weil er den Zugang zu Finan­zie­rungen erleichtert. Um eine Vorstellung von der Höhe der anzule­genden Werte zu gewinnen: In den Ausschrei­bungs­runden 2022 für Windenergie an Land betrug der höchste Gebotswert, der einen Zuschlag erhalten hat, 5,88 Cent/kWh. Mehr wäre auch gar nicht zulässig gewesen. Da nützt dann auch das 1% Sicher­heits­zu­schlag nicht mehr, dass Betreibern bleiben soll, die nach § 18 des Entwurfs per PPA vermarkten: Nimmt der Staat – genauer gesagt  der Netzbe­treiber – 90% der Erlöse oberhalb dieser Marke, so verkauft ein Windpark­be­treiber faktisch ab dem 1. Januar 2023 oft zu 6 – 7 Cent/kWh. Dies gilt übrigens nicht nur dann, wenn ein Betreiber sich überhaupt an diesen Auktionen beteiligt hat. Auch Unter­nehmen, die von vornherein auf Förderung verzichtet und sich allein auf den Markt verlassen haben, müssen ihre Erlöse nun oberhalb des Wertes abführen, der gelten würde, wenn sie in die geför­derte Direkt­ver­marktung wechseln.

Statt 18 Cent/kWh, die die EU verlangt, lässt die Bundes­re­publik dem Windpark­be­treiber also nur etwa ein Drittel.

Ob das recht­mäßig ist? Zweifel gibt es in vielfacher Hinsicht. Da die EU eine so rigide Abschöpfung ja gar nicht verlangt, kann sich der deutsche Gesetz­geber nicht hinter der EU verstecken. Statt­dessen muss Deutschland sich fragen lassen, ob diese Form der Abschöpfung wirklich so diskri­mi­nie­rungsfrei ist, wie die VO 2022/1854 es verlangt. Viel spricht dafür, dass dem gerade nicht so ist, und die Abschöpfung das Vertrauen des Marktes in Inves­ti­tionen in Erneu­erbare drastisch erschüttert. Dass Eigen­tums­rechte und Berufs­aus­übungs­rechte ebenso wie der Gleich­heitssatz verletzt sein könnten, wird aktuell ebenfalls breit disku­tiert. Und ist der Weg des Geldes von den Anlagen­be­treibern bis zu den Letzt­ver­brau­chern wirklich so staatsfrei, dass die Finanz­ver­fassung mit ihrem sog. Steuer­fin­dungs­verbot gar keine Bedeutung hat?

Fest steht schon jetzt: Ob es mit der Abschöpfung seine Richtigkeit hat, wird sicher den Weg zu Gerichten finden. Wir sind skeptisch, ob das so alles gemein­schafts- wie verfas­sungs­rechtlich stimmen kann. Politisch dürfte aber schon jetzt feststehen, dass die Ampel mit ihrer Ankün­digung, Inves­ti­tionen in Erneu­erbare zu fördern, mit diesem Geset­zes­entwurf gescheitert sein dürfte (Miriam Vollmer).

 

2022-11-25T23:04:54+01:0025. November 2022|Energiepolitik, Erneuerbare Energien, Strom|

Sonnig: Re-Powering von Freiflächen-PV

Nun hat auch der Bundesrat zugestimmt: Mit der 3. Novelle des Energie­si­che­rungs­ge­setzes (EnSiG) treten nun auch einige kleine, feine Änderungen des EEG in Kraft. Eine Änderung, von der sich viele Unter­nehmen eine höhere Strom­aus­beute auf besonders sonnigen Freiflächen versprechen, ist die Neufassung des § 38b Abs. 2 EEG 2023. Nach dessen aktueller Fassung können bestehende Solar­module nur unter Beibe­haltung des (für die Vergü­tungs­mo­da­li­täten entschei­denden) Inbetrieb­nah­me­datums ersetzt werden, wenn die alten aufgrund eines techni­schen Defekts, einer Beschä­digung oder eines Diebstahls nicht mehr erzeugen. Alte Anlagen ohne ein solches Ereignis durch leistungs­fä­higere neue Anlagen zu ersetzen, ist damit ausge­schlossen. Da aber PV-Anlagen mit der Zeit schlechter werden und außerdem durch techni­schen Fortschritt neuere Anlagen ohnehin eine höhere Strom­aus­beute bieten, ist ein solcher Ersatz sinnvoll, um auf bereits genutzten Flächen mehr Strom zu erzeugen.

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Die Neufassung erlaubt einen solchen Ersatz nun unabhängig vom Ersatz­grund. Die neue Anlage tritt also an die Stelle der Alten. Diese Regelung ist unein­ge­schränkt zu begrüßen, denn sie erlaubt ohne aufwändige Geneh­mi­gungs­ver­fahren und die oft langwierige Flächen­ge­winnung eine Erhöhung der PV-Erzeugung an etablierten Stand­orten, mit Glück schon im kommenden Jahr (Miriam Vollmer)

2022-10-07T19:39:02+02:007. Oktober 2022|Erneuerbare Energien, Strom|