Ab wann gibt’s Geld im EEG?

Einen inter­es­santen Schieds­spruch über den Beginn der Vergü­tungs­fä­higkeit der Strom­pro­duktion einer EEG-Anlage hat die Clearing­stelle EEG|KWKG am 8. Februar 2022 gefällt:

Im Schieds­ver­fahren ging es um eine Photo­voltaik-Anlage. Diese wurde im Juni 2019 vom Elektriker in Betrieb gesetzt und direkt ans Netz angeschlossen. Zuvor hatte der Betreiber den Netzbe­treiber über sein Anschluss­be­gehren infor­miert, eine Anschluss­zusage erhalten und sollte die Inbetrieb­nahme innerhalb von fünf Werktagen anzeigen. Diese Anzeige erfolgte dann auch, aber erst am 9. Juli 2019. Dass auch schon Strom einge­speist wurde, wurde aber erst drei oder vier Wochen nach Inbetrieb­nahme, also Ende Juli 2019, telefo­nisch mitge­teilt. Ein korrekter Zähler wurde am 23. August 2019 eingebaut.

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Der Netzbe­treiber wollte nun die Vergütung erst ab dem 23. August 2019 auszahlen. Der Anlagen­be­treiber verlangte Vergütung direkt ab der ersten einge­speisten kWh. Die Clearing­stelle sprach dem Betreiber Vergütung ab dem 25. Juli 2019 zu, dem nach dem Partei­vor­bringen spätesten Zeitpunkt der Kenntnis des Netze­be­treibers über die Einspeisung. Denn eine „Abnahme“ im Rechts­sinne, die zu einem Vergü­tungs­an­spruch führt, sei ohne Kenntnis gar nicht möglich. Dies ergebe sich aus Wortlaut, Syste­matik, Genese und auch Historie v. a. des § 11 EEG 2017. Ein abgestimmtes Messkonzept und die Einhaltung der techni­schen Anfor­de­rungen nach § 10 Abs. 2 EEG 2017 sei hingegen nicht erfor­derlich. Damit war der Anlagen­be­treiber teilweise erfolgreich.

Wir meinen: Der Schieds­spruch ist rechtlich gut vertretbar, aber im Einzelfall führt das Abstellen auf schiere Kenntnis (hier ein Telefonat) zu komplexen Beweisllagen. Besser deswegen auch bei kleinen Anlagen – wie hier – Formalia wie Melde­o­b­lie­gen­heiten, Proto­kolle etc. sehr ernst nehmen (Miriam Vollmer).

2022-04-19T23:50:42+02:0019. April 2022|Erneuerbare Energien|

Es geht los: Das EEG-Oster­paket im Entwurf

Das Wirtschafts­mi­nis­terium (BMWK) liefert: Zu Ostern war die EEG-Novelle angekündigt, die Kabinetts­be­ratung ist nun sogar schon für den 6. April geplant. Diese Woche liegt der Entwurf auf dem Tisch.

Während in den letzten Jahren im Vorder­grund stand, Wirtschaft und Verbraucher nicht durch eine stetig steigende EEG-Umlage zu überfordern, gibt das neue BMWK nun (Bio-)Gas: Schon 2035 soll die Strom­erzeugung in Deutschland so gut wie klima­neutral sein. Schon 2030 – also in nur acht Jahren – soll 80% des Brutto­strom­ver­brauchs aus erneu­er­baren Quellen stammen. Um den Ausbau so rapide zu fördern, wird auf ein Bündel an Maßnahmen gesetzt. Dabei bleibt die Markt­prämie vorerst der Regelfall.

Der Zubau soll kräftig ausfallen: Ein neuer § 4 formu­liert einen ehrgei­zigen Ausbaupfad über das Jahr 2035 hinaus. 2030 sollen 110 GW Wind onshore stehen, 2040 sind 160 GW geplant. Solar soll 2030 statt­liche 200 GW aufweisen, 2045 soll sich diese Leistung verdoppelt haben. Ausge­schrieben wird also deutlich mehr. Zudem werden die nicht bezuschlagten Ausschrei­bungs­mengen ab 2024 ins Folgejahr mitge­nommen, so dass das Gesamtziel stehen bleibt, auch wenn es zu Verzö­ge­rungen kommt.

Für Bürger­wind­parks soll erst ab 18 MW die Ausschrei­bungs­pflicht greifen, für Bürger­so­lar­parks ab 6 MW. Die Ausschrei­bungs­grenzen für die PV werden laut Entwurf von aktuell 750 kW Freifläche und 300 kW Dachanlage auf 1 MW angehoben, um die Attrak­ti­vität zu steigern und so Bauherren zu einer optimalen Ausnutzung von Flächen zu motivieren. Zusätzlich steigt laut Entwurf die PV-Einspei­se­ver­gütung. Vorge­sehen ist zudem für PV für 2022 keine und ab 2023 eine Degression der Vergütung nur noch halbjährlich. Der „atmende Deckel“ soll entfallen.

Die Vergütung für die 100% Netzein­speisung für die Aufdach-PV wird erhöht, um Dächer besser zu nutzen. Eigen­erzeu­gungs­mo­delle, aber auch Speicher und Wärme­pumpen, sollen separat, aber noch dieses Jahr, durch Wegfall anderer Umlagen in einem Energie-Umlagen-Gesetz gefördert werden. Über das Wind-SeeG wird auch Offshore zugebaut, vorge­sehen sind 30.000 MW bis 2030. Hemmnisse gerade für Wind an Land im Natur- und Arten­schutz­recht sollen beseitigt werden, das Geneh­mi­gungs­recht wird, so verspricht das Minis­terium, separat verschlankt und so beschleunigt.

Windenergie, Windrad, Windkraft, Windräder, Energie

Auch für die Bioen­ergie sind Neuerungen vorge­sehen: Sie können eine wichtige Rolle als Spitzen­last­kraft­werke spielen und so teilweise Erdgas ersetzen. Dass mehr EE auch mehr Reser­ve­kraft­werke brauchen, wird im Entwurf durch die Förderung von Hybrid-Anlagen, die EE und Wasser­stoff kombi­nieren, mitge­dacht. Hierzu soll eine Verordnung folgen.

Die Bundes­re­gierung plant ein Gesetz noch im Sommer 2022. Da die Kommission notif­zieren muss, kann Berlin das Tempo aber nicht alleine setzen (Miriam Vollmer).

2022-03-04T23:26:16+01:004. März 2022|Allgemein, Energiepolitik, Erneuerbare Energien|

Das Sondie­rungs­papier der Ampel: Energie

Es scheint schneller zu gehen, als vielfach befürchtet: Das Sondie­rungs­papier von SPD, Grünen und FDP liegt auf dem Tisch. Schauen wir uns also an, was die wahrscheinlich nächste Regierung im Bereich Energie mit uns vorhat:

Ziel: 1,5% C

Erster Eindruck: Bei der Energie­wende haben sich die Grünen weitgehend, aber nicht voll durch­ge­setzt. Das 1,5° C‑Ziel wird prominent verankert, aber gleich­zeitig auch begrenzt: Deutschland wird nicht mehr mindern, als Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt (hier zum Klima­be­schluss) und EU vorgeben. Aber ob sich Deutschland wider­willig zur Kirmes mitschleifen lässt oder selbst mit einem robusten Überprü­fungs­me­cha­nismus treibt und zieht, macht dann doch einen auch in Brüssel mögli­cher­weise spürbaren Unterschied.

Ausbau der Erneuerbaren

Praktisch wird es in den folgenden Absätzen: Die Aufdach-PV wird teilweise verbindlich. Gewer­be­im­mo­bilien müssen, Private sollen verfügbare Dachflächen für PV nutzen. Hier sind wir gespannt auf die Ausge­staltung. PV auf schattige Dächer zu legen, ist Geldver­schwendung, aber die Lasten müssen zwischen denen, die einen Platz an der Sonne haben, und allen anderen fair verteilt werden. Was hoffentlich im Koali­ti­ons­vertrag noch nachge­liefert wird: Die Mieter­strom­re­ge­lungen sind unprak­tisch, viel zu bürokra­tisch (hier und hier haben wir erklärt, was nicht gut läuft). Hier disku­tiert man ergeb­nislos seit Jahren, die neue Regierung sollte schnell Möglich­keiten schaffen, um auch Mieter unkom­pli­ziert mit Solar­strom vom Dach zu versorgen.

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Erwar­tungs­gemäß finden wir ein klares Bekenntnis zur Windkraft: 2% der Landes­fläche sollen für WEA ausge­wiesen werden. Kommunen sollen künftig mehr profi­tieren. Wird aus dem § 6 EEG 2021, der freiwillige Zahlungen an Gemeinden erlaubt, wo WEA oder Freiflächen-PV betrieben werden, damit eine verpflich­tende Regelung? Dass Offshore-Wind ausgebaut werden soll, war ebenso zu erwarten.

Kohle­aus­stieg

Der Zeitpunkt des Kohle­aus­stiegs hat angesichts der Budge­tierung der verfüg­baren Emissi­ons­rechte durch den EU-Emissi­ons­handel für den Klima­schutz eher symbo­lische Bedeutung, doch das Ziel eines im Idealfall auf 2030 vorge­zo­genen Kohle­aus­stiegs ist ein wichtiges Signal für die Energie­märkte und Inves­toren. Mindestens ärgerlich: Bekanntlich wurde im Februar diesen Jahres ein öffentlich-recht­licher Vertrag mit den Braun­koh­le­kraft­werks­be­treibern abgeschlossen (hier erläutert), der den Ausstieg aus der Braun­koh­le­ver­stromung bis 2038 gegen Milli­ar­den­zah­lungen fixiert. Allein RWE soll 2,6 Mrd. EUR erhalten, die LEAG 1,75 Mrd. EUR. Dieser Vertrag enthält zwar eine Option, den Kohle­aus­stieg um drei Jahre ohne weitere Entschä­di­gungen vorzu­ziehen, aber ein acht Jahre früherer Ausstieg könnte noch teurer werden.

Neue Gaskraft­werke

Um Versor­gungs­si­cherheit auch in einer durch volatile EE-Anlagen geprägten Struktur zu gewähr­leisten, will die Ampel Gaskraft­werke bauen, die später auf klima­neu­trale Gase umgerüstet werden können. Diese Forderung ist unter Umwelt­ver­bänden unpopulär. Gleich­zeitig ist sie nahezu alter­na­tivlos, wenn Deutschland nicht alles auf die Karte nicht erneu­er­barer Strom­im­porte setzen will. Zudem: Läuft alles gut, werden diese Kraft­werke zunehmend weniger gebraucht und verdienen ihr Geld mit dem Produkt „Versor­gungs­si­cherheit“ in mögli­cher­weise wenigen Stunden im Jahr. Uns fehlt hier ein klares Bekenntnis zur Kraft-Wärme-Kopplung, aber ein Sondie­rungs­papier ist ja noch nicht aller Tage Abend.

Wie erwartet, will die wohl nächste Bundes­re­gierung das EEG-Umlage­system abschaffen. Dies lag seit Jahren in der Luft, die Teilfi­nan­zierung seit Beginn dieses Jahres durch die Einnahmen aus dem CO2-Preis hat zudem einen entschei­denden Vorteil aufge­hoben: Die frühere EEG-Umlage war keine Beihilfe, Berlin durfte allein gestalten. Jetzt sitzt Brüssel ohnehin stets mit am Tisch (hier erläutern wir ausführ­licher). Vorteil: Je nach Gestaltung ist es möglich, Strom je nach Erzeu­gungs­tech­no­logie unter­schiedlich zur Finan­zierung heran­zu­ziehen und auch die Unter­nehmen zu betei­ligen, die nicht der Industrie, sondern dem Dienst­leis­tungs­sektor angehören.

Strom­markt

Nur mit einem einzigen Satz ist erwähnt, dass im Zuge des Ausbaus der Erneu­er­baren ein neues Strom­markt­design einge­führt werden soll. Hier kann man nur abwarten, wie sich die künftigen Koali­tionäre dieses vorstellen.

Was ist davon zu halten?

Es gehört zu den unschönen Tendenzen der letzten Jahre, den, der nicht grund­sätzlich unzufrieden ist, als dummes Schlaf­schaf zu betrachten. In diesem Sinne: Von uns ein herzhaftes „mäh!“: Wir sind nicht unzufrieden. Dass die Erneu­er­baren ausgebaut werden, die EEG-Umlage anderen Vertei­lungs­me­cha­nismen weichen soll, dass Gas die Versorgung sichern soll, erscheint uns sinnvoll und realis­tisch. Den vorzei­tigen Kohle­aus­stieg nicht allzu hoch zu hängen, finden wir ebenfalls klug. Mit einiger Wahrschein­lichkeit wird dies schon der steigende CO2-Preis regeln. In diesem Fall muss man den Braun­koh­le­mühlen im Rheinland und in der Lausitz nicht noch mehr Steuer­zah­l­ergeld nachwerfen als im Vertrag mit den Betreibern schon geschehen.

Was uns noch fehlt, sind konkrete Ideen zur Kraft-Wärme-Kopplung, zum Ausbau von Nullemis­si­ons­wär­me­netzen, wir fragen uns auch, wie eine Beschleu­nigung von Geneh­mi­gungs­ver­fahren für Erneu­erbare angesichts der gemein­schafts­recht­lichen Bindungen aussehen soll. Wir sind insofern gespannt auf den Koali­ti­ons­vertrag, wohl wissend, dass auch die Regierung Merkel am Ende ganz anders abgeliefert als geplant hat (Miriam Vollmer).

2021-10-19T11:34:29+02:0019. Oktober 2021|Allgemein, Energiepolitik|