Das Bild in der Broschüre: Mitar­bei­ter­fotos nach Inkraft­treten der DSGVO

Im Nachhinein waren sich ja alle einig: Ausge­rechnet den größten Queru­lanten von Oberal­theim als Buchhalter einzu­stellen, war ein Fehler. Aber nach mehreren schlimmen, quasi buchhal­ter­losen Monaten war Geschäfts­füh­rerin Göker so weich gekocht, dass sie sich auf ein Experiment mit Herrn Abusch einließ.

Es hatte dann auch nicht lange gedauert. Zum 1. Oktober hatte Herr Abusch angefangen. Zum Ende des Jahres hatte er die Stadt­werke Oberal­theim GmbH (SWO) dann auch schon wieder verlassen. Es blieb nur die Sache mit der Broschüre

Die SWO hatten sich nämlich 2018 dazu entschlossen, eine neue Unter­neh­mens­bro­schüre aufzu­legen. Die Fotos waren toll. Frau Göker mit der neuen Solar­anlage. Vertriebs­leiter Valk im Gespräch mit einer neuen Kundin. Und eben auch Herr Abusch, der mit finster zusam­men­ge­zo­genen Brauen auf einen Bildschirm starrt.

Die SWO fand es nun nicht gar so schlimm, dass Herr Abusch weiterhin in der Unter­neh­mens­bro­schüre abgebildet blieb. Doch kaum lag die Broschüre öffentlich aus, meldete sich Herr Abusch: Die Broschüre müsse weg. § 22 Abs. 1 Kunst­ur­he­ber­gesetz (KunstUrhG) erlaube die Verbreitung von Bildnissen von Personen nämlich nur mit deren Einwil­ligung. Und eine solche habe er nie erteilt. 

Das ist doch klar, dass man Fotos von Mitar­beitern machen kann!“, wütete Valk, musste sich von Justi­ziarin Berlach aber eines Besseren belehren lassen. Auch ein Mitar­beiter muss einwil­ligen, damit der Arbeit­geber seine Bilder veröf­fent­lichen darf. Zähne­knir­schend trat Herr Valk mit Herrn Berlach in Verhand­lungen und zahlte schließlich eine Summe, über die Herr Valk nie wieder sprechen möchte, an den schadenfroh grinsenden Ex-Buchhalter.

Doch selbst wenn eine solche Einwil­ligung erteilt worden wären, wäre die Angele­genheit nicht ganz trivial. Zwar existiert eine Recht­spre­chung des Bundes­ar­beits­ge­richts, nach der eine Einwil­ligung jeden­falls dann nicht automa­tisch mit der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses erlischt, wenn der Film nicht auf die indivi­duelle Person des Arbeit­nehmers Bezug nimmt, und dieser könne auch nicht einfach aus Anlass der Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses die Einwil­ligung wider­rufen, wenn er hierfür keine plausible Begründung habe (u. a. BAG, Az.: 8 AZR 1011/13).

Doch diese Recht­spre­chung stammt aus der Zeit vor Inkraft­treten des neuen Daten­schutz­rechts. Mögli­cher­weise müssen heute die deutlich höheren Anfor­de­rungen des neuen Daten­schutz­rechts einge­halten werden. Schließlich wissen wir ja noch nicht abschließend, wie es mit dem Verhältnis von DSGVO und KunstUrhG steht. Hieraus resul­tiert etwa: Das neue Daten­schutz­recht ordnet an, dass bereits bei der Daten­er­hebung, also beim Fototermin, über die beabsich­tigte Verwendung der Bilder infor­miert werden muss. Außerdem erlaubt das neue Daten­schutz­recht es ausdrücklich, Einwil­li­gungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft zu wider­rufen. Es ist nicht ausge­schlossen, dass damit die arbeits­recht­liche Recht­spre­chung, nach der ein Mitar­beiter nach seiner Kündigung nicht einfach so seine Einwil­ligung zurück­ziehen kann, damit hinfällig ist.

Doch sollte ein Unter­nehmen angesichts dieser bisher ungeklärten Fragen künftig ganz auf Mitar­bei­ter­fotos verzichten? Mögli­cher­weise liegt eine sowohl sichere, als auch pragma­tische Lösung darin, Einwil­li­gungen einzu­holen und dabei alle Forma­li­täten und Infor­ma­ti­ons­pflichten einzu­halten, und nie so viel drucken zu lassen, dass bei einer zurück­ge­zo­genen Einwil­ligung ein wirklich schmerz­hafter Schaden entsteht.

2019-01-09T00:06:00+01:009. Januar 2019|Wettbewerbsrecht|

Fotos und Datenschutz

Darf man eigentlich auch nach Scharf­schaltung der DSGVO am 25.05.2018 noch Personen ohne deren ausdrück­liche Einwil­ligung fotogra­fieren und diese Bilder zur Schau stellen, wenn das Kunst­ur­he­ber­gesetz, also vor allem § 23 KUG, das erlaubt? Schließlich ging das KUG früher dem deutschen BDSG vor, so dass beispiels­weise Fotografien von Personen als Teil von Versamm­lungen, Aufzügen und ähnlichen Veran­stal­tungen, und als Beiwerk auch ohne Einwil­ligung abgelichtet und die Bilder verwendet werden durften. Ob das aber auch für das Verhältnis von DSGVO und KUG gilt, hat der Gesetz­geber nicht ausdrücklich klarge­stellt. Von der Möglichkeit, gem. Art. 85 Abs. 2 und 3 DSGVO Ausnah­me­vor­schriften von der DSGVO für u. a. künst­le­rische und journa­lis­tische Zwecke  zu erlassen und diese der Kommission mitzu­teilen, hat die Bundes­re­publik nämlich keinen Gebrauch gemacht. Mögli­cher­weise musste sie das aber auch gar nicht tun, denn schließlich war das KUG ja schon da und bekannt und musste gar nicht erst neu erlassen und mitge­teilt werden.

Die aus dieser Situation resul­tie­rende Unein­deu­tigkeit hat viele Unter­nehmen stark verun­si­chert. Ist es jetzt noch erlaubt, ein Bild vom Sommerfest zu machen, auf dem Leute sind?

Schon im Juni dieses Jahres hat sich immerhin das OLG Köln zu dieser Frage geäußert. Das OLG Köln (15 W 27/18) sah das KUG als nach wie vor fortgeltend an. Art. 85 DSGVO sei eigens zur Auflösung ansonsten entste­hender Konflikt­lagen geschaffen. Und die DSGVO biete hinrei­chende Möglich­keiten zur Abwägung der wider­strei­tenden Inter­essen. Selbst bei dem heiklen Punkt der Infor­ma­ti­ons­pflichten des Fotografen biete Art. 11 DSGVO eine gute Möglichkeit, Konflikte aufzu­lösen, denn diese Norm suspen­diert die Infor­ma­ti­ons­pflichten, wenn die Identität der abgelich­teten Personen überhaupt nur erhoben werden müsste, um den Infor­ma­ti­ons­pflichten der DSGVO nachzu­kommen, wenn die Personen, um deren Daten es geht, nicht oder nicht mehr identi­fi­zierbar sind.

Das ist natürlich Musik in den Ohren derje­nigen, die künftig nicht nur menschen­leere Landschaften abbilden wollen. Erfreulich in diesem Zusam­menhang auch, dass das LG Frankfurt aM am 13.09.2018 (2–03 O 283/18) in einer Entscheidung am Rande eine ähnliche Aussage getroffen hat. Hier ging es um einen Friseur, der Bilder von einer Haarver­län­gerung ohne nachweisbare Einwil­ligung postete. Zwar lag hier kein Fall des KUG vor, weil die Fotogra­fierte weder Beiwerk war, noch es sich um Kunst oder eine Person des öffent­lichen Lebens handelte. Aber das LG gab klar zu erkennen, dass es das KUG als abwägungs­re­levant auch in der neuen Welt der DSGVO betrachtet.

Zwar hat immer noch nicht der BGH gesprochen, erst recht nicht der EuGH. Doch angesichts der bisher vorlie­genden Entschei­dungen spricht viel dafür, dass die derzeitige Angst davor, gerade bei Bildern von Werbe­ak­ti­vi­täten und Straßen‑, Fest- oder anderen Alltags­szenen etwas falsch zu machen, oft auf übertrie­benen Vorstel­lungen von der Rigidität der Rechtslage beruht. Zwar ist es nicht auszu­schließen, dass Gerichte auch einmal anders entscheiden. Doch das Risiko ist überschau­barer als viele denken.

2018-10-16T01:02:52+02:0016. Oktober 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|

Bundesrat und Datenschutz

Kaum hat das erste Gericht einen Daten­schutz­sünder auf eine Konkur­ren­ten­ab­mahnung zur Unter­lassung verur­teilt, rudert die Politik zurück: So hat man es sich mit dem Daten­schutz dann offenbar doch nicht vorge­stellt. Daten­schutz ja, aber soll wirklich jeder jeden Wettbe­werber wegen eines Verstoßes gegen die teilweise doch sehr detail­lierten Regeln der DSGVO kosten­pflichtig abmahnen können?

Manche meinen, das sei ohnehin gar nicht möglich. Denn die DGVO sei in Hinblick auf die Folgen von Verstößen abschließend. Fürchten müsste man sich dann nur vor den Daten­schutz­be­hörden, aber vor neidi­schen Konkur­renten sei man sicher. Nun gut, wir werden sehen, was eines schönen, aber vermutlich fernen Tages der BGH dazu sagt.

Der Bundesrat will nun klare Verhält­nisse schaffen. Auf S. 6 der hier verlinkten Ausschuss­emp­feh­lungen für den 19.10.2018 verlangen die Bundes­rats­aus­schüsse etwas verklau­su­liert, dass Wettbe­werber keine Daten­schutz­ab­mah­nungen aussprechen können sollen.

Damit wäre der Daten­schutz entgegen aller Ängste aus dem Frühjahr ein deutlich zahnlo­serer Tiger als früher. Denn das BDSG enthielt anerkann­ter­weise Markt­ver­hal­tens­re­ge­lungen, die abgemahnt werden konnten. Da es viel mehr Konkur­renten gibt als Daten­schutz­be­hörden, und die meist rund 1.500 EUR Abmahn­kosten auch mehr schmerzen als ein Hinweis und das oft nicht gar so hohe Bußgeld würde die Motivation vieler Unter­nehmen, sich daten­schutz­rechtlich nach der Decke zu strecken, doch deutlich abnehmen. Es bleibt also spannend, wie der Bundesrat sich positio­niert und was der Bundestag dann daraus macht.

2018-10-11T22:54:49+02:0011. Oktober 2018|Allgemein, Wettbewerbsrecht|