Denkmal­ge­schützte Solardächer

Nachdem angesichts der Energie­krise Wärme­pumpen und Solar­dächer boomen, kommt es immer öfter auch zu Konflikten zwischen Klima- und Denkmal­schutz. In den Denkmal­schutz­ge­setzen der Ländern gibt es dafür typisierte Lösungen. Im Nieder­säch­si­schen Denkmal­schutz­gesetz heißt es beispiels­weise in § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. NDSchG, dass das öffent­liche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneu­er­baren Energien bei einem Eingriff in das denkmal­ge­schützte Erschei­nungsbild oder die Bausub­stanz überwiegen muss.  Nach Satz 2 desselben Paragraphen überwiegt in das öffent­lichen Interesse in der Regel, wenn der Eingriff in das äußere Erschei­nungsbild rever­sibel ist und in die denkmal­werte Substanz nur gering­fügig einge­griffen wird.

Ein vor dem nieder­sä­chi­schen Oberver­wal­tungs­ge­richt entschie­dener Fall zeigt, dass diese Regelung aber kein Freibrief für jeden Eingriff in Denkmal­schutz ist, soweit die Substanz nur gering­fügig betroffen ist. Ein Hausei­gen­tümer im UNESCO-geschützen histo­ri­schen Stadtkern von Goslar hat dies zu spüren bekommen. Die Denkmal­be­hörde hatte mitbe­kommen, dass er das Dach seines Altstadt­hauses mit spätgo­ti­scher Fassade mit verschie­den­far­bigen Solar­pa­nelen deckte. Da es sich bei seinem Haus um ein für sich stehendes Baudenkmal handelte, hätte er dies gemäß § 10 NDSchG geneh­migen lassen müssen. Das ungeneh­migte Solardach rief die Denkmal­be­hörde auf den Plan, die den Rückbau anordnete. Der Eigen­tümer hielt dies für unver­hält­nis­mäßig und stellte unter Verweis auf die gesetz­lichen Vorgaben einen Eilantrag beim Verwal­tungs­ge­richt, das diesem zunächst stattgab. Zwar fehle die erfor­der­liche Geneh­migung, aber die Anlage sei offen­sichtlich genehmigungsfähig.

Das Oberver­wal­tungs­ge­richt hob die Entscheidung des VG auf, da das betroffene Denkmal in der als UNESCO-Weltkul­turerbe besonders geschützten Altstadt von Goslar liege. Daher sei eine Einzel­fall­prüfung erfor­derlich, ob überhaupt eine Geneh­migung erfolgen dürfe. Zudem sei aber auch das Erschei­nungsbild, das „wie“ der Solar­anlage zu prüfen. Die Anlage dürfe nicht von der Dachfarbe abweichen und müsse ein in sich geschlos­senes Erschei­nungsbild aufweisen. Trotz der Neufassung des Denkmal­schutz­ge­setzes ist der Denkmal­schutz weiterhin bei der Abwägung gegen erneu­erbare Energien und Klima­schutz ein beacht­licher Belang. Es gibt also weder für Anlagen­be­treiber noch für Geneh­mi­gungs­be­hörden einen Freibrief, den Denkmal­schutz völlig außer Acht zu lassen. (Olaf Dilling)

2023-07-05T18:11:43+02:005. Juli 2023|Erneuerbare Energien, Verwaltungsrecht|

Baurecht: Der Außen­be­reich im Innenbereich

Im öffent­lichen Baupla­nungs­recht gibt es bei der zentralen Unter­scheidung zwischen Außen­be­reich und Innen­be­reich, das heißt innerhalb der im Zusam­menhang bebauten Ortsteile, eine kleine Kompli­kation: Denn in manchen Fällen sind bei organisch entwi­ckelten Städten Ortsteile zusam­men­ge­wachsen, so dass zwischen ihnen Freiflächen geblieben sind: die sogenannten Außenbereichsinseln.

sw-Bild von einer urbanen Landschaft mit Nebel

Natürlich ist nicht jede Freifläche in der Stadt eine solche Außen­be­reichs­insel. Denn ansonsten könnten bestehende Baulücken gar nicht mehr geschlossen werden. Die Freifläche muss vielmehr so groß sein, daß sich ihre Bebauung nicht als zwanglose Fortsetzung der vorhan­denen Bebauung aufdrängt. Sie liegt dann nicht innerhalb eines Bebau­ungs­zu­sam­men­hangs im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB und wird grund­sätzlich als bebau­ungs­recht­licher Außen­be­reich eingestuft.

Gelten die Außen­be­reichs­inseln in jeder Hinsicht als Außen­be­reich im Sinne des § 35 BauGB? Nein, denn wie das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt kürzlich in einer Entscheidung festge­stellt hat (die bisher nur als Presse­mit­teilung vorliegt), ist in einer Außen­be­reichs­insel im Innen­be­reich ein Bebau­ungsplan zur Innen­ent­wicklung möglich. Was bedeutet das konkret für die planende Gemeinde?

Der Bebau­ungsplan der Innen­ent­wicklung im Sinne des § 13a BauGB bietet die Möglichkeit, im beschleu­nigten Verfahren aufge­stellt zu werden. Insofern können  Außen­be­reichs­ge­biete, die im Innen­be­reich liegen, schneller beplant werden. Dies dient grund­sätzlich der Innen­raum­ver­dichtung und verhindert eine Zersie­delung des Umlandes von Gemeinden. Zugleich ist aber, wie erst kürzlich der Verwal­tungs­ge­richtshof in München in einem Beschluss festge­stellt hat, die Ausweitung eines im Zusam­menhang bebauten Ortsteils in eine Außen­be­reichs­insel hinein ist eine städte­baulich unerwünschte, unorga­nische Siedlungs­weise, die vermieden werden soll.

Die beiden Aspekte, die planvolle Verdichtung des Innen­raums und die Vermeidung einer unorga­ni­schen Siedlungs­weise, sind Ziele, die in der Recht­spre­chung des BVerwG  nun gleicher­maßen zur Geltung kommen. Insofern ist die Entscheidung zu begrüßen. (Olaf Dilling)

2023-05-04T17:45:08+02:004. Mai 2023|Verwaltungsrecht|

Urteil gefällt, Eiche bleibt!

In Berlin-Mitte tobt seit einiger Zeit ein verwal­tungs­ge­richt­licher Kampf: Die Protago­nisten sind eine 220 Jahre alte Eiche und eine Tiefgarage, der sie Platz machen soll. Nun, hinter der Tiefgarage steht ein Hamburger Investor und hinter der Eiche eine Nachbar­schaft in der Dresdner Straße an der Grenze zwischen den Bezirken Mitte und Fried­richshain-Kreuzberg, genau dort, wo vor gut einer Generation noch die Mauer die Kieze trennte.

Juris­tisch ist die Sache eigentlich nicht so schwer: Der Investor hat als Eigen­tümer ein Baurecht und kann sich auf die Ausnahme nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 4 BaumSchVO berufen. Bei einem ansonsten zuläs­sigen Bauvor­haben, für das die Fällung des Baumes die Voraus­setzung ist, könnte die sonst zulässige Nutzung des Grund­stücks nicht oder nur unter wesent­lichen Beschrän­kungen verwirk­licht werden. In diesem Fall ist eine Ausnahme von dem ansonsten nach § 4 Abs. 1 BaumSchVO bestehenden Fällverbot zu gewähren. Die entspre­chende Geneh­migung erfolgt bei geneh­mi­gungs­pflich­tigen Bauvor­haben zugleich mit der Bauge­neh­migung durch die dafür zuständige Behörde.

Inzwi­schen hat auch die Berufungs­in­stanz, also das Oberver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Brandenburg vor wenigen Tagen entschieden, dass der Baum gefällt werden darf. Die Mitglieder der Bürger­initiative hat das nicht überzeugt. Sie sind weiterhin der Meinung, dass der alte Baum schon zur Bewahrung eines angenehmen Stadt­klimas nicht weichen darf. Zumal es um eine Tiefgarage geht, in der nur sechs Pkws Platz finden. Zur Fällung blieben nur wenige Tage, da Anfang März die Schonzeit aufgrund des Vogel­schutzes anfängt und eine Fällung vorher erfolgen müsste.

Nun gab es eine Art „Plot-Change“, also eine unvor­her­ge­sehene Wendung der Geschichte: Der Investor soll – nachdem der Protest erheb­liche Resonanz auch in der überre­gio­nalen Presse gefunden hat – inzwi­schen mitge­teilt haben, dass der Baum nun doch nicht gefällt werden soll. Das zeigt, dass Fälle nicht immer nur vor Gericht entschieden werden. Warum die Entscheidung des Investors erst kurz nach Obsiegen in der Berufung fiel, ist unklar, könnte aber an strate­gi­schen Überle­gungen hinsicht­liche der Verfah­rens­kosten liegen. (Olaf Dilling)

2023-02-27T19:55:12+01:0027. Februar 2023|Naturschutz, Rechtsprechung|