Neues zur Abmahnung
Auf der Rangliste der beliebtestens Berufe taucht der Abmahnanwalt vermutlich irgendwo auf den ganz hinteren Ränden auf. Der Mann auf der Straße hat für diejenigen Berufskollegen, die Geld von Kleingewerbetreibenden kassieren, weil deren Impressum auf der Homepage nicht stimmt, ungefähr so viel Sympathie wie für Hundehaufen auf dem Spielplatz. Insofern ist es vielleicht nicht weiter erstaunlich, dass sich nun auch der Bundestag mit Abmahnungen befasst hat: Gestern hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, dass angeblich missbräuchliche Abmahnungen eindämmen soll. Hiernach ändert sich Einiges, auch für den Markt rund um den Energievertrieb:
Reine Abmahnanwälte, also Anwälte, die kollusiv mit nur scheinbar oder in ganz untergeordnetem Umfang aktiven Wettbewerbern abmahnen, um damit Geld zu verdienen, dürften im Energievertrieb eher selten sein. Sie können ihr Geschäft künftig aber auch branchenübrgreifend nicht mehr so betreiben, § 8b UWG.
Die Kostenerstattungspflicht für Abmahnungen wird beschränkt nach dem neuen § 13 Abs. 4 UWG. Hier geht es in einer Nummer 2 auch um Datenschutzverstöße kleinerer Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. Nummer 1 beschränkt aber auch die Abmahnbarkeit von gesetzlichen Informationspflichten u. a. im Internet, was auch für die abmahnbaren Pflichten des § 42 EnWG gelten dürfte! Hier kann der geschädigte Konkurrent also künftig selbst die Rechtsverfolgung bezahlen. Der zu Unrecht Abgemahnte kann nach § 13 Abs. 5 UWG Ersatz für die Rechtsverteidigung bekommen. Das ist im Energievertrieb, wo regelmäßig nicht auf Basis von RVG abgerechnet wird, nicht grundstürzend, aber dürfte die Sorgfaltsschwelle bei vielen anderen Abmahnungen erhöhen.
Neuerungen gibt es für urheberrechtliche und Verbandsabmahnungen, die im Energievertrieb aber keine größeren Änderungen der Praxis nach sich ziehen dürften. Generell wird die Abmahnung durch sog. „qualifizierte Einrichtungen“ aufgewertet.
Neuerungen gibt es auch bei der Vertragsstrafe nach nun § 13a UWG, die die verbreitete Praxis des Hamburger Brauchs nicht beeinträchtigen dürfte.
Der neue § 14 Abs. 2 UWG beseitigt den fliegenden Gerichtsstand als Gerichtsstand des Verletzungsortes, also bei Verletzungen im Internet oder bundesweit empfänglichen Medien überall. Dies hat nicht nur Vorteile: Bisher ging ein großer Teil der Wettbewerbssachen vor wenige Gerichte, die sich deswegen gut auskennen. Für viele nun zuständige Landgerichte gilt dies nicht. Hier kann es sein, dass künftig ein in Wettbewerbssachen bisher ganz unbeleckter Richter über die manchmal komplexen Fragen rund um das UWG und den Energiemarkt befindet. Dies mag auch zu einer größeren Rechtszerplitterung führen (Miriam Vollmer).