Wie geht es mit Elektro­ly­seuren weiter?

Wasser­stoff schien zwischen­zeitlich bereits ein wenig „tot“ zu sein, jeden­falls wurde mehr darüber geredet als tatsächlich passiert ist. Dabei soll Wasser­stoff als vielfältig einsetz­barer Energie­träger eine Schlüsselrolle in der zukünf­tigen Energie­ver­sorgung Deutsch­lands einnehmen. Damit soll Wasser­stoff ein wichtiger Baustein dafür sein, die Klima­neu­tra­lität bis 2045 zu erreichen. Dafür muss man sich aber auch mit der „Farben­lehre“ des Wasser­stoffs ausein­an­der­setzen. Klima­freundlich herge­stellter Wasser­stoff könnte es ermög­lichen, die CO-Emissionen vor allem in Industrie, Kraft­werken und Verkehr deutlich zu verringern. Doch dafür muss das ganze Thema Wasser­stoff erstmal Fahrt aufnehmen. Zwar haben Bund und Länder in den vergan­genen Jahren den Rechts­rahmen für Elektro­ly­seure weiter ausge­staltet, zuletzt etwa durch Anpas­sungen der Verordnung über geneh­mi­gungs­be­dürftige Anlagen (4. BImSchV) Welche Möglich­keiten zur Beschleu­nigung und Verein­fa­chung der Geneh­migung von Elektro­ly­seuren bestehen sollten, sollte nun am 14.02.2025 ein „Praxi­scheck“ in Düsseldorf zeigen (siehe Presse­mit­teilung). Dies ist ein Forum zwischen BMUV, dem Land NRW und Unter­nehmen und Behörden.

Worum geht es bei Praxi­schecks? Praxi­schecks sind ein neuer Ansatz, um die Anwend- und Vollzieh­barkeit von Prozessen zu überprüfen, Klarheit für alle Akteu­rinnen und Akteure zu schaffen, Verfahren zu optimieren und unnötige Bürokratie abzubauen. Hierzu gehen Exper­tinnen und Experten aus Wirtschaft und Verwaltung Prozesse von Anfang bis Ende gemeinsam durch, identi­fi­zieren bürokra­tische Hemmnisse, erproben die Vollzieh­barkeit und entwi­ckeln Lösungen. Das BMWK hat beispiels­weise erfolg­reiche Praxi­schecks zu den Themen Photo­voltaik und Windenergie an Land durch­ge­führt und die Ergeb­nisse in entspre­chenden Gesetz­ent­würfen berück­sichtigt. Was nun bei diesem Check heraus­ge­kommen ist, soll ein Ergeb­nis­papier aussagen. Diese Ergeb­nisse sollen dann in mögliche Weiter­ent­wicklung der recht­lichen Rahmen­be­din­gungen, die Ausge­staltung des Vollzugs und die Vorbe­reitung der Verfahren durch die Antrag­stel­le­rinnen und Antrag­steller einfließen. Wir werden hierzu weiter am Ball bleiben. (Dirk Buchsteiner)

2025-02-21T19:29:30+01:0021. Februar 2025|Wasserstoff|

Upstream ist down

Lange Zeit galt auch bei uns: Jeder spricht über den Emissi­ons­handel, doch kaum jemand über die THG-Quote. Dabei spielt dieser Nachfolger der 2007 einge­führten Biokraft­stoff­quote gerade im sensiblen Bereich des Verkehrs eine entschei­dende Rolle. Die in § 37a BImSchG geregelte THG-Quote soll sicher­stellen, dass Inver­kehr­bringer fossiler Kraft­stoffe einen bestimmten Anteil nachhal­tiger Biokraft­stoffe bereit­stellen oder durch andere Erfül­lungs­op­tionen Treib­haus­gas­emis­sionen einsparen.

Zu diesen Erfül­lungs­op­tionen gehören neben der bekannten Anrechnung von Elektro­mo­bi­lität und alter­na­tiven Kraft­stoffen auch der Nachweis von Upstream-Emissi­ons­min­de­rungen (UER). Upstream-Emissi­ons­min­de­rungen beziehen sich auf die Reduktion indirekter Treib­haus­gas­emis­sionen. Dabei geht es nicht um Emissionen, die beim Betrieb eines Fahrzeugs entstehen, sondern um solche aus den vorge­la­gerten Prozessen Rohöl- und Gasför­derung und ‑transport.

Grund­sätzlich erscheint die Idee schlüssig: Entscheidend ist, dass Emissionen reduziert werden, unabhängig davon, an welcher Stelle dies geschieht. Doch 2024 kam der Verdacht auf, dass ein erheb­licher Teil dieser angeb­lichen Minde­rungen gefälscht gewesen sein soll. Die dekla­rierten Einspa­rungen sind umstritten, recht­liche Klärungen dauern an. Der in der Verordnung zur Anrechnung von Upstream-Emissi­ons­min­de­rungen auf die Treib­haus­gas­quote (UERV) vorge­sehene Mecha­nismus wird seitdem sehr kritisch diskutiert.

In der Folge brach der Markt für THG-Quoten drama­tisch ein, mit weitrei­chenden Konse­quenzen für die gesamte Liefer­kette. Das zuständige Minis­terium reagierte daraufhin mit einer Änderung der Verordnung: Die seit 2020 geltende Anrech­nungs­mög­lichkeit für Upstream-Emissi­ons­min­de­rungen endet mit dem Verpflich­tungsjahr 2024, § 3 Abs. 1 UERV. Im laufenden Jahr 2025 besteht diese Option nicht mehr. Nachdem bereits der Emissi­ons­handel der ersten Handel­s­pe­riode 2005 – 2008 durch massen­weise CER-Zerti­fikate aus dem Ausland massiv unter Druck geraten war, zeigt sich erneut, dass die Kontroll­me­cha­nismen für inter­na­tionale Projekte entweder unzurei­chend sind, um Betrug effektiv zu verhindern, oder derart restriktiv gestaltet werden müssen, dass sie jegliche Inves­ti­tionen unattraktiv machen. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass der Gesetz­geber nicht ein drittes Mal auf diese heiße Herdplatte fasst (Miriam Vollmer).

2025-02-17T16:46:30+01:0014. Februar 2025|Immissionsschutzrecht, Verkehr|

Über Eitelkeit, reisende Anwälte und weiße Krawatten

Anwälten sagt man nach, sie seien eitel. Diesem unver­schämten Vorurteil müsste wohl mit einer einst­wei­ligen Verfügung begegnet werden. Denn so ist es schließlich nicht. Wo kommen wir denn dahin. Ich und eitel… Oder doch? Jeden­falls gibt es losgelöst von einem selbst um den Anwalts­beruf einen gehörigen Berufs-Nimbus wonach nur „Berufs­träger“ (sprich: andere Anwäl­tinnen und Anwälte) „Kollegen“ sind. Niemand sonst. Kolle­ginnen und Kollegen werden dann auch als solche angeschrieben und sich den Gepflo­gen­heiten entspre­chend mit „freund­lichen kolle­gialen Grüßen“ schriftlich verab­schiedet. Wir Anwälte haben natürlich auch eine Berufs­ordnung und eine Berufstracht.

Nun sind wir gelegentlich (wobei Kollege Dr. Dümke – unsere Litigation-Geheim­waffe – gefühlt ja fast täglich) bei diversen Gerichten im Bundes­gebiet unterwegs. Nach einem Zwischen­stopp in Leipzig für eine umfang­reiche Inhouse-Schulung führte mich mein Weg in dieser Woche erst zur E‑world (mit unserem wunder­baren Stand als Energie­rechtseck gemeinsam mit den tollen Kollegen von Arven­steyn und Jung Rechts­an­wälte). Von Essen ging es dann ins beschaulich verschneite Rottweil. Das Ziel war das dortige Landge­richt, an dem ich für einen Mandanten dann trefflich streiten konnte. Wenn man so eine ganze Woche beruflich unterwegs ist, muss man auch gut packen. Doch was packt man ein als reisender Anwalt?

Es gab eine Zeit, da war der Anwalt stets Berufs­an­zugsträger. Durch Corona und Homeoffice haben wir gelernt, dass es auch ohne Anzug geht. Ich meine dennoch, dass ein Anzug ein wunder­bares Kleidungs­stück ist. Doch was ist mit der Krawatte? Als Krawat­ten­träger auf der E‑world bin ich sogar  auf diese angesprochen worden. „Sie tragen noch Krawatte? Ich dachte, die wäre endlich ausge­storben.“ Das Problem: Ich habe nicht nur eine Schublade voll von schönen Langbindern und Schleifen – alles viel zu schade, um diese nicht mehr zu tragen. Darunter sind auch drei oder vier weiße Krawatten. Dabei sind wir beim Thema: Trägt man eigentlich noch weiße Krawatten bei Gericht? Und was ist mit der Robe? Seitdem wir einen neuen Garde­ro­ben­ständer (Fritz Hansen) in der Kanzlei haben, hängen zumindest zwei davon inzwi­schen sehr schön.

Rechts­anwalt Prof. Dr. Bernhard Stüer (1948-2022), Öl auf Leinwand, Dirk Buchsteiner 2010

Wie steht es also um die Amtstracht des Anwalts als Organ der Rechts­pflege? Die Antwort ist: Es kommt darauf an. Antwort liefert hierauf die Berufs­ordnung für Rechts­an­wälte (BORA). Aus deren § 20 („Berufs­tracht“) folgt, dass der Rechts­anwalt vor Gericht als Berufs­tracht die Robe trägt, soweit das üblich ist. Eine Berufs­pflicht zum Erscheinen in Robe besteht beim Amtsge­richt in Zivil­sachen nicht. Was der Anwalt unter der Robe trägt, hat durchaus zu einigen Recht­strei­tig­keiten geführt. Dies betraf die Frage, ob es stets ein weißes Hemd und eine Krawatte sein müsse. Beim Packen der Reise­gar­derobe kam ich sodann ins Grübeln.

In Rottweil, dass bekanntlich in Baden-Württemberg liegt, spielt dann ja auch das eigene Landes­recht eine Rolle. Die dortige Amtstracht­ver­ordnung von 2014 regelt in seinem § 1 die Art und Ausge­staltung der Amtstracht. Diese besteht aus einer schwarzen Robe mit einem Besatz, der sich – so viel Unter­schied muss sein – wiederum nach der in Deutschland üblichen Besatz-Hierarchie richtet. Samt für Richter und Vertreter der Staats­an­walt­schaft. Rechts­an­wälte tragen einen Besatz aus Seide (bzw. i.d.R. Polyester). Zu der Robe haben Männer ein weißes Hemd mit weißer Krawatte oder weißer Fliege zu tragen. Frauen hingegen tragen eine weiße Bluse mit weißer Schleife oder einem weißen Schal. Soweit so einfach, oder? Doch lebt man dies noch so? Eine weiße Schleife (ich sage bewusst nicht Fliege dazu, denn die ist m.E. nicht selbst­ge­bunden) trug nur mein Lehrer und guter Freund Rechts­anwalt Professor Bernhard Stüer, der in diesem Jahr 77 geworden wäre. Auch die weiße Krawatte sieht man nur noch auf der Richterbank.

In Baden-Württemberg habe ich mich dann auch mal wieder getraut. Die Gegen­seite hatte nicht einmal eine Robe. Auch argumen­tativ fand ich mich durchaus überzeu­gender. Zumindest um eine Krawat­ten­breite. Kann sein, dass hier auch nur die Eitelkeit spricht… (Dirk Buchsteiner)

2025-02-15T00:25:49+01:0014. Februar 2025|re unterwegs|