Abschied von der deutschen Atomkraft

Der deutsche Atomaus­stieg ist in wenigen Tagen vollzogen. Nach 66 Jahren deutscher Nutzung von Atomstrom wird am 15. April 2023 die letzten drei deutsche Atomkraft­werke Isar 2, Emsland und Neckar­westheim 2 vom Netz gehen. Grund für uns, noch einmal kurzen einen Blick zurück zu werfen.

Hoffnung auf die atomare Zukunft

Der erste deutsche Kernre­aktor wurde 1957 in Betrieb genommen. Es handelt sich um einen Forschungs­re­aktor der TU München. Mit der Nutzung der Atomkraft waren zu dieser Zeit große Hoffnungen verbunden. Im Godes­berger Programm der SPD von 1959 wurde die Hoffnung geäußert „daß der Mensch im atomaren Zeitalter sein Leben erleichtern, von Sorgen befreien und Wohlstand für alle schaffen kann, wenn er seine täglich wachsende Macht über die Natur­kräfte nur für fried­liche Zwecke einsetzt“. Auf Ihrem Höhepunkt erzeugte die Kernkraft rund 30 % des deutschen Strom­be­darfes. Zuletzt waren es nur noch ca. 4 %.

Geschei­terte Projekte

Nicht jede Kraft­werks­planung war dabei eine Erfolgs­ge­schichte. Insgesamt 24 deutsche Anlagen waren in Planung, die aber nie in Betrieb gingen, weil entweder bereits die erfor­der­liche Geneh­migung nicht erteilt wurde oder aber der Bau aus anderen Gründen nie fertig gestellt wurde. So wie das Kernkraftwerk Kalkar, ein Gemein­schafts­projekt von Deutschland, Belgien sowie den Nieder­landen, dass 1985 zwar fertig­ge­stellt wurde, jedoch wegen Sicher­heits­be­denken nie in Betrieb ging.

Kernkraft­nutzung in der DDR

Die Nutzung der Atomkraft war kein allein westdeut­sches Projekt, denn auch die DDR betrieb  zwei eigene Kernkraft­werke. Das Kernkraftwerk Lubmin, dass 1995 still­gelegt wurde und das Kernkraftwerk Rheinsberg, dessen Abschaltung bereits 1990 erfolgte. Zudem sollte in Arneburg bei Stendal das größte Atomkraftwerk der DDR entstehen, das bei Fertig­stellung auch das größte Kernkraftwerk Deutsch­lands gewesen wäre. Doch die Wende kam hier dazwischen.

Wider­stand und Ausstieg

Der erste Wider­stand gegen die Kernkraft­nutzung in Deutschland begann sich in der Mitte der 70er Jahre zu formieren. Die Besetzung der Baustelle des AKW Wyhl von Februar bis Oktober 1975 gilt als Beginn der bundes­deut­schen Anti-Atomkraft-Bewegung. Im Landkreis Lüchow-Dannenberg entstand eine bekannte und lokal starke Bürger­initiative und Anti-Atomkraft-Bewegung, die bis heute präsent ist. Die Katastrophe von Tscher­nobyl im Jahr 1986 verstärkte die Ablehnung der Atomkraft in Teilen der Bevöl­kerung nur noch mehr. Die aus der Anti-Atomkraft­be­wegung hervor­ge­gangene neue Partei der GRÜNEN zog 1983 in den Bundestag ein und kurze Zeit später begann auch die SPD sich politisch von der Atomkraft abzuwenden. Der Atomaus­stieg wurde dann im Jahr 2000 beschlossen und in Folge der Katastrophe von Fukushima letzt­endlich auch von den nachfol­genden CDU Regie­rungen mitgetragen.

(Christian Dümke)

2023-04-13T21:55:00+02:0013. April 2023|Energiepolitik|

BGH: Kita gegen Spedition

Eigentlich hatten wir letztes Jahr immer mal wieder auch beim Bundes­ge­richtshof noch spannenden Entschei­dungen geguckt. Aber eine schöne hatten wir dabei übersehen: Eine Kita in der Stutt­garter Umwelt- und Lkw-Durch­fahrts­ver­botszone zur Verhin­derung von Feinstaub­be­lastung hatte gegen eine Spedition geklagt. Das Lkw-Durch­fahrts­verbot ist durch das Vorschrift­zeichen 253 zu § 41 Abs. 1 StVO mit dem Zusatz­zeichen nach § 39 Abs. 3 StVO „Liefer­verkehr frei“ (Nr. 1026–35 Verkehrs­zei­chen­ka­talog) angeordnet. Letztlich auf der Rechts­grundlage des § 40 BImSchG, nach dem Verkehrs­be­schrän­kungen zugunsten der Luftrein­haltung möglich sind.

LKW-Durchfahrtsverbot VZ 253 mit Zusatzzeichen Lieferverkehr frei

Dies war im Rahmen des Luftrein­hal­te­plans zur Reduzierung von Feinstaub und Stick­stoff­oxiden, also unter anderem zum Schutz der Gesundheit der Anwohner, angeordnet worden. Da trotz des Verbots immer wieder Lastkraft­wagen der Spedition mit einem höheren Gesamt­ge­wicht als 3,5 Tonnen durch die Straße mit der Kita gefahren waren, erhob die als einge­tra­gener Verein verfasste Kita zusammen mit einem Anwohner Klage vor einem Amtsge­richt. Sie forderten die Unter­lassung dieser Fahren, soweit sie nicht zum Transport von Gegen­ständen in die hinter dem Verbots­schild liegende Lkw-Durch­fahrts­ver­botszone oder zum Transport von Gegen­ständen aus dieser Zone dient.

Die Gerichte hatten in der ersten und der Berufungs­in­stanz den Unter­las­sungs­an­spruch, der sich nach § 1004 Abs. 1 in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB jeweils abgewehrt. Denn der Schadens­ersatz für unerlaubte Handungen nach § 823 Abs. 1 BGB erfordert eine konkrete Rechts­guts­ver­letzung. Also ist ein Nachweis erfor­derlich, dass durch die Rechts­ver­letzung jemand stirbt, erkrankt oder sein Eigentum beein­trächtigt wird.  Dies sei durch die Fahrten der Spedition nicht erfolgt. Eine bloße abstrakte Gefährdung sein nicht ausreichend.

Die Alter­native wäre § 823 Abs. 2 BGB gewesen: Dafür müsste aber eine Vorschrift verletzt worden sein, die gerade auch zum Schutz der Kläger dient.

Mit der Missachtung des durch § 41 Abs. 1 StVO in Verbindung mit Verkehrs­zeichen 253 angeord­neten Lkw-Durch­fahrts­verbots kein Kläger ausge­rich­tetes Schutz­gesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt. Das erstaunt, denn die Durch­fahrts­verbote sollen ja gerade auch dem Schutz der Bevöl­kerung vor Luftver­un­rei­nigung dienen. Ermäch­ti­gungsnorm ist demnach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG.

Um die Haftung nicht ausufern zu lassen, sei ein gesetz­liches Gebot oder Verbot als Schutz­gesetz nur geeignet, soweit das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinrei­chend klarge­stellt und bestimmt sind. Das sei im Fall der Luftrein­hal­te­pläne bzw § 40 BImSchG nicht der Fall.

Ohne uns jetzt in die Tiefen und Untiefen der Recht­spre­chung zu Schutz­ge­setzen locken zu lassen, man mag das finden wie mal will. Die Kita hat es offen­sichtlich nicht überzeugt, sie wär sonst nicht vor den BGH gezogen. Den Zivil­ge­richten könnte die Entscheidung bis 2035 einiges an Arbeit ersparen. (Olaf Dilling)

2023-04-12T22:18:50+02:0012. April 2023|Immissionsschutzrecht, Rechtsprechung, Verkehr|

Anpas­sungs­mög­lichkeit für Entlas­tungs­kon­tin­gente soll kommen (aber nur ein bisschen)

Na immerhin: Zu den viel bedau­erten Festle­gungen der Energie­preis­bremsen gehörte die Schwie­rigkeit, bei RLM-Kunden das Entlas­tungs­kon­tingent zu korri­gieren. Denn hier kommt es auf den gemes­senen Verbrauch 2021 an, vgl. § 6 Nr. 1b) und Nr. 2b) StromPBG und § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EWPBG und § 17 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EWPBG. Da eine Korrek­tur­mög­lichkeit in den Gesetzen nicht vorge­sehen ist, ist das Entlas­tungs­kon­tingent teilweise deutlich zu niedrig, wenn 2021 atypisch wenig verbraucht wurde. Dies betrifft vor allem Letzt­ver­braucher bzw. Kunden, die pande­mie­be­dingt 2021 nur einge­schränkt geöffnet hatten wie etwa Schwimm­bäder, Konzert­hallen, aber auch viele Geschäfte, Gastro­nomie und andere Einrichtungen.

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Für Gas und Wärme will der Gesetz­geber nun einen neuen § 37a EWPBG, für Strom einen § 12b StromPBG instal­lieren. Er soll zusätz­liche Entlas­tungs­be­träge erlauben, wenn der Begüns­tigte nachweist, dass er 2021 Corona-Hilfen oder Mittel aus dem Fonds Aufbau­hilfe 2021 erhalten hat, die gemessene Strom-/Gas-/ oder Wärme­menge um 50% oder mehr niedriger als 2019 war und keine Höchst­gren­zen­über­schreitung droht. Es gilt eine de minimis-Grenze von 1000 EUR.

Zuständig für die Gewähr soll die Prüfbe­hörde sein, die erst noch beliehen werden soll. So, wie die Normen ausge­staltet sind, können wohl nur krasse Fälle auf eine zusätz­liche Hilfe hoffen. Immerhin: In diesen Fällen können die Kunden nach Inkraft­treten des Pakets (derzeit liegt erst ein Kabinetts­be­schluss vor) auf Hilfe hoffen (Miriam Vollmer).

2023-04-07T03:11:01+02:007. April 2023|Energiepolitik|