Was für Regeln auf Fahrradstraßen gelten und welche Einschränkungen es für andere Verkehrsarten gibt, ist im öffentlichen Bewusstsein noch nicht besonders stark verankert. Dabei gibt es Fahrradstraßen mit amtlichem Verkehrszeichen in Deutschland bereits seit 1997. Möglicherweise sind die zahlreichen Ausnahmen für den Kraftfahrzeugverkehr ein Grund für die Verwirrung.
Seit der StVO Reform von 2021 haben sich die Voraussetzungen für die Einrichtung von Fahrradstraßen wesentlich vereinfacht, so dass Fahrradstraßen nun häufiger werden. Mittlerweile ist es nicht mehr erforderlich, dass Fahrradverkehr in einer Straße die vorherrschende Verkehrsart ist. Vielmehr kommt die Anordnung laut der Verwaltungsvorschrift zur StVO zu Zeichen 244.1 und 244.2 in Betracht auf Straßen mit einer „hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte, einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr“.
Insofern gibt es inzwischen auch verschiedene verwaltungsgerichtliche Verfahren in Zusammenhang mit Fahrradstraßen. Beispielsweise berichteten wir aus Hannover, in dem ein Gericht auf die Klage eines Anwohners und Kfz-Halters mehrfach deutlich gemacht hat, dass die Einrichtung von Fahrradstraßen dem Fahrradverkehr effektiv etwas „bringen“ müsse, um rechtmäßig zu sein. Mit dem Erfolg, dass die Verkehrsbehörde – letztlich zu Lasten des Klägers – inzwischen die Fahrradstraße auf eine Weise angeordnet hat, die wesentlich stärker in die Rechte der Autofahrer eingreift.
Auch Anfang diesen Monats gab es wieder eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung zu einer Fahrradstraße. Das OVG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung eines Unternehmens nicht zugelassen, das Gewerbegrundstücke an einer Fahrradstraße vermietet. Die Klägerin war der Auffassung, durch die Einrichtung der Fahrradstraße, die mit Zusatzschildern den motorisierten Verkehr zulässt, potentielle Mieter zu verlieren, die auf die Anfahrt mit dem Kfz und auf Parkplätze für Ladeverkehr angewiesen seien.
Das Gericht hat in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht Köln als Vorinstanz die Berufung bzw. Klage als unzulässig zurückgewiesen. Denn die Klägerin sei durch die Anordnung der Fahrradstraße nicht betroffen, weder als eigene Halterin von Kfz, was von ihr auch gar nicht geltend gemacht wurde, noch in ihrem Grundrecht auf Eigentum, da es allenfalls um bloße Gewinnaussichten ginge.
In diesem Rahmen setzt sich das Gericht auch mit dem Regelungsgehalt der Fahrradstraße auseinander. Der Inhalt der Anordnung ergibt sich aus Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 StVO (Rn. 23 zu Verkehrszeichen 244). Da aufgrund der Zusatzzeichen motorisierter Verkehr zugelassen sei, würde sich der Regelungsgehalt der Fahrradstraße im Wesentlichen darin erschöpfen, dass Fahrradfahrer nebeneinander fahren dürften. Zum ruhenden Verkehr seien in den Regeln zur Fahrradstraße keine Aussagen getroffen. Obwohl durch straßenverkehrsrechtliche Anordnung eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen sind, gibt es mit anderen Worten doch Möglichkeiten, die Zahl der potentiellen Kläger einzuschränken. Zumindest wer offensichtlich nicht Adressat eines Verkehrszeichens ist, kann nicht klagen. (Olaf Dilling)
[…] Keine Betroffenheit durch Fahrradstraße (recht energisch) […]
ich bin der Meinung, dass es gar keine echte Fahrradstraße bzw Fahrradzone gibt, denn alle „Fahrradstraßen“ und „Fahrradzonen“ haben Zusatzzeichen, welche den Kraftverkehr darauf erlauben. Was als Ausnahme gedacht war, ist die Regel.
Und verwirren tut die Beschilderung vor allem den Kraftverkehrsteilnehmer, denn manchmal werden Verkehrszeichen wie „Verbot der Einfahrt (VZ 267) durch „Fahrradstraße“ ohne Zusatzzeichen ersetzt und die Kraftfahrer fahren nun falsch rein. Dadurch, dass die meisten „Fahrradstraßen“ eben KFZ-Verkehr zulassen, wird das leider zur Gewohnheit an Schildern mit Fahrradsymbol einfach weiter zu fahren, was auch VZ 237, 240 und 241 betrifft.
Aus 30-Zone wurde hier Pseudo-„Fahrradstraße“ und der neuste Geniestreich der Verwaltung ist, die Pseudo-„Fahrradstraßen“ eines Viertels zu einer Pseudo-„Fahrradzone“ zusammen zu fassen um ein paar Angestellte mit Schilderwaldtausch zu beschäftigen und sich in der Presse besonders fahrradfreundlich zu geben.
Weniger ist mehr, ich wäre dafür das ganze Regel- und Schilderwaldgerümpel auszumisten und nur noch die notwendigsten einfachen Verkehrszeichen und Regeln einzuführen.
Haben Sie eigentlich schon mal eine echte Spielstraße in Ihrem Umfeld gesehen? Damit ist nicht das Zeichen „verkehrsberuhigter Bereich“ (VZ 325.1) gemeint.
Echte Fahrradstraßen sind tatsächlich rar, wobei es auch Lösungen mit Modalfiltern gibt (also Pollern oder anderen Hindernissen, die den Durchgangsverkehr von Kfz verhindern), die den Kfz-Verkehr auf ein Maß reduzieren, dass Fahrradverkehr die dominante Verkehrsart bleibt. Echte Spielstraßen gibt es inzwischen in Berlin-Kreuzberg einige, oft nur temporär. Angeordnet wird dort ein Verbot für Fahrzeuge aller Art mit entsprechenden Zusatzzeichen.
Die Poller sind entweder Gefahrstellen, die abgesichert werden müssen seitens der Straßenverkehrsbehörde oder verbieten als VZ 600–60 die Durchfahrt. Eine unproblematischen Modalfilter habe ich noch nie gesehen.
Das Wort Spielstraße gibt es in der StVO nicht. Man kann nur das Spielen auf der Fahrbahn zulassen. Das Wort Spiel kommt deutlich seltener vor als Parken übrings. Prioritäten halt.
Ich bin da inzwischen spitzfindig geworden, da wir nur weiter kommen, wenn nicht in der Diskussion jeder sich was anderes vorstellt bei einem Begriff.
Klar, mit „Spielstraßen“ werden im Volksmund ja die Verkehrsberuhigten Bereiche bezeichnet, also Verkehrszeichen 325. Daher meinte ich schon echte Spielstraße, also die Kombi aus VZ 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art, vulgo Durchfahrt verboten) und Zusatzzeichen 1010-10 (Piktogramm: spielendes Kind mit Ball).