Jeder angehende Jurist lernt sehr schnell, Rechtsbeziehungen im Dreipersonenverhältnis sind oft schwierig. So auch in einem Fall, den wir selbst für unseren Mandanten erfolgreich rechtlich begleitet haben:
Dort hatte ein Grundstückseigentümer die Dachfläche eines in seinem Eigentum stehenden Gebäudes einem Anlagenprojektierer zur Nutzung überlassen. Der Projektierer wollte darauf eine PV-Anlage errichten und diese dann aber nicht selber betreiben sondern einspeisebereit gegen Entgelt einem Investor übergeben. Hierfür hatte der Projektierer dem Investor auch bereits ein bestimmtes Fertigstellungsdatum zugesichert.
Für die Umsetzung dieses Projektes benötigte man allerdings noch den Netzbetreiber, damit dieser den Netzanschluss erstellt und hierfür insbesondere einen Transformator liefert und auf dem Grundstück errichtet. Der entsprechende Vertrag sollte dabei zwischen Netzbetreiber und Grundstückseigentümer geschlossen werden. Weil Letzterer mit der praktischen Umsetzung aber nicht viel zu tun haben wollte, stelte er dem Projektierer eine Vollmachtsurkunde aus, die diesen berechtigte, alle hierfür erforderlichen Verträge für den Grundstückseigentümer abzuschließen.
Leider lief dann wie so oft im Leben alles etwas anders als geplant und der Transformator wurde später geliefert als erwartet. Der Projektierer konnte seine Zusage gegenüber dem Investor nicht einhalten und leistete diesem Schadenersatz für die Verzögerung. Diese Summe wollte er dann gerne vom Netzbetreiber erstattet bekommen. Der verwies darauf, dass er mit dem Projektierer gar keinen Vertrag abgeschlossen habe. Sein Vertragspartner sei allein der Grundstückseigentümer, der Projektierer sei nur als dessen Vertreter tätig geworden. Und dem Grundstückseigentümer sei jedenfalls kein Schaden entstanden.
Daraufhin erklärte der Grundstückseigentümer dem Netzbetreiber, er verweigere jetzt die Bezahlung des Trafo in Höhe des Schadens, der dem Projektierer entstanden sei. Es läge ein Fall der sog. „Drittschadensliquidation“ vor, so dass er als Vertragspartner des Netzbetreibers den Schaden des Projektierers liquidieren könne. Zudem habe der Projektierer auch einen eigenen Schadenersatzanspruch gegen den Netzbetreiber, da die Vereinbarung über den Netzanschluss rechtlich als sog. „Vertrag mit Schutzwirkung Dritter“ einzustufen sei. Diesen Ersatzanspruch habe er sich jetzt vom Projektierer abtreten lassen und halte ihn dem Anspruch auf Bezahlung des Trafo entgegen.
Der Netzbetreiber verklagte daraufhin den Grundstückseigentümer auf Bezahlung des Trafo. Das für den Fall zuständige Landgericht Lüneburg löste den Fall pragmatisch:
Vertragspartner des Netzbetreibers und Schuldner des Lieferpreises für den Trafo sei der Grundstückseigentümer, der Projektierer sei eindeutig nur als dessen Vertreter aufgetreten. Eine Drittschadensliquidation scheide aus, da es an der erforderlichen „zufälligen Schadensverlagerung“ fehle.
Der Vertrag zwischen Netzbetreiber und Grundstückseigentümer sei auch kein „Vertrag mit Schutzwirkung Dritter“.
Um eine Haftung beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht uferlos auszu-weiten und dadurch die Grenzen zwischen Vertrags- und Deliktshaftung zu verwischen, sei der Kreis der Begünstigten grundsätzlich eng zu ziehen. Das vertragliche Haftungsri-siko (für vermutetes Verschulden!) müsse kalkulierbar bleiben. Wenn es daher – wie hier – keine ausdrückliche Einigung über die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrages gibt, müssten vier Voraussetzungen erfüllt sein: Vertrags-/Leistungsnähe, Interesse am Schutz des Dritten (Gläubigernähe), Erkennbarkeit des geschützten Perso-nenkreises und Schutzbedürfnis.
Vorliegend fehle es an der ausreichenden Erkennbarkeit des geschützten Personenkreises für den Netzbetreiber, für die der beklagte Grundstückseigentümer nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast trägt. Darüber hinaus seit es der Beklagten auch nicht gelungen, den Abschluss eines Fixgeschäftes hinsichtlich dem geschuldeten Lieferdatum des Trafo zu beweisen.
Landgericht Lüneburg, Urteil vom 04.04.2022, 10 O 179/21
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