Das Bundesverfassungsgericht hat heute mit Beschluss zum Aktenzeichen 1 BvR 1187/17 entschieden, dass das Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern (Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz – BüGembeteilG) ganz überwiegend mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
In dem Gesetz ist geregelt, dass Betreiber von Windenergieanlagen Anwohner und Gemeinden am Standort mit mindestens 20 % am Ertrag beteiligen müssen. Dies kann durch den Erwerb von Gesellschaftanteilen oder besonderen Sparprodukten realisiert werden. Zweck des Gesetzes ist es, die Akzeptanz für neue Windenergieanlagen zu verbessern und so den weiteren Ausbau zu fördern.
Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes sind die damit verfolgten Gemeinwohlziele des Klimaschutzes, des Schutzes von Grundrechten vor Beeinträchtigungen durch den Klimawandel und der Sicherung der Stromversorgung hinreichend gewichtig, um den mit der Beteiligungspflicht verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit der Vorhabenträger aus Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen zu können.
Die Gesetzgebungskompetenz des Landes Mecklenburg-Vorpommern sei gegeben. Die im Gesetz geregelte Abgabe sei keine Steuer im Sinne des Art. 105 GG. Die Abgabe diene nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung nicht der Finanzierung gemeindlicher Aufgaben, sondern – wie auch die alternative Pflicht zur gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der Projektgesellschaft – unmittelbar dem gemeinwohldienlichen Ausbau der Windenergie an Land. Mit dieser Zielsetzung unterfalle sie der Sachgesetzgebungskompetenz des „Energiewirtschaftsrechts“ nach Art 74 Abs. 1 Nr. 11 GG.
Vorhabenträger seien hierdurch nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt. Die den Vorhabenträgern auferlegten Pflichten seien im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet und erforderlich, um die bezweckten Gemeinwohlziele erreichen zu können. Insbesondere sei die Annahme des Gesetzgebers nicht zu beanstanden, dass die Akzeptanz für Windenergieanlagen an Land durch eine Beteiligung von Anwohnern und standortnahen Gemeinden an Windparks verbessert werden kann. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Vorhabenträger stehe auch – trotz erkennbar hoher Eingriffsintensität – nicht außer Verhältnis zum Gewicht und zur Dringlichkeit der verfolgten Gemeinwohlzwecke. Die insgesamt beträchtliche Gemeinwohlbedeutung der den Vorhabenträgern auferlegten Pflichten vermag nach Wertung des BVerfG die damit verbundene Beschränkung der Berufsfreiheit derselben trotz ihrer Intensität zu rechtfertigen.
Ein Eingriff in die Eigentumsfreiheit aus Art. 14 Abs. 1 GG liegt nicht vor, weil dieses Grundrecht vorliegend durch das sachnähere Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verdrängt werde, so das Gericht. Es läge auch keine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG vor, weil der Staat hier nicht gezielt auf Anteile einzelner Vorhabenträger an Projektgesellschaften zugreift, um mit diesen Anteilen bestimmte öffentliche Aufgaben erfüllen zu können.
Unverhältnismäßig sei lediglich die mit erheblichen Aufwendungen verbundene Pflicht zur unverzüglich nach Erhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung abzugebenden umfassenden Information der standortnahen Gemeinden über das Vorhaben und die wirtschaftlichen Daten eines Erwerbs von Anteilen an der Projektgesellschaft, soweit sie auch für diejenigen Vorhabenträger besteht, welche den Gemeinden anstelle eines Anteilserwerbs die Zahlung einer Abgabe anbieten möchten. Nach Auffassung des Gerichts hängt die Entscheidung der Gemeinden nämlich weniger von den näheren wirtschaftlichen Rahmendaten des Erwerbs von Anteilen an der Gesellschaft ab, zumal angesichts des strengen, ausschließlich auf die Erzeugung von Windenergie bezogenen Projektcharakters derselben ohnehin nicht von einem ernsthaften Verlustrisiko ausgegangen werden könne.
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