Die Redewendung vom „Wasser abgraben“ zeugt davon, dass Eingriffe in Ökosysteme, auch wenn sie auf privatem Grund vorgenommen werden, häufig auch in Rechte Dritter eingegreifen. Grade in der Wasserwirtschaft können lokale Änderungen weitreichende Auswirkungen haben. Das ist bei Staudämmen zur Regulierung großer Flüsse wie dem Nil oder dem Yangtze offensichtlich. Aber heute kommt unser Beispiel von der Müggelspree.
An der Müggelspree wurden Mitte der 2000er Jahre einige Altwässer wieder reaktiviert. Das hatte unterschiedliche Gründe. Unter anderem war durch Aufgabe einiger Braunkohletagebaue seit 1989 weniger sogenanntes Sumpfungswasser in die Spree eingeleitet worden, so dass der Wasserstand besonders bei Niedrigwasser gesunken war. Zum anderen hatte die Flussbegradigung dazu geführt, dass sich der Fluss tiefer eingegraben hat. Auch der Grundwasserspiegel war daher abgesunken. Das wirkt sich sowohl auf natürliche Ökosysteme als auch auf die Verfügbarkeit von Wasser für die Landwirtschaft aus.
Die Öffnung der Altwässer sollte dem entgegen wirken. Denn der Fluss läuft nun auch wieder im alten Bett, was zu einer Verlangsamung des Abflusses führt. Dafür wurden hinter den Durchstichstellen in den begradigten Flussabschnitten sogenannte Solschwellen, also Hindernisse im Flussbett eingebaut. Dadurch wird der Wasserstand geringfügig erhöht und das Wasser bei niedrigen Wasserständen in die Altwässer umgeleitet. Bei mittleren Wasserständen kann das Wasser jedoch zusätzlich auch durch die begradigten Flussabschnitte fließen.
Eigentlich dürfte daraus für den Naturschutz, für das Grundwasser aber auch für die benachbarten Landwirte eine erhebliche Verbesserung resultieren. Denn niedrige Wasserstände werden bei Trockenheit durch die Solschwellen und die verlangsamte Fließgeschwindigkeit durch die Mäander erhöht. Dies ist gerade angesichts der klimatischen Veränderungen mit Trockenperioden sinnvoll. Denn durch die Maßnahme erhöht sich auch der Grundwasserspiegel. Dagegen wird der Abfluss bei hohen Wasserständen nicht behindert. Im Gegenteil kann das Wasser nunmehr sowohl durch die Altwasser als auch durch die begradigten Abschnitte fließen.
Dennoch kam es nach der Renaturierung zu Beschwerden und sogar zu einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder). Ein Landwirt mit angrenzenden Weideflächen und Feldern war der Auffassung, dass die Renaturierung Hochwasser auf seinen Grundstücken verursacht habe. Zudem habe die Behörden bei der Umgestaltung versäumt, gemäß § 68 WHG ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) wies die Klage ab.
Denn zum einen waren die Flächen ohnehin als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen, so dass es schon zuvor regelmäßig zu Überflutungen gekommen war. So waren die vom Kläger beanstandeten Ereignisse auf den Eisgang im März zurückzuführen. Die Behörden hätten zwar auf rechtswidrige Weise ein Planfeststellungsverfahren unterlassen. Dies wäre bei der Umwandlung eines Stillgewässers in ein Fließgewässer durch den Anschluss der Altarme der Müggelspree an den „Hauptfluss“ erforderlich gewesen, durch den sie ein substantiell wesentlich anderes Gepräge erhalten hätten. Allerdings sei dadurch nicht nachweisbar in Rechte des Klägers eingegriffen worden (Olaf Dilling).
Ein Hinweis auf die bisher nicht eingetretene Rechtskraft dieses Skandalurteils wäre sicher angebracht gewesen.