Privatisierungen, so die Idee, sollen den Staat von unnötiger Bürokratie und finanziellen Belastungen befreien. Zugleich soll die Aufgabenerfüllung effizienter werden, so dass mit jedem investierten Euro mehr von den (vormals) staatlichen Aufgaben erfüllt werden kann. Dass diese Idee sich im Bereich der Daseinsvorsorge nur bedingt bewährt hat, demonstrieren viele Beispiele seit den Hochzeiten des Thatcherismus zu Anfang der 1980er. Oft wurden hier über kurzfristigen Profiten nämlich langfristige Investitionen in Infrastruktur vernachlässigt.
Aber nun zum eigentlichen Thema, der Reform der Bundesfernstraßenverwaltung. Genau gesagt soll sich vor allem die Verwaltung der Bundesautobahn u.a. nach Änderung des Art. 90 Grundgesetz (GG) ändern. Schon zum Ende diesen Jahres sollen die neuen Strukturen greifen, auch wenn offenbar noch nicht alle Details geklärt sind.
Die Reform führt zunächst einmal zu einer Zentralisierung. Die bisher in den Händen der Länder liegende Auftragsverwaltung der Bundesautobahnen wurde nämlich per Verfassungsänderung dem Bund übertragen. Dafür wird in Leipzig ab 01.01.2021 das neue Fernstraßen-Bundesamt entstehen.
Neben der Zentralisierung beim Bund geht es aber auch um eine – wenn auch entschärfte – Privatisierung: Der Bund darf sich bei der Erledigung seiner neuen Aufgaben nämlich auch der Formen des Privatrechts bedienen. Praktisch ist das die inzwischen vom Verkehrsministerium gegründete Gesellschaft namens „Die Autobahn GmbH des Bundes“. Dabei ist aber eine vollwertige Privatisierung u.a. auf Betreiben des Koalitionspartners SPD, ausgeschlossen worden. Das heißt, dass in Art. 90 Abs. 2 Satz 3 GG nun festgelegt ist, dass die Gesellschaft im unveräußerlichen Eigentum des Bundes steht.
Außerdem ist geplant, die Autobahn GmbH mit der DEGES, der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und ‑bau GmbH, zu verschmelzen. Diese Gesellschaft wurde nach der Wiedervereinigung gegründet, um für die Bundesländern Aufgaben der Bundesfernstraßenverwaltung wahrzunehmen. Da sie weiterhin Aufgaben der Länder wahrnehmen wird, kommt es hier zu einer Mischverwaltung. Insofern bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Konstruktion, die u.a. im Rahmen einer kleinen Anfrage der Grünen an die Bundesregierung im Bundestag thematisiert wurden. Dazu hatte das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur Anfang diesen Jahres ein Rechtsgutachten durch KPMG erstellen lassen.
Welche Vorteile gibt es also, wenn die Privatisierung ohnehin nur die Form betrifft? Nun, offenbar verspricht sich die Regierung davon, dass private Angestellte ihre Aufgaben effizienter verrichten als Beamte, da sie durch finanzielle Anreize besser zu steuern sind. Allerdings schlägt sich das aktuell auch in entsprechend hohen Gehältern nieder. Denn die Beamtinnen und Beamten der bisherigen Landesverwaltungen wären schlecht beraten, wenn sie sich ihren Statusverlust beim Wechsel in die Privatwirtschaft nicht entsprechend hoch bezahlen ließen. Dazu kommen – wie im Verkehrsressort keine Neuigkeit – hoch bezahlte Gutachten von externen Experten.
Insgesamt laufen die Kosten der Reform so sehr aus dem Ruder und die Umsetzung hinkt dem Zeitplan bereits so weit hinterher, so dass im Tagesspiegel schon von einem zweiten „BER“ die Rede ist. Mit anderen Worten, Privatisierungen mögen zwar, wenn sie gut gemacht sind, das Potential zu Einsparungen und effizienter Aufgabenbewältigung haben. Aber sie bergen auch das Risiko, dass viel Geld ausgegeben wird, das am Ende doch nicht dem öffentlichen Wohl zu Gute kommt (Olaf Dilling).
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