Wenn wir gegen ein privates Unternehmen oder gar eine Privatperson in die Schlacht ziehen und gewinnen, steht uns bewaffnet mit einem vollstreckungsfähigen Titel das ganze Arsenal der Zwangsvollstreckung zu Gebote. Wir können z. B. Gehälter pfänden, goldene Uhren versteigern lassen, Zwangshaft beantragen, und irgendwann werden wir schon bekommen, was wir wollen.
Geht es gegen den Staat, sieht die Sache schon anders aus. Denn der Gesetzgeber, die gute Seele, sah es als abgemacht an, dass der Staat sich an Urteile, die gegen ihn ergehen, auch hält. Deswegen enthalten die §§ 167 VwGO ff. nur einen recht kümmerlichen Minimalbestand an Zwangsmaßnahmen. Geht es um Geld, reicht das sogar. Wird der Staat aber zu Handlungen oder Unterlassungen verurteilt, gegen die er sich mit aller Macht sperrt, dann sieht es in den letzten Jahren zunehmend schwieriger aus. Paradebeispiel dieser Entwicklung: Die Dieselfahrverbote. Hier gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Verurteilungen, unzureichende Luftreinhaltepläne unter Einschluss von Fahrverboten für die besonders schadstoffreichen älteren Dieselkraftfahrzeuge nachzubessern, aber wenn der Staat – etwa der Freistaat Bayern – sich einfach weigert, waren die Gerichte bisher weitgehend machtlos. Zwangsgelder üben keine Zwangswirkung aus, wenn der Staat sie (wie alle Zwangsgelder) wieder in die Staatskasse einzahlt. Und die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) beantragte Zwangshaft (zur Problematik auch hier) hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 19.12.2019 zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber an ausgesprochen hohe Hürden geknüpft (C‑752/18).
Einen neuen Weg im Umgang mit der widerspenstigen Verwaltung geht nun das VG Stuttgart, ebenfalls in einem Klageverfahren der DUH wegen Dieselfahrverboten (VG 17 K 5255/17). Hier geht es um ein nunmehr drittes Vollstreckungsverfahren wegen einer Verurteilung, die der Stadt Stuttgart und dem beklagten Land Baden-Württemberg nicht passt. Die bisher verhängten Zwangsgelder richteten nichts aus, denn die zahlte das Land ja an sich, und was sind in Abwägung zu den politischen Kosten schon läppische 10.000 EUR? Nun aber zieht das VG Stuttgart mit Beschluss vom 21.01.2020 andere Saiten auf. Ausgehend von der Vergeblichkeit der bisherigen Zwangsgeldfestsetzungen stellt das VG Stuttgart fest, dass Zwangsgeld keineswegs verpflichtend in die Landeskasse zu zahlen ist, und verhängt unter Rückgriff auf § 167 VwGO ein Zwangsgeld von 25.000 EUR, die an die Deutsche Kinderkrebsstiftung zu zahlen sind.
Nun glaubt wohl auch das VG Stuttgart nicht daran, dass 25.000 EUR ein Bundesland wirklich in die Knie zwingen können. Um so bemerkenswerter ist die Passage im Beschluss, in dem das Gericht auf die Möglichkeit der Zwangshaft als ultima ratio anspricht. Man wird sehen, wie die Gerichte reagieren, wenn weiter nichts passiert, um rechtskräftige Urteile umzusetzen, und wie die erwähnte Entscheidung des EuGH aus dem Dezember hierbei verarbeitet wird (Miriam Vollmer).
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