Die Nerven liegen blank. Seit in Nordrhein-Westfalen das erste Mal sogar ein Stück Autobahn vom Fahrverbot für ältere Diesel­fahr­zeuge betroffen sein wird, wird vielen Bürgern offenbar erst richtig klar, was Diesel­fahrern in den nächsten Jahren droht. Mancher Politiker scheint aller­dings weniger die Emissionen von Stick­oxiden und Feinstaub als das eigent­liche Problem zu betrachten und geht statt­dessen auf den Überbringer der schlechten Nachricht, dass die Luft in Deutsch­lands Städten den Quali­täts­an­for­de­rungen des Gemein­schafts­rechts nicht genügt, los. Derzeit steht die Anregung im Raum, der Deutschen Umwelt­hilfe (DUH), die landauf, landab Städte verklagt, die Gemein­nüt­zigkeit abzuer­kennen und sie vom Verbands­kla­ge­recht auszuschließen.

Aber geht das so einfach? Wann eine Körper­schaft gemein­nützig ist, ergibt sich aus § 52 Abs. 1 Abgaben­ordnung (AO). Hier sind die Voraus­set­zungen für die Gemein­nüt­zigkeit aufge­führt. Unter den dort aufge­führten Zwecken finden sich auch der Natur­schutz, der Umwelt­schutz, das öffent­liche Gesund­heits­wesen und die öffent­liche Gesund­heits­pflege. Die Tätigkeit der DUH dient also anerkannten Zwecken. Dass der Verband bei der Verfolgung seiner Ziele deutlich rigider vorgeht als andere mit ähnlichen Anliegen, schließt seine Gemein­nüt­zigkeit nicht aus. Auch im Hinblick auf die anderen in § 52 AO genannten Voraus­set­zungen ist es kaum denkbar, der DUH die Gemein­nüt­zigkeit abzuer­kennen. Insbe­sondere der bisweilen geäußerte Vorwurf, es handele sich um einen „Abmahn­verein“, und die DUH erhalte Spenden von Toyota führen nicht zur Aberkennung der Gemein­nüt­zigkeit. Hierfür gibt es schlicht keine recht­liche Grundlage.

Doch wäre der Verband über eine Änderung des Umwelt-Rechts­be­helfs­ge­setzes (UmwRG) zu fassen? Dieses Gesetz stellt die Grundlage für die Verbands­klage im Verwal­tungs­pro­zess­recht dar. Anerkannte Umwelt­ver­bände können damit die Verletzung von Umwelt­ge­setzen vor Gericht ziehen.

Wann eine Körper­schaft als Klage berechtigt anzusehen ist, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 des UmwRG. Hiernach sind Verei­ni­gungen klage­befugt, wenn sie ideell und dauerhaft die Ziele des Umwelt­schutzes fördern, was auf die DUH zweifellos zutrifft. Weiter müssen sie seit mindestens drei Jahren bestehen, auch das ist kein Problem, und die Gewähr für eine sachge­rechte Aufga­ben­er­füllung bieten. Die Gemein­nüt­zigkeit ist eine weitere Voraus­setzung, außerdem muss ein Verband den Eintritt als Mitglied ermög­lichen. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 der Satzung der DUH.

Eine Änderung dieser Regelung dürfte schwierig werden. Denn der deutsche Gesetz­geber ist hierbei nicht frei. Die Regelung basiert auf Art. 10 a der Richt­linie 2003/35/EG. Die Bundes­re­publik muss sich an diese Vorgaben also halten, weil Gemein­schafts­recht dem deutschen Recht stets vorgeht. In diesem Fall ist nicht einmal die EU bei der Ausge­staltung frei, weil hinter der Richt­linie die Aarhus-Konvention, also ein völker­recht­liches Dokument, steht.

Doch selbst wenn dem nicht so wäre, wäre ein Gesetz, in dem alle diese Rechte für jedermann gelten, mit Ausnahme der DUH nicht verfas­sungs­konform. Dies ergibt sich aus Art. 19 Grund­gesetz (GG), der Einzel­fall­ge­setze verbietet.

Es sieht also schlecht aus für den Versuch, den Diesel­fahrern ihr Auto über eine solche Geset­zes­än­derung zu erhalten. Da hilft wohl nichts: Teilweise muss nachge­rüstet werden. Teilweise müssen die Autofahrer mit den drohenden Einschrän­kungen wohl schlicht leben.