Na gut: Schön ist das nicht. Ein oberer dreistelliger Millionenbetrag soll – wir berichteten vor einigen Wochen über den Entwurf – aus der Staatskasse an RWE und Vattenfall gezahlt werden. Was bekommen wir für unsere Steuergelder? Zunächst einmal: Nichts.
Durch die Zahlung beruht keineswegs auf der heißen Liebe des Gesetzgebers zu den Unternehmen, die die Atomkraftwerke Brunsbüttel, Krümmel und Mühlheim Kärlich betrieben bzw. betreiben. Vielmehr hatte der Gesetzgeber ursprünglich im März 2011 geplant, die den Kernkraftwerken der Unternehmen zugestandenen Reststrommengen entschädigungslos zu entziehen, nachdem nach der Katastrophe in Fukushima die Gefährlichkeit der Kernenergie in den Augen der Bundesregierung noch einmal neu bewertet wurde. Das Problem an der Sache: Im Vorjahr hatte derselbe Gesetzgeber denselben Betreiber von Kernkraftwerken noch zusätzliche Elektrizitätsmengen gewährt und damit die zuvor von Rot-Grün eingeschränkte wirtschaftliche Nutzbarkeit ihrer Kraftwerke drastisch vergrößert. Denn die rot-grüne Koalition hatte ursprünglich den Ausstieg aus der Kernkraft betrieben und den Übergang in eine atomkraftfreie Zukunft durch ein Reststommengenmodell organisiert.
Wie aber schon der Volksmund sagt: Geschenkt ist geschenkt. Wiederholen ist gestohlen. In deutlich wohlgesetzteren Worten sagte eben das auch das Bundesverfassungsgericht, das mit Urteilen vom 06.12.2016 (1 BvR 2821/11, 1 BvR 321/12, 1 BvR 1456/12) zwar den Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Kernenergie im Wesentlichen absegnete. Aber für die beiden Unternehmen, die die 2010 zusätzlich gewährten Mengen nicht mehr im Konzern verschieben konnten, in Leitsatz 7 und 8 Entschädigungen einforderte. Die Unternehmen hatten im Vertrauen auf die gesetzliche Regelung aus 2010 schließlich Investitionen getätigt.
Dieses Urteil muss der Gesetzgeber nun noch umsetzen. Er wird deswegen die § 7e bis 7g in das Atomgesetz einfügen, und dort die Anspruchsgrundlagen und auch das Verfahren für die Entschädigungen regeln. Technisch soll das so aussehen, dass 2023 Kassensturz gemacht wird: Für diejenigen Elektrizitätsmengen, die in den beiden betroffenen Konzernen auf kein anderes Kernkraftwerk mehr übertragen werden konnten, gibt es dann Geld. Da natürlich Entschädigungen nur für Schäden fließen können, die den betreffenden Unternehmen dann auch wirklich entstanden sein werden, ist heute noch nicht klar, wie hoch diese Entschädigung genau ausfallen wird. Für die Frage, was RWE und Vattenfall wohl verdienen würden, wäre die Bundesrepublik 2011 nicht ausgestiegen oder hätte 2010 keine Laufzeitverlängerung gewährt, sind die künftigen Strompreise natürlich ebenso wichtig wie die Frage, ob nicht doch noch Übertragungen auf andere konzerneigene Kernkraftwerke möglich sein werden. Diese Übertragungsmöglichkeit wird indes kritisch gesehen: Bein Übertragung der Reststrommengen auf norddeutsche Kraftwerke würden die schon bestehenden Netzengpässe nochmal deutlich verstärkt, die sich derzeit daraus ergeben, dass Strom oft im Norden erzeugt, aber im Süden verbraucht wird. Das dürfte auch die Kosten nochmal steigern, die sich aus Maßnahmen wie Redispatch ergeben.
Aller menschlichen Voraussicht nach wird 2023 das Kapitel Kernenergie für die deutsche Erzeugungslandschaft also mit einer Abschlusszahlung beendet sein. Und bei allem berechtigten Ärger des Steuerzahlers: Vielleicht ist es das am Ende sogar wert. Ein letzter goldener Handschlag für eine untergegangene Welt.
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