Verfassungsrecht und Solardeckel: Der BSW in Karlsruhe
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) hat einen Antrag auf verfassungsrechtlichen Eilrechtsschutz initiiert, den das Unternehmen Next Energy erhoben hat. Er richtet sich gegen den Solardeckel, also die Regelung in § 49 Abs. 5 EEG 2017, die vorsieht, dass bei insgesamt 52 GW Leistung von PV-Anlagen die Vergütung für neue Solaranlagen mit bis zu 750 kW auf null sinkt. Der weitere Ausbau wäre damit finanziell so unattraktiv, dass es absehbar keinen Zubau über wenige Eigenversorgungsmodelle hinaus geben würde.
Doch wo ist der rechtliche Ansatzpunkt, um die Bundesrepublik dazu zu zwingen, eine Regelung nun vor deren „Scharfschaltung“ aufzuheben? Die Bundesregierung hat mehrfach, insbesondere im September 2019, beteuert, sie plane, diese für die Solarwirtschaft desaströse Regelung abzuschaffen. Der Gesetzgeber ist aber erst einmal frei darin, ob er Ankündigungen auch umsetzt. Schließlich ist er der Souverän und keineswegs daran gebunden, was die Regierung, also die Exekutive, plant. In diesem Fall allerdings sieht die Sache möglicherweise anders aus. Denn § 49 Abs, 6 EEG 2017 enthält eine Regelung, die vom „Normalfall“ gesetzlicher Regelungen abweicht, wenn es heisst:
„Die Bundesregierung legt rechtzeitig vor Erreichung des in Absatz 5 bestimmten Ziels einen Vorschlag für eine Neugestaltung der bisherigen Regelung vor.“
Der hier erwähnte Zeitpunkt, in dem der 52 GW-Deckel fast erreicht ist, liegt aktuell vor. Die Bundesregierung hat auch genau das getan, was § 49 Abs. 6 EEG 2017 vorsieht, sie hat nämlich einen Vorschlag vorgelegt: Schon seit September letzten Jahres steht die Ankündigung, die Regelung zu streichen. Doch geht der Regelungsgehalt der erwähnten Norm möglicherweise über die Anordnung einer folgenlosen Ankündigung hinaus? Immerhin geht es hier um die wirtschaftliche Existenz einer ganzen Branche, und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ist über Art. 14 Abs, 1 GG ebenso geschützt wie die Berufsfreiheit, die beide in Zusammenhang mit der gesetzlichen Beschränkung der Förderung diskutiert werden könnten.
Allerdings: Ist die Zusicherung einer Lösung im Gesetz und das wirtschaftliche Interesse am Fortbestand einer Förderung wirklich genug, um einen verfassungsrechtlichen Verstoß festzustellen? Das Interesse am Fortbestand eines Förderinstruments ist immerhin kein Teil des verfassungsrechtlich geschützten Eigentums. Insofern ist es ausgesprochen fraglich, ob Verband und Unternehmen sich von dem Eilantrag nach Karlsruhe wirklich eine Entscheidung versprechen, die den Gesetzgeber kurzfristig zur Änderung des EEG zwingt. Viel spricht dafür, dass es hier eher um die Publizitätswirkung geht. Denn abseits der juristischen Frage, ob es die Next Energy hier wirklich ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht geltend machen kann, in das die Bundesrepublik Deutschland rechtfertigungslos eingreift, indem sie den 52-GW-Deckel nicht aufhebt, bleibt es ein politischer Skandal, dass eine Regelung, die jeder aufheben will, weil sie Wirtschaft wie Klimazielen schadet, immer noch im Gesetz steht (Miriam Vollmer).