OLG Düsseldorf verpflichtet Versorger ENNI Kunden auf mögliche Erstat­tungs­an­sprüche hinzuweisen

Heute möchten wir auf eine inter­es­sante aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 07.04.2022 hinweisen.

Auf Betreiben der Verbrau­cher­zen­trale Nordrhein-Westfalen e.V wurde der Energie­ver­sorger ENNI Energie Umwelt Nieder­rhein GmbH darin zunächst verpflichtet es zu unter­lassen ihre Kunden über eine beabsich­tigte Änderung der Vertrags­be­din­gungen und über ihre Rücktritts­rechte nicht auf trans­pa­rente und verständ­liche Weise zu unter­richten oder die Allge­meine Geschäftsbedingung

Sollten Sie sich nicht bei uns melden, dann versorgen wir Sie ab dem 1. Januar 2020 zu den unten aufge­führten Preisen und ihrer bishe­rigen Wunschlaufzeit.“

gegenüber ihren Kunden zu verwenden oder sich darauf zu berufen.

Das OLG bestä­tigte damit die Wertung der Vorin­stanz Landge­richt Kleve, wonach das von ENNI gegenüber ihren Kunden verwendete Preis­an­pas­sungs­schreiben intrans­parent formu­liert sei und ein Schweigen der Kunden hierauf keineswegs als Zustimmung gewertet werden könne.

Darüber hinaus verpflichtete das OLG die ENNI die betrof­fenen Kunden einzeln anzuschreiben und auf die Unwirk­samkeit der Preis­an­passung sowie auf mögliche Erstat­tungs­an­sprüche der Kunden hinzu­weisen. Der Inhalt des entspre­chenden Muster­schreibens wurde der ENNI dabei auf Antrag der Verbrau­cher­schutz­zen­trale vom Gericht wörtlich vorgeschrieben.

Eine unange­nehme Rechts­folge für den Versorger, denn wer macht gerne auf eigene Fehler aufmerksam und lädt dann noch Kunden dazu ein, mögliche Erstat­tungs­an­sprüche zu prüfen? Möglich macht dies §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, der nicht nur die Pflicht zur Unter­lassung von unlau­teren Wettbe­werbs­me­thoden, sondern auch eine Pflicht zur Folgen­be­sei­tigung vorsieht.

Die betrof­fenen Kunden der ENNI erhalten so nach Auffassung des OLG Düsseldorf vielmehr einen nach den beson­deren Umständen des vorlie­genden Einzel­falls gebotenen Hinweis auf die Möglichkeit zur Klärung von Erstat­tungs­an­sprüchen. Ein schutz­wür­diges Interesse der Beklagten an einer von ihr begehrten Abschwä­chung der Aussa­ge­kraft des Berich­ti­gungs­schreibens bestände nicht, denn es gehe ihr ersichtlich darum, die Erträge aus ihrem unlau­teren Verhalten zu sichern – so das OLG.

Es bleibt abzuwarten, ob der Versorger nun mit Rückfor­de­rungs­an­sprüchen seiner Kunden konfron­tiert wird.

(Christian Dümke)

2022-05-17T19:54:56+02:0017. Mai 2022|Rechtsprechung|

Die Anpassung des Energie­preises – kein Automatismus!

Gerade steigen wieder die Energie­preise und Letzt­ver­braucher sehen sich mit Preis­an­pas­sungen ihres Strom- oder Gasan­bieters konfron­tiert. Was hier oft so einfach und selbst­ver­ständlich zu funktio­nieren scheint, ist rechtlich eigentlich nicht völlig unproblematisch.

Denn Kunde und Versorger sind irgendwann einmal einen Liefer­vertrag einge­gangen und haben sich dabei auf einen Liefer­preis (Anfangs­preis) geeinigt. Nach dem Grundsatz „Verträge sind zu halten“ ist der Versorger damit zunächst verpflichtet die Energie genau zum verein­barten Preis zu liefern. Es gibt kein automa­ti­sches Recht des Energie­ver­sorgers (Telekom­an­bieters, Bank, Zeitschrif­ten­zu­stellers etc.) nachträglich einfach neue Preise einseitig festzu­legen (auch wenn einige gerne mal so tun).

Eine Preis­an­passung in einem laufenden Energie­lie­fer­vertrag ist damit nur möglich, wenn hierfür ein Preis­an­pas­sungs­recht besteht. Ein solches Recht kann entweder gesetzlich festgelegt sein (so wie im Bereich der gesetz­lichen Grund­ver­sorgung) oder aber vertraglich vereinbart werden durch sogenannte Preis­an­pas­sungs­klauseln in den Vertragsbedingungen.

Hat sich ein Energie­ver­sorger in seinen Liefer­be­din­gungen ein solches Preis­an­pas­sungs­recht vorbe­halten, muss dieses auch rechtlich wirksam sein. Die Recht­spre­chung hat hierbei recht hohe Hürden aufge­stellt und regel­mäßig Preis­an­pas­sungs­klauseln für unwirksam erklärt. Dabei ist die Ausgangs­prä­misse eigentlich recht simpel – eine solche Klausel muss für den Kunden ausrei­chend trans­parent sein und darf ihn nicht unange­messen benach­tei­ligen. Der Teufel steckt hier oft im Detail, insbe­sondere da nach der Recht­spre­chung des BGH die Wirksamkeit jeder Klausel an der kunden­feind­lichsten Auslegung zu messen ist.

Weil solche Klauseln gleichwohl markt­üblich sind, hat der Gesetz­geber zahlreiche beglei­tende Vorgaben erlassen, für den Fall dass der Versorger entspre­chende Klauseln verwendet. Gem. § 41 Abs. 5 EnWG ist der Kunde daher über Preis­än­de­rungen spätestens zwei Wochen, bei Haushalts­kunden spätestens einen Monat, vor Eintritt der beabsich­tigten Änderung zu unter­richten. Das gibt dem Kunden die Gelegenheit zu prüfen, ob er den Vertrag zu den neuen Preisen fortsetzen möchte oder aber sein gesetzlich garan­tiertes Sonder­kün­di­gungs­recht ausüben möchte – hierauf muss der Versorger den Kunden im Rahmen der Preis­än­de­rungs­mit­teilung sogar extra hinweisen.

Überhaupt ist diese Mitteilung eine weitere recht­liche Hürde, denn sie muss dem Kunden recht­zeitig zugehen und ihn über Art, Anlass und Umfang der Preis­än­derung ausrei­chend infor­mieren. Hierzu ist es erfor­derlich, dass der Versorger hinrei­chend deutlich erklärt, was genau der Grund der Preis­an­passung ist, insbe­sondere welcher Preis­faktor in welchem Umfang gestiegen ist. Wir berich­teten.

All diese Vorgaben sind in der Praxis fehler­an­fällig und können im schlimmsten Fall zur Unwirk­samkeit einer Preis­an­passung führen. Der Kunde hat dabei 3 Jahre Zeit seiner Abrechnung unter Berufung auf eine unwirksame Preis­an­passung zu widersprechen.

(Christian Dümke)

 

2021-12-10T17:43:30+01:0010. Dezember 2021|Grundkurs Energie, Vertrieb|

(Neue) Recht­liche Anfor­de­rungen an Preisanpassungsmitteilungen

In Zeiten steigender Energie­be­zugs­preise haben Energie­ver­sorger bei der Lieferung von Strom und Gas das Bedürfnis Preis­stei­ge­rungen beim Energie­bezug, aber auch erhöhte Steuern, Abgaben oder Umlagen in Gestalt einer Preis­an­passung an ihre Kunden weiterzugeben.

Das ist auch grund­sätzlich zulässig, sofern der Vertrag ein wirksames vertrag­liches Preis­an­pas­sungs­recht enthält und dieses korrekt ausgeübt wird. Zu den formalen Anfor­de­rungen an eine Preis­an­passung gehört (auch) die korrekte Preisanpassungsmitteilung.

Haben viele Versorger hier in der Vergan­genheit oftmals zu eher wolkigen Formu­lie­rungen gegriffen und auf „allge­meine Verteue­rungen“ oder „die Kosten der Energie­wende“ verwiesen, hat der Gesetz­geber seit August diesen Jahres die Anfor­de­rungen an den Inhalt von Preis­an­pas­sungs­mit­tei­lungen deutlich erhöht – und das mutmaßlich unbemerkt von weiten Teilen der Branche.

In § 41 Abs. 5 EnWG heißt es dazu:

Energie­lie­fe­ranten, die sich im Vertrag das Recht vorbe­halten haben, die Vertrags­be­din­gungen einseitig zu ändern, haben Letzt­ver­braucher recht­zeitig, in jedem Fall vor Ablauf einer Abrech­nungs­pe­riode, auf einfache und verständ­liche Weise über die beabsich­tigte Ausübung eines Rechts auf Änderung der Preise oder sonstiger Vertrags­be­din­gungen und über die Rechte der Letzt­ver­braucher zur Vertrags­be­en­digung zu unter­richten. Über Preis­än­de­rungen ist spätestens zwei Wochen, bei Haushalts­kunden spätestens einen Monat, vor Eintritt der beabsich­tigten Änderung zu unter­richten. Die Unter­richtung hat unmit­telbar zu erfolgen sowie auf verständ­liche und einfache Weise unter Hinweis auf Anlass, Voraus­set­zungen und Umfang der Preis­än­de­rungen.“

Der letzte Satz hat es dabei in sich, denn der BGH hat hierzu bereits im Jahr 2018 mit Urteil vom 06. Juni 2018, Az. VIII ZR 247/17 für die gesetz­liche Grund­ver­sorgung entschieden, was genau die Unter­richtung über „Art, Anlass und Umfang der Preis­än­derung“ bedeutet. Der BGH führt dort nämlich aus, dass im Preis­an­pas­sungs­schreiben jeder (!) Kosten­faktor einzeln genannt (!) sein muss:

Um die vom Verord­nungs­geber angestrebte Kosten­trans­parenz zu gewähr­leisten, ist es erfor­derlich, dass sich dem Kunden aus der brief­lichen Mitteilung selbst erschließt, welche der vom Grund­ver­sorger nicht beein­fluss­baren Preis­fak­toren sich im Einzelnen in welcher Höhe und in welche Richtung verändert haben. Denn der Bundesrat hat – was der Verord­nungs­geber aufge­nommen hat – eine bloße Infor­mation der Haushalts­kunden über Umfang, Anlass und Voraus­set­zungen der Preis­än­derung gerade nicht für ausrei­chend erachtet, weil der Kunde hierdurch nicht erkennen kann, auf welchen Preis­fak­toren eine Erhöhung im Einzelnen beruht, was wiederum dazu führt, dass er keine anbie­ter­über­grei­fenden Vergleichs­mög­lich­keiten hat Aus diesem Grunde hat er es zusätzlich für notwendig erachtet, dass der Kunde durch eine erneute Angabe der in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 StromGVV aufge­führten Kosten­fak­toren in die Lage versetzt wird, die jewei­ligen Änderungen zu vergleichen und ihre Auswir­kungen auf den Strom­preis sowie die Ursache der Preis­än­derung nachzuvollziehen.“

Der BGH hat weiterhin ausge­führt, dass ein nur allgemein gehal­tenes Mittei­lungs­schreiben des Versorgers nicht ausreicht:

Welche dieser Kosten­fak­toren sich konkret – sei es in Form einer Erhöhung, sei es in Form eines Absinkens – verändert haben und damit Anlass für die beabsich­tigte Preis­er­höhung gewesen sind, hat die Beklagte jedoch – anders als die Anschluss­re­vision der Beklagten meint – nicht angegeben. Sie hat sich vielmehr darauf beschränkt, auf Seite 1 ihres Schreibens auszu­führen, zum 1. Januar 2016 würden „die Netznut­zungs­ent­gelte“ und „ein Teil der gesetz­lichen Steuern und Abgaben“ und somit ausschließlich Preis­be­stand­teile, auf die die Beklagte keinen Einfluss habe, angepasst. Da sie den Anstieg „dieser Umlagen“ leider nicht auffangen könne, müsse eine Preis­an­passung vorge­nommen werden. Die verwen­deten Bezeich­nungen sind aber – wie das Berufungs­ge­richt zutreffend ausge­führt hat – nicht ausrei­chend transparent,“

Die Entscheidung des BGH erging seinerzeit zur Preis­an­passung in der Grund­ver­sorgung, die schon vor Änderung des § 41 b EnWG gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 StromGVV einer entspre­chenden Mittei­lungs­pflicht unterlag. Wir halten diese Entscheidung jedoch ohne weiteres auf die neue Pflicht für Sonder­ver­träge im Regelungs­be­reich des § 41 b EnWG übertragbar, insbe­sondere da die Verpflichtung auf der Umsetzung von europäi­schem Verbrau­cher­schutz­recht beruht.

Versorger sollten daher darauf achten, in künftigen Preis­an­pas­sungs­schreiben alle preis­re­le­vanten Faktoren und deren Betrag sowohl vor als auch nach der Preis­an­passung einzeln trans­parent auszuweisen.

(Christian Dümke)

2021-10-25T20:40:40+02:0025. Oktober 2021|Grundkurs Energie|