Aktueller Kommentar: Freie Gehwege durch effizienter genutzte Parkplätze
Der Berliner Senat hat am Dienstag auf Vorlage der Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch per Verordnung eine Änderung der Parkgebühren-Ordnung (ParkGebO) beschlossen. Wesentlicher Inhalt ist, dass die Parkgebühren, die über 20 Jahre unverändert geblieben waren, nun von ein, zwei und drei Euro pro Stunde je nach Gebührenstufe auf zwei, drei und vier Euro pro Stunde erhöht werden.
Zugleich wird das Parken von Fahrrädern, Pedelecs, Lastenrädern, Leichtkrafträdern sowie Motorrädern auf Verkehrsflächen des ruhenden Verkehrs ab Anfang nächsten Jahres von der Gebührenpflicht befreit. Dadurch soll dem seit einiger Zeit auf den Fußwegen bestehende Chaos durch dort häufig planlos abgestellte Fahrzeuge entgegengewirkt werden. Da E‑Roller, was das Parken angeht, Fahrrädern rechtlich gleichgestellt sind, gilt diese Regelung auch für diese. Auch Carsharing-Fahrzeuge sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Erhöhung ausgenommen.
Wie eigentlich zu erwarten, hat die Entscheidung des Senats bei vielen Autofahrern, in der Presse und bei Teilen der Opposition für Unmut gesorgt. Denn viele sorgen sich um ausreichend Parkmöglichkeiten. In der Folge sind nun auch die Regierende Bürgermeisterin und die Innensenatorin eingeknickt. Laut Welt kritisieren sie die „Pläne“ der Mobilitätssenatorin. Ein bisschen wirkt es so, als hätten sie von ihrem eigenen Senatsbeschluss erst über die Presse erfahren.
Die Kritik richtet sich unter anderem darauf, dass aufgrund der Regelung über die Parkgebühren Autofahrer benachteiligt würden. Zum Teil wird in der Diskussion behauptet, dass der Berliner Senat ab Januar 2023 das Parken von Fahrrädern auf Parkplätzen erlaubt habe. So etwa kritisiert dies der Berliner CDU-Chef Wegner, der dies als einseitige Politik gegen das Automobil bezeichnet.
Dass das Parken von Fahrrädern auf Parkplätzen bisher verboten war, ist allerdings nicht der Fall. Bereits ein Blick auf § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO zeigt, dass das Parken am Fahrbahnrand nicht exklusiv für Kraftfahrzeuge erlaubt ist. Vielmehr erstreckt sich der Gemeingebrauch auch an Flächen des ruhenden Verkehrs auf alle Fahrzeuge, die zu Verkehrszwecken eingesetzt werden. Dies ist spätestens seit dem Versuch von Andreas Scheuer bekannt, das Parken von Fahrrädern am Fahrbahnrand ausdrücklich in der StVO zu untersagen, der am Widerstand der Länder im Bundesrat gescheitert ist. Insofern bringt die Berliner Regelung straßenverkehrsrechtlich nicht viel Neues.
Was die Ungleichbehandlung von Autofahrern angeht ist es aktuell so, dass der Parkraum faktisch fast ausschließlich für Kfz genutzt wird. Angesichts des viel geringeren Flächenbedarfs von Fahrrädern war bisher offenbar die allgemeine Auffassung, dass auf dem Gehweg genug Platz sei. Dies hat sich jedoch mit dem Aufkommen der E‑Scooter und der elektrisch unterstützten Lastenräder geändert. Die Gehwege sind in Berlin inzwischen mancherorts kaum noch benutzbar. Es gibt immer wieder Fälle von blinden Menschen, die sich beim Stolpern über Kleinfahrzeuge schwer verletzen. Abhilfe könnte schaffen, wenn mehr geordnete Aufstellmöglichkeiten am Fahrbahnrand geschaffen werden und das wilde Abstellen zugleich sanktioniert würde. Was die Gebührenpflicht angeht ist ein Fahrrad allein wegen seines viel geringeren Flächenbedarfs nicht mit einem Pkw zu vergleichen.
Zugleich könnte ein geordnetes Aufstellen dieser Fahrzeuge im Parkraum und eine Förderung neuer, raumeffizienterer Mobilitätsformen sich auch für Autofahrer positiv auswirken. Denn jedes eingesparte Kfz macht für eine Vielzahl von Fahrrädern oder E‑Rollern Platz. Eine Förderung der Nutzung von Fahrrädern, Carsharing, Lastenrädern als Alternative um Kfz-Verkehr ist daher letztlich für alle Verkehrsteilnehmer von Vorteil. Voraussetzung ist natürlich, dass auch das Innenressort seinen Job macht und auf die barrierefreie und platzsparende Aufstellung dieser Fahrzeuge hinwirkt (Olaf Dilling)