Wenn der Nachbar mit der Säge…

Schwarzkiefer

Schwarz­kiefer mit Ästen (Foto: Peter H, Pixabay)

Bäume im eigenen oder in des Nachbars Garten sind oft ein hoch emotio­nales Thema. Für die einen sind Bäume durchweg positiv besetzt, zudem verbessern sie spürbar das Stadt­klima, für die anderen ein steter Quell von Verschattung und Laubwurf oder gar wegen Windbruch eine Gefahr für Leben und Eigentum.

Ähnlich zwiege­spalten sind auch die Wertungen des Rechts­systems: Da gibt es das öffent­liche Recht, das die Bäume schützt. Sei es durch das Natur­schutz­recht des Bundes und der Länder, sei es durch Baumschutz­sat­zungen, ‑verord­nungen oder ‑kataster der Kommunen.

Dann gibt es aber auch das Bürger­liche Recht. Hier steht die Eigen­tums­freiheit im Vorder­grund. Dass sich natür­liche Prozesse, Ökosysteme oder auch einzelne Lebewesen in der Regel nicht an Eigen­tums­grenzen halten, bleibt weitgehend unberück­sichtigt. Wir hatten das unlängst mal am Beispiel einer auf der Grund­stücks­grenze wachsenden Wildkirsche gezeigt, über das Oberlan­des­ge­richt (OLG) München entscheiden musste. Ein Nachbar hatte deren Wurzeln beim Bau eines Garten­hauses gekappt. Was nach § 910 BGB zulässig sei, so das Gericht, selbst wenn der Baum daraufhin wegen der dadurch erfolgten Schädigung gefällt werden muss.

Ein ähnlicher, ursprünglich beim Amtsge­richt Pankow/Weissensee anhän­giger Fall, bei dem es um eine Schwarz­kiefer ging, wurde nun vom Bundes­ge­richtshof (BGH) entschieden. Ein Nachbar hatte sich über Nadeln und Zapfen einer 40 Jahre alten Kiefer geärgert, deren Äste bereits seit mindestens 20 Jahren über seine Grund­stücks­grenze gewachsen waren. Er griff er daher zur Säge und schnitt die Äste direkt über der Grenze ab. Dafür ist gemäß § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB zuvor eine Frist­setzung erfor­derlich. Außerdem besteht dieses Recht nicht, wenn von den Ästen keine Beein­träch­tigung der Grund­stücks­nutzung ausgeht.

Zwischen­zeitlich hatte der BGH entschieden, dass nicht nur von den Ästen unmit­telbare, sondern auch mittel­baren Folgen, wie der Abfall von Nadeln und Zapfen, eine solche Beein­träch­tigung darstellen können. Nun hat der BGH darüber­hinaus entschieden, dass auch die Tatsache, dass der Baum durch das Kappen der Äste seine Stand­fes­tigkeit verliert oder abzusterben droht, kein Hindernis für die Ausübung des Selbst­hil­fe­recht darstellt. Aller­dings hat der BGH die Sache an das Landge­richt Berlin zurück­ver­wiesen, um prüfen zu lassen, ob tatsächlich eine Beein­träch­tigung der Nutzung gegeben war (Olaf Dilling).

2021-06-17T23:30:29+02:0017. Juni 2021|Naturschutz|

Rückstand beim Natur­schutz: Kommission klagt gegen Deutschland

Bei der Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richt­linie (FFH), mit der europaweit gefährdete Lebens­räume und seltene Arten geschützt werden sollen, hinkt Deutschland weiter hinterher. Daher hat nun die EU-Kommission vor dem Europäi­schen Gerichtshof (EuGH) eine Vertrags­ver­let­zungs­klage erhoben.

Dabei ist der Rückstand schon seit Jahren bekannt. Bereits 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertrags­ver­let­zungs­ver­fahren gegen Deutschland einge­leitet. Denn viele Bundes­länder, die für die Ausweisung von Schutz­ge­bieten zuständig sind, sind ihren Pflichten nicht nachge­kommen. So wird von der Kommission moniert, dass eine „bedeu­tende Anzahl von Gebieten immer noch nicht als besondere Schutz­ge­biete ausge­wiesen“ worden sei. Je nach Melde­zeit­punkt ist Frist schon seit 2012 oder 2013 abgelaufen.

Insbe­sondere müssten für die Gebiete hinrei­chend detail­lierte und quanti­fi­zierte Erhal­tungs­ziele festgelegt werden, mit dem Ziel, in der FFH-Richt­linie gelistete Arten in ihrem Bestand zu schützen oder wieder­her­zu­stellen. Dies ist in Deutschland in vielen Fällen nicht oder unzurei­chend geschehen.

Jetzt scheint zumindest in einigen Bundes­ländern Bewegung in die Sache zu kommen. So sollen etwa in Nieder­sachsen nach einer Weisung des Umwelt­mi­nis­te­riums die zustän­digen Landkreise und Städte bis zum Sommer diesen Jahres die Sicherung der Schutz­ge­biete abschließen. Dafür müssen nun mit Hochdruck Schutz­ge­biets­ver­ord­nungen zur Definition der Erhal­tungs­ziele erarbeitet und erlassen werden. Zum Teil werden die Gebiets­kör­per­schaften auch vom Minis­terium durch Landkreise und Städte durch bindende Weisung zur Sicherung verpflichtet. Über 10 Jahre überfällig, muss es jetzt doch plötzlich ganz schnell gehen (Olaf Dilling).

2021-02-18T23:32:09+01:0018. Februar 2021|Naturschutz|

Vorsicht Falle: Vorkaufsrecht!

Beim Verkauf von Immobilien droht nach vermeintlich erfolg­reich abgeschlos­senem Kaufvertrag manchmal Ärger: Gerade bei „Freund­schafts­preisen“, bei einem Schein­ge­schäft mit formal niedrigem Preis oder bei einem steuerlich motivierten Verkauf unter Wert an Famili­en­an­ge­hörige gibt es unter Umständen „lachende Dritte“. Dies immer dann, wenn es gesetz­liche Vorkaufs­rechte gibt. Dann tritt der Berech­tigte in den bereits abgeschlos­senen Vertrag zu den schriftlich verein­barten Kondi­tionen ein. Den Vertrag rückgängig zu machen oder anzufechten, ist dann nur noch in Ausnah­mefall möglich. Der eigentlich einem anderen zugedachte Vorteil kommt dann dem Berech­tigten des Vorkaufs­rechts zugute.

Beispiels­weise kommt ein gesetz­liches Vorkaufs­recht beim Verkauf landwirt­schaftlich genutzter Flächen in Frage.  Das Vorkaufs­recht berechtigt nach dem Grund­stücks­ver­kehrs­gesetz (GrdstVG) gemein­nützige Siedlungs­un­ter­nehmen, in den Kaufvertrag einzu­treten und die Grund­stücke an lokale Landwirte weiter­zu­geben. Voraus­setzung ist zum einen, dass eine landwirt­schaftlich genutzte (oder nutzbare) Fläche an einen Nicht­landwirt verkauft wird. Außerdem muss es gemäß § 9 Abs. 1 GrdstVG durch den Verkauf zu einer „ungesunden Verteilung von Grund und Boden“ kommen oder ein Missver­hältnis zwischen Kaufpreis und Wert des Grund­stücks vorliegen.

In einem Fall, der vor einigen Jahren vom Oberlan­des­ge­richt in Oldenburg entschieden wurde, hatte ein Nicht­landwirt ein landwirt­schaft­liches Grund­stück zu einem besonders günstigen Preis für die eigene Enkel­tochter erstanden, die sich zur Landwirtin ausbilden ließ. Das half dem Käufer nicht: Weil sie aktuell noch nicht Landwirtin war, bekam der benach­barte Landwirt das Grundstück.

Entspre­chende Vorkaufs­rechte gibt es auch zugunsten des Natur­schutzes. Aller­dings hat das Verwal­tungs­ge­richt Bayreuth hier im September dem ursprüng­lichen Käufer einer Immobilie recht gegeben: Nach den natur­schutz­recht­lichen Bestim­mungen in § 39 Abs. 2 Bayri­sches Natur­schutz­gesetz darf das Vorkaufs­recht nur ausgeübt werden, wenn dies die Belange des Natur­schutzes oder der Landschafts­pflege oder das Bedürfnis der Allge­meinheit nach Natur­genuss und Erholung in der freien Natur recht­fer­tigen. Dies hat das Gericht im zu entschei­denden Fall abgelehnt. Vom Landkreis war lediglich in einem ehema­ligen Hotel die Einrichtung eines Natio­nal­park­zen­trums für Besucher des Franken­walds geplant. Das wurde nicht als Natur­schutz­belang angesehen. Richtig zwingend ist diese Entscheidung nicht, da sicherlich auch Öffent­lich­keits­arbeit zu den Aufgaben des Natur­schutzes gehört. Immerhin hat das Gericht die Berufung zum Bayri­schen Verwal­tungs­ge­richtshof zugelassen.

Als Fazit bei Immobi­li­en­ge­schäften ergibt sich, dass auf jeden Fall vor Grund­stücks­käufen eventuelle Vorkaufs­rechte bedacht werden müssen. Wenn es dann zu einer Ausübung des Vorkaufs­rechts kommt, ist nicht in jedem Fall alles zu spät. Vielmehr gibt es oft noch Möglich­keiten, die Voraus­set­zungen der Ausübung gesetz­licher Vorkaufs­rechte kritisch zu überprüfen (Olaf Dilling).

2020-10-14T16:04:04+02:0014. Oktober 2020|Naturschutz, Verwaltungsrecht|