2:0 für Preisdifferenzierung in der Grundversorgung
Wie geht man mit den rapide gestiegenen Preisen für Strom und Gas nur um? Diese Frage stellen sich Unternehmen, Verbraucher, die Politik und nicht zuletzt die Versorger. Denn es ist klar: Die gestiegenen Preise für Energie müssen aufgebracht werden, fragt sich nur, von wem.
Viele Grundversorger haben für diese Frage eine Antwort gefunden: Jedenfalls nicht von denjenigen, die ihnen seit teilweise vielen Jahrzehnten als Kunden der Grundversorgung treu waren (hierzu schon hier). Dabei geht es nicht um „Bestrafung“ für den früheren Versorgerwechsel, wie manche fabulieren. Tatsächlich gibt es einen handfesten Grund: Für die Kunden, die sie schon hatten, haben die Grundversorger rechtzeitig Gas- und Strom gekauft, als die Preise noch niedrig waren. Mit den Kunden, die nun unversehens bei ihnen in der Ersatzversorgung landen, weil der Versorger ihrer Wahl ihnen gekündigt hat oder insolvent ist, haben sie nicht gerechnet und deswegen natürlich auch nicht für sie eingekauft. Nun haben Grundversorger eine Versorgungspflicht. Sie müssen deswegen auch für die neuen Kunden kaufen und standen deswegen vor der Wahl, ob sie für alle Kunden die Preise erhöhen, auch für die langjährigen, oder nur für die, die zu spät kamen, um noch für sie vorzusorgen. Einige Werke, die sich für Letzteres entschieden haben, wurden abgemahnt und von den Verbraucherzentralen und Wettbewerbern auf Unterlassung verklagt.
Das LG Berlin hat in einer ersten Entscheidung bereits entschieden, dass es die differenzierten Preise für rechtmäßig ansieht (hier bereits erläutert). Nun hat sich auch das LG Köln dieser Ansicht angeschlossen (31 O 14/22): Weder sieht es im Wortlaut des § 36 EnWG einen Anhaltspunkt für die Zulässigkeit nur EINES Grundversorgungstarifs, weil aus dem Gebot der Gleichpreisigkeit nicht resultiert, dass es nur einen Tarif geben dürfte. Noch leitet es das Gebot, dass es nur einen Preis zu geben hat, aus Art. 27 Abs. 1 der Elektrizitätsbinnenmarkt-RL 2019/944 her, wo es heißt:
„Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass alle Haushaltskunden und, soweit die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, Kleinunternehmen in ihrem Hoheitsgebiet über eine Grundversorgung verfügen, d.h. das Recht auf Versorgung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu wettbewerbsfähigen, leicht und eindeutig vergleichbaren, transparenten und diskriminierungsfreien Preisen haben“
Unterschiedliche Preise stellen aber nach Ansicht des LG Köln keine Diskriminierung dar. Dies erscheint uns nachvollziehbar: Hier wird ja nicht grundlos, sondern transparent und klar aufgrund einer nachweisbaren Marktentwicklung entlang eines Stichtags differenziert. Zudem betrachtet das LG Köln auch die Position des Versorgers: Er kann die Grundversorgung ja nicht verweigern. Zudem könnte der Ersatzversorgte ja jederzeit mit kurzer Frist den Versorger wechseln.
Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung sich weite positioniert. Das Grundproblem liegt letztlich außerhalb der Reichweite der deutschen Justiz: Die Abhängigkeit vom Ausland ist ein Problem, ein früherer und schnellerer Umbau der Energiewirtschaft hätte die Entwicklung abgemildert oder ganz vermieden (Miriam Vollmer).