BVerwG: Bund zahlt Strecken­kon­trollen für Bundesstraßen

Die Länder verwalten im Auftrag des Bundes die Bundes­straßen – und bis Ende letzten Jahres auch die Bundes­au­to­bahnen – im Auftrag des Bundes. Um die Verkehrs­si­cherheit und Instand­haltung zu gewähr­leisten sind dafür in regel­mä­ßigen Abständen Strecken­kon­trollen erfor­derlich. Diese werden durch sogenannte Strecken­warte durch­ge­führt, die im Turnus in regel­mä­ßigen Zeitab­ständen alle Bundes­straßen und Bundes­au­to­bahnen abfahren müssen und dabei aus dem Fahrzeug Sicht­kon­trollen durch­führen. Ziel dieser Fahrten ist es, Mängel oder Gefah­ren­quellen zu beseitigen.

Froschperspektive auf Bundesstraße

Über die Kosten dieser Kontrollen war zwischen Bund und Ländern ein Streit entbrannt, der inzwi­schen vom Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt geklärt wurde. Der Bund war, nach wieder­holtem Hinweisen des Bundes­rech­nungshofs, davon ausge­gangen, dass es sich bei den Sach- und Perso­nal­kosten der Strecken­kon­trollen um eine Verwal­tungs­aus­gaben im Sinne des Art. 104a Abs. 5 GG handele. Diese müsste demnach den Ländern zur Last fallen. Bisher war aller­dings der Bund dafür aufgekommen.

In einem Muster­ver­fahren hatte der Bund zunächst dem Land Hessen für die Jahre 2012 bis 2020 insgesamt Strecken­kon­troll­kosten in Höhe von 16.743.696,75 Euro in Rechnung gestellt und mit einer Forderung des Landes Hessen aufge­rechnet. Dagegen hat Hessen Klage erhoben. Das Bundes­ver­wal­tungs­ge­richt hat dem Land recht gegeben. Denn mit der Strecken­kon­trolle hätten die Bundes­länder die Straßen­baulast und die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht für die Bundes­fern­straßen wahrge­nommen. Diese Sachaufgabe hätten sie im Rahmen der Verwaltung der Bundes­fern­straßen im Auftrag des Bundes zu erfüllen. Hier gelte daher Art. 104a Abs. 2 GG, nach dem der Bund die sich ergebenden Ausgaben trägt, wenn die Länder im Auftrage des Bundes handeln (Olaf Dilling).

2022-06-15T16:01:58+02:0015. Juni 2022|Verkehr, Verwaltungsrecht|

Das Verur­sa­cher­prinzip ohne Belastung der Verursacher

Bekanntlich dürfen in der EU die Bürger anderer Mitglied­staaten nicht diskri­mi­niert werden. Dies ergibt sich aus Artikel 18 des Vertrags über die Arbeits­weise der Europäi­schen Union (AEUV). Es gibt dann auch noch jede Menge konkretere Vorgaben bezüglich der Nicht­dis­kri­mi­nierung: Zum Beispiel die sogenannte Eurovi­gnetten-Richt­linie, nach der Mitglied­staaten zwar grund­sätzlich Maut für die Straßen­be­nutzung erheben können, dabei aber nicht nach Staats­an­ge­hö­rigkeit diskri­mi­nieren dürfen. Dass eine Maut, die nur von Ausländern zu zahlen wäre, gegen EU-Recht verstößt, ist also evident. Anderer­seits wurde es, nicht zuletzt im äußersten Südosten Bayerns, schon lange als ungerecht empfunden, dass z.B. Deutsche in Öster­reich Maut zahlen müssen, während Öster­reicher deutsche Autobahnen kostenlos benutzen dürfen.

Also hat sich das CSU-geführte Bundes­ver­kehrs­mi­nis­terium vor ein paar Jahren etwas einfallen lassen, nämlich die sogenannte Infra­struk­tur­abgabe. Diese Abgabe ist nach dem dafür eigens verab­schie­deten Infra­struk­tur­ab­ga­ben­gesetz grund­sätzlich erst einmal für alle Pkw zu zahlen. Für deutsche Fahrzeuge gibt es eine Jahres­vi­gnette, wobei der Preis höchstens 130 Euro beträgt und nach der Motor­größe,  zuläs­sigen Fahrzeug­ge­wicht und Emissi­ons­klasse gestaffelt ist. Für Pkw, die im Ausland gemeldet sind, muss nach Grenz­über­tritt auf der ersten Autobahn eine Vignette erworben werden. Für 10 Tage kostet die teuerste Vignette immerhin 50 Euro. Sie ist also pro Tag deutlich teurer als die Jahres­vi­gnette. Damit nicht genug, sollen die Halter deutscher Kraft­fahr­zeuge nach einem am selben Tag beschlos­senen, neu einzu­fü­genden § 9 Absatz 6 Kraft­fahr­zeug­steu­er­gesetz eine steuer­liche Entlastung bekommen, die ganz weitgehend dem für die Vignette gezahlten Betrag entspricht. Nur in einem Fall, bei in Deutschland zugelas­senen Fahrzeugen der Emissi­ons­klasse Euro 6, sind die steuer­lichen Entlas­tungen sogar noch größer, wird die Belastung durch die Maut also überkompensiert.

Begründet wird das Ganze mit einem System­wechsel in der Finan­zierung von Infra­struktur. Die bisherige Steuer­fi­nan­zierung solle auf Nutzer­fi­nan­zierung umgestellt werden. Dies entspreche auch dem umwelt­recht­lichen Verur­sa­cher­prinzip. Demnach soll durch die Einführung einer Maut, ein Anreiz gesetzt werden, die Pkw-Benutzung zu beschränken.

Nach einer Klage Öster­reichs beim Europäi­schen Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2017, hat das die Richter in Luxemburg nicht wirklich überzeugt. Sie haben daher am Dienstag entschieden, dass die Infra­struk­tur­abgabe bei gleich­zei­tiger Steuer­ent­lastung gegen das Diskri­mi­nie­rungs­verbot und weitere Vertrags­be­stim­mungen verstößt.

So überzeugend es aus umwelt­recht­licher Sicht wäre, im Verkehr mehr auf Finan­zierung durch die Verur­sacher zu setzen: Die Argumen­tation des Bundes­mi­nis­te­riums, dass ein System­wechsel in der Infra­struk­tur­fi­nan­zierung statt­ge­funden habe, ist tatsächlich nicht überzeugend. Denn die ganz überwie­genden Benutzer deutscher Autobahnen fahren ja mit in Deutschland zugelas­senen Pkw. Ihnen wird sozusagen mit der einen Hand gegeben, was die andere Hand genommen hat. In einem Fall, bei Euro 6, kommt es sogar zu einer zusätz­lichen Entlastung. Im Übrigen trägt auch die Ausge­staltung als Jahres­vi­gnette nicht dazu bei, Anreize für eine effizi­entere Benutzung zu setzen. Die Digita­li­sierung könnte für moderne Mautsysteme ganz andere Möglich­keiten detail­lierter Abrechnung bieten.

 

2019-06-20T11:10:53+02:0020. Juni 2019|Allgemein, Umwelt, Verkehr|